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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Sie diesen Kontakt haben, wieso rufen Sie Ihren Vater dann nicht einfach an? Oder diesen Geschäftsfreund?«
    »Tja, das ist nicht so einfach …«
    »Na ja, es geht mich ja auch nichts an.«
    »Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Mein Vater scheint da nicht aufgetaucht zu sein. Aber er hat dem Mann angekündigt, dass er kommt. Ich habe mich dort gemeldet, aber sie wissen von nichts. Ich verstehe das nicht.«
    »Jetzt sagen Sie nur noch, dass dieser Geschäftsmann in Koblenz wohnt.«
    »Nicht ganz. In Wiesbaden. Das ist nicht so weit weg, oder?«
    »Allerdings nicht. Miss Nair?«
    »Ja?«
    »Sie machen sich Sorgen, oder?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll, ja. Er hat seit Jahren keine so weite Reise mehr gemacht.«
    »Soll ich Ihren Vater für Sie suchen? Ich muss ja sowieso mit ihm sprechen.«
    »Können Sie das denn? Und kann ich Ihnen vertrauen?«
    »Ich muss Sie nur noch um einen Gefallen bitten.«
    »Welchen?«
    »Hat Ihr Vater in den Mails, die er mit dem Geschäftsfreund gewechselt hat, eine Andeutung gemacht, worum es bei dem Treffen gehen soll? Ich weiß, dass mich das nichts angeht. Aber es wäre nützlich, wenn Sie mir einen Hinweis geben könnten.«
    »Das ist nicht sehr geheimnisvoll«, sagte sie. »Obwohl, ich meine: Es ist nichts, was man geheim halten müsste. Trotzdem verstehe ich es nicht. Und deswegen ist es umso mysteriöser. Mein Vater wollte offenbar etwas kaufen.«
    »Und was?«
    »Er hat sich nicht klar ausgedrückt. Hier steht immer nur ›Gimlet‹. Ein ›Gimlet‹.«
    »Was ist das?«
    »Kennen Sie das Wort nicht?«
    »Nein.«
    »Es ist etwas, mit dem man Löcher macht.«
    »Ein Bohrer«, sagte Mike auf Deutsch.
    »Was?«
    »Ich habe nur das deutsche Wort gesagt.«
    »Boh – rär?«
    »Etwas, mit dem man Löcher macht. Klingt komisch. Sonst steht da nichts?«
    »Die Mails sind sehr kurz.«
    »Woher wissen Sie eigentlich, dass Ihr Vater wirklich nach Deutschland gereist ist, wenn dieser Geschäftsfreund nichts sagt?«
    »Ich habe ein paar Kontakte bei der Polizei. Ich kann meinen Vater natürlich nicht wie einen Vermissten suchen lassen, denn er ist trotz seines Alters gesundheitlich ziemlich fit. Trotzdem haben sie mal nachgesehen und seinen Namen auf der Liste eines Fluges nach Frankfurt gefunden.«
    Sie macht sich wirklich große Sorgen, dachte Mike. Wenn sie in Amerika die Polizei einschaltet.
    »Ich werde versuchen, ihn zu finden«, sagte er. »Jetzt muss ich nur noch wissen, wie dieser Geschäftsfreund heißt.«
    »Wood. Thomas Wood. Die Adresse ist, einen Moment …«
    »Was?«
    Sie schien eine Straße zu entziffern.
    »Abeggstraße.«
    Mike notierte die Hinweise und gab Deborah Nair die Telefonnummer seines Hotels.
    »Ich melde mich wieder bei Ihnen«, sagte er.
    »Danke«, kam es aus dem Hörer. Dann legte sie auf.
    *
    Der Taxifahrer gibt Gas. Die Fahrt geht erst durch die Stadt, dann auf einen Überflieger, dann auf eine breite Brücke.
    Rechts ist im Morgendunst die Festung zu sehen, darunter, verschwimmend mit dem Grün des Abhangs dahinter, für einen Moment das Deutsche Eck. Der Taxifahrer wechselt die Spur. Weiter geht es durch die Vorstadt; schließlich sind die Häuser zu Ende. Die Landschaft wird leicht hügelig. Äcker und Brachland werden sichtbar. Dahinter erhebt sich ab und zu ein bisschen Wald.
    Er versucht, auf der Karte mitzulesen, wohin die Fahrt geht. Er vergleicht die Ortsnamen auf den gelben Schildern mit den Eintragungen im Plan. Plaidt, liest er, dann Kruft, schließlich ist eine Stadt namens Mayen ausgeschildert. Er sucht sie auf seiner Karte. Aber so weit reicht der Stadtplan nicht.
    Gerade fahren sie an einem Industriegelände vorbei, auf dem graue Steine zu großen Blöcken aufgeschichtet sind. Sie sehen aus wie gepresste Asche.
    Es will ihm nicht gelingen, eine abgelegene Stelle zu finden. Immer wenn er glaubt, eine gefunden zu haben, tauchen wieder Häuser auf. Manchmal auch ein riesiger Propeller, der sich langsam im Wind dreht.
    Irgendwann, als die Hügel wieder etwas waldiger werden, bittet er den Fahrer anzuhalten. Er will aussteigen.
    Der Fahrer ist verwundert und sagt etwas. Wahrscheinlich will er darauf aufmerksam machen, dass an dieser Stelle kein Ort ist, kein Haus, keine Bushaltestelle.
    Ihm wird klar, dass er einen Fehler macht, wenn er jetzt darauf besteht, rausgelassen zu werden. Er gibt klein bei. Soll er doch noch etwas weiterfahren. Zum nächsten Ort. Das Taxi fährt weiter, und ein paar Minuten später stehen da wieder ein paar Häuser.
    Er

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