Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
Vom Netzwerk:
Gott keinen Anstoß nehmen werde.
    Der König ließ sich nicht beirren. Er stellte sich dem Reichstag, überhörte alle persönlichen Angriffe und erklärte immer wieder, er sei nicht bereit, seine Frau zu verlassen. Ihr habe er ewige Treue geschworen, und er halte diesen Eid, komme, was da wolle. Seine Frau sei ihm lieber als alle Königreiche der Erde.
    Sein aufrechter Charakter ließ die Zahl seiner Gegner mit der Zeit kleiner werden, und die wenigen, die absolut nicht nachgeben wollten, beugten sich schließlich der Sprache des Geldes. So gab der Bischof von Krakau seinen Widerstand auf, als ihm 12.000 Zlotys gezahlt wurden.
    Zur Krönung aber führte der junge König eine Frau, von der er wußte, daß sie nur noch kurze Zeit leben würde. Es sollte die ›Krönung‹ ihres Lebens sein. Er pflegte die Leidende bis zu ihrer letzten Stunde. Und er erfüllte auch ihren Wunsch, sie in ihrer weit entfernten Heimatstadt Wilna beizusetzen. Keinen Augenblick wich er von ihrer Seite. Über einen Monat ritt er hinter ihrem Sarg, und als das Ziel endlich erreicht war, schickte er sein Gefolge fort und kniete eine Nacht hindurch allein neben der Toten.«
    Babuschka tat einen tiefen Seufzer. »Das, mein lieber Fedor, ist die Tat eines Polen.«
    Es verging fast eine Woche, bis Roman Górski von Krakau zurückkehrte. Die Erinnerung an die Schönheit der Stadt, die ihn stark beeindruckt hatte, konnte während der Fahrt durch das russisch besetzte Polen kaum den traurigen Anblick der Dörfer verdrängen, in denen die Menschen nicht viel besser als ihr Vieh lebten. In seiner Bedrücktheit waren ihm die Worte Heinrich Heines eingefallen: ›Mir wurde gar wehmütig, als ich den elenden Zustand der polnischen Bauern betrachtete.‹ Wie zum Trost hatte der Dichter dahinter gesetzt: ›Aber die Menschen in Polen sind gut.‹
    Roman atmete auf, als er wieder daheim war. Er sehnte sich nach Babuschkas Wärme und skurriler Strenge, nach Nataschas Leichtigkeit und ihrer manchmal auch schwierigen Art – ja, er sehnte sich sogar nach Fedors geckenhaftem Gehabe. Die Schüsse am Bahndamm vor Czenstochau hallten ihm immer noch in den Ohren.
    Babuschka eilte ihrem Neffen entgegen. »Gott sei Dank, daß du wieder da bist. Ich habe mir viel Sorge um dich gemacht.«
    Er küßte ihre Wange und drückte sie an sich. »Ein Glück, daß wir dich haben.«
    Seine Innigkeit ließ die alte Dame aufhorchen. »Bedrückt dich etwas?«
    »Nein, nein«, wehrte er ab. »Ich bin nur froh, wieder daheim zu sein.«
    Sie führte ihn in ihr Boudoir. »Heraus mit der Sprache! Ich sehe dir an, daß du mir etwas verheimlichst.«
    »Ach, wo.«
    »Denk daran, daß die Lüge wie ein Schneeball ist: je länger man ihn wälzt, um so größer wird er. Rede also!«
    Roman holte tief Luft. »Wenn ich denn mit der Tür ins Haus fallen soll: ich werde Warschau verlassen und nach Krakau gehen.«
    »Um dich militärisch ausbilden zu lassen?«
    »Um Gottes willen, nein. Ich habe die Möglichkeit, in Krakau mein Studium zu beenden.«
    Babuschka tat einen Seufzer der Erleichterung. »Und du hast geglaubt, mir das schonend beibringen zu müssen?« Sie dämpfte ihre Stimme. »Ich bin doch froh, wenn du aus dem russisch besetzten Gebiet heraus bist.«
    Er lachte. »Ich hatte tatsächlich befürchtet, du würdest mich bitten, hierzubleiben.«
    Ihre Hände fuhren durch die Luft. »An der hiesigen Universität wird nicht Geschichte, sondern russische Geschichtsverdrehung gelehrt. Sage aber niemandem, daß du nach Krakau gehst.«
    »Klarer Fall. Wilna heißt meine nächste Station.«
    »Ist es nicht schrecklich, daß wir nicht einmal mehr die Wahrheit sagen dürfen!«
    »Wie tief wir gesunken sind, habe ich in Krakau erkannt. Du machst dir keine Vorstellung von dem Leben, das dort herrscht. Die Österreicher lassen jeden gewähren. Niemand hat Sorge, belauert oder belauscht zu werden. Jeder redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und das auf polnisch!«
    »Leise!« warnte Babuschka. »Anusja könnte dich hören.«
    Natascha wirbelte in den Raum. »Keine Angst, ich habe sie fortgeschickt. Für die nächste Stunde sind wir sicher.« Sie umarmte ihren Bruder, als wäre er ihr Geliebter. »Alles klargegangen?«
    »Ja. Und stell dir vor: in den Koffern waren nicht hundertzwanzig-, sondern hundertfünfzigtausend Rubel!«
    Babuschka gab sich verwundert. »Und trotzdem hast du jedem deiner Leute nur fünfzig Rubelchen gegeben?«
    »Damit waren die Unkosten reichlich gedeckt.«
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher