Schakale Gottes
wie ich dir danken soll.«
Sie wußte es doch.
Eine Woche blieben Natascha und Monsieur Dabrow in Wien. Die Tage vergingen wie im Fluge, die Nächte waren gluterfüllt.
»Ich kann unmöglich warten, bis ich Zeit für eine weitere Reise habe«, sagte er am letzten Abend. »Du mußt dir in Warschau eine Wohnung einrichten. Die Mittel stelle ich zur Verfügung. Schaffe uns ein verführerisches Liebesnest. Und gib deinen Beruf auf. Es ist doch lächerlich, für fünfundvierzig Rubel im Monat zu arbeiten. Du erhältst von mir fünfhundert!«
Es bedurfte keiner großen Überredungskunst, um Natascha zu bewegen, ihre Tätigkeit als Telefonistin aufzugeben und das Leben einer verwöhnten jungen Dame zu führen.
»Also gut«, sagte sie. »Ich gebe meinen Posten auf. werde daheim aber nichts davon sagen. Babuschka und Fedor dürfen keinesfalls erfahren, daß wir zusammengehören.«
»Das ist doch selbstverständlich«, beruhigte er sie. »Aus Tarnungsgründen werde ich auch stets im Bristol absteigen.«
Das ist mir sehr lieb, dachte Natascha. Sie war weit davon entfernt, Fedor aufzugeben. Er war der bessere Liebhaber.
Als Pater Rochus, alias Monsieur Dabrow, nach Czenstochau zurückkehrte, hatte er die letzten Skrupel verloren. Nur flüchtig streifte ihn der Gedanke, daß er ohne Erlangung der Absolution nicht berechtigt war, die Heilige Messe zu lesen. Er setzte sich darüber hinweg, wie über eine Nebensächlichkeit. Wohl nahm er sich vor, diese Verfehlung später einmal zu bekennen, aber das war auch alles. Ohne Hemmung trat er seinen Dienst an, wobei er Beichten nun in einer Form abnahm, wie er es früher niemals getan hatte: er stellte hochnotpeinliche Fragen, wenn es sich um Dinge des sechsten Gebotes handelte. ›Allein oder mit anderen?‹ – ›Wie habt ihr es getan?‹ – ›Und wie oft?‹
Er selbst aber wich allen Fragen aus, die der ahnungsvolle und lüsterne Pater Markus an ihn richtete. Gerne hätte er zugegeben, daß er eine Frau in die Arme geschlossen hatte, ein richtiger Mann gewesen war. Doch dazu fehlte ihm der Mut. Der Ordensbruder konnte gefährlich werden. Er brauchte ihn, um baldmöglichst die Rubel zu beschaffen, die er für Natascha benötigte. Mindestens zehntausend sollten es sein. Die Einrichtung der Wohnung schätzte er auf drei- bis viertausend Rubel. Den Rest sollte sie auf das bereits eingerichtete Konto einzahlen. Sie hatte dann eine Reserve und konnte so schnell nicht in Verlegenheit geraten.
Die Dinge entwickelten sich aber anders, als er glaubt hatte. Pater Markus erklärte sich nur bereit, nochmals mit ihm den Tresor zu ›besuchen‹, wenn er ihm eingestehen würde, ein Verhältnis zu haben. Pater Rochus gestand schließlich, mit einer Frau verreist gewesen zu sein, mit ihr jedoch in einem brüderlichen Verhältnis zu stehen. In der Hoffnung, noch mehr zu erfahren, bekundete der Ordensbruder seine Bereitschaft zu einer zweiten ›Visite‹ der Schatzkammer, die allerdings nicht zustande kam, weil sich schon die erste der beiden Korridortüren nicht aufschließen ließ.
»Das ist Bruder Bazils Werk!« raunte Pater Markus in der Dunkelheit. »Womöglich hat er festgestellt, daß jemand am Tresor war.«
»Du meinst, er hat die Schlösser gewechselt?«
»Gibt es eine andere Erklärung?«
Pater Rochus wurde bleich vor Zorn. »Dem werde ich es geben. Gleich morgen verlange ich zehntausend Rubel von ihm. Wenn er sie mir nicht gibt, sage ich ihm, was ich von seiner Geliebten weiß.«
»Wage nicht, in mein Revier einzubrechen«, schnaubte sein Ordensbruder. »Ich habe die Sache für mich behalten, um im Notfall ein Druckmittel zu besitzen. Wenn du es mir raubst, wirst du was erleben!«
»Ich hab' das doch nur in meiner Wut gesagt«, lenkte Pater Rochus ein.
»Das will ich hoffen.«
»Was machen wir denn jetzt?«
»Als erstes morgen feststellen, ob die Schlösser tatsächlich gewechselt worden sind. Wenn ja, dann müssen wir neue Wachsabdrücke nehmen.«
»Und mit ihnen wieder zum Schlosser Kiewicz gehen?«
»Hältst du mich für dumm?«
»Wie willst du es denn machen?«
»Ich nehme einen kurzen Urlaub und fahre zu meinem Bruder, der sich ebenfalls mit dem Gedanken trägt, nach Amerika auszuwandern. Er ist Kunstschlosser und kann bestimmt ein paar läppische Schlüssel anfertigen.«
Ohne aufzufallen konnten sie ermitteln, daß nur die beiden Korridortüren neue Schlösser erhalten hatten, und Pater Rochus gelang es wenige Tage darauf, von den Schlüsseln Abdrücke zu
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