Schakale Gottes
sogenannten ›Schaufel‹ und eines ›Bockfußes‹, kann ich in einer Stunde vier Edelsteine so ordnungsgemäß auswechseln, daß der Tausch nicht ohne weiteres auffallen wird. Sie haben leider ohne Werkzeug gearbeitet; ein Fachmann sieht sofort, daß da etwas nicht stimmt. Aber seien Sie unbesorgt. Ich werde die Sache in Ordnung bringen, wenn es soweit ist.«
Pater Rochus blickte nachdenklich vor sich hin. Der Plan des Goldschmiedes war gut und ließ sich durchführen. Nur eine Schwierigkeit gab es: nach Mitternacht konnte er niemanden aus dem Kloster herauslassen. Er mußte Fedor also für einige Stunden in seiner Zelle verstecken. »Überlegen wir einmal, wie das Ganze vor sich gehen könnte«, sagte er schließlich: »Für den Tausch von zwanzig Steinen würden Sie nach Ihrer Berechnung fünf Stunden benötigen, nicht wahr?«
»Ja. Wir sollten aber etwas mehr Zeit veranschlagen.«
Der Pauliner sinnierte halblaut: »Die Schatzkammer ist bis halb fünf geöffnet. Sie würden dann eingeschlossen werden. Kerzen müßten Sie bei sich haben. Licht dürften Sie jedoch nicht vor neun Uhr machen. Um diese Zeit findet der letzte Rundgang statt. Wenn Sie vorsorglich eine halbe Stunde länger warten, wird der unter der Tür sichtbare Lichtschein keinesfalls bemerkt werden. Fenster sind ja nicht vorhanden. Um halb vier könnten Sie dann fertig sein.«
»Die Reserve ist zu groß«, entgegnete Fedor nach kurzer Überlegung. »Sagen wir, um drei Uhr könnten Sie mich abholen.«
»Das wäre gut. Von den Laienbrüdern müssen nämlich einige schon um vier Uhr aufstehen.«
Fedor übergab die Liste der von ihm in Aussicht genommenen Edelsteine. »Wann werden Sie mir die Maße liefern können?«
»Die fünf, die ich schon habe, sollten wir auf alle Fälle einbeziehen. Weitere fünfzehn könnte ich Ihnen etwa Ende Januar zusenden.«
»Um Gottes willen! Nur keinen Leichtsinn! Ich komme und hole mir die Aufstellung. Dann können wir auch nochmals alles in Ruhe besprechen. Bestimmt gibt es noch einige Punkte, die berücksichtigt werden müssen. Was ich Ihnen vortrug, ist ja nur ein Entwurf.«
»Der aber schon sehr weit gediehen ist.«
»Dennoch müssen wir alles tausendmal bedenken. Ein Geiger verbraucht viele Saiten, bis er ein Meister wird.«
Es wurde Anfang Februar, bis Pater Rochus die benötigten Maße bereit hatte. Er teilte dies dem Goldschmied mit und forderte ihn auf, keine Zeit zu verlieren und sofort zu kommen, da ihm laut Dienstplan am 1. März die Führung durch die Schatzkammer obliege. Sein Brief endete mit den Worten: ›Vorsorglich halte ich mich in den nächsten Tagen während der Mittagsstunde in der Basilika im ersten Beichtstuhl links auf. Dort können wir unbeobachtet miteinander sprechen.‹
Gleich am nächsten Morgen fuhr Fedor nach Czenstochau. Das Wetter war verheerend. Es schneite unablässig, und es war nicht leicht, am Bahnhof einen Droschkenfahrer zu finden, der sich bereit erklärte, nach Jasna Góra zu fahren. Oben angekommen, hatte Fedor alle Mühe, durch den Schnee zu stapfen, und er war durchnäßt und durchfroren, als er die Basilica erreichte, in der Pater Rochus – offensichtlich, um sich zu erwärmen – auf und ab marschierte. Als er den Goldschmied sah, eilte er gleich zum Beichtstuhl.
Fedor Zadek folgte ihm.
Durch das Gitter des Beichtstuhles blinzelten sie sich an.
»Wenn alles wie unser heutiges Treffen klappt, will ich zufrieden sein«, wisperte der Pauliner.
»Bitten Sie den Herrgott lieber, es wärmer werden zu lassen«, entgegnete Fedor und rieb sich die Hände. »Ich könnte sonst in der Schatzkammer zu einem Eisklumpen werden.«
»Dort ist es nicht so kalt wie hier.«
»Hoffentlich.«
Pater Rochus schob ein zusammengerolltes Papier durch das Sprechgitter. »Drei der von Ihnen ausgewählten Steine hatte auch ich ausgesucht. Wir haben somit die Maße von insgesamt zweiundzwanzig Exemplaren.«
»Um so besser.«
»Sprechen Sie bloß nicht mit Natascha über die Geschichte.«
Fedor nahm augenblicklich die Gelegenheit wahr, Pater Rochus' Glaubwürdigkeit zu prüfen. »Ich denke, Sie haben ihr alles gesagt.«
»Ich …?« Der Pauliner stellte die Frage so gedehnt, daß seine Verstellung offensichtlich wurde. »Wie kommen Sie darauf?«
»Ich hab' nur so gefragt.«
»Ich werde doch nicht den Fehler begehen, Natascha in die Sache einzuweihen.«
Eine unbändige Wut überkam Fedor. Warum hatte Natascha kein Vertrauen mehr zu ihm? Weshalb verschwieg sie ihm, daß sie
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