Schakale Gottes
informiert war? Hatte Pater Rochus solche Macht über sie gewonnen? Er mußte sich zwingen, an etwas anderes zu denken. »Haben Sie meinen Plan nochmals gründlich durchdacht?«
»Wohl an die hundertmal. Anfangs glaubte ich, die Sache sei zu simpel, um klappen zu können. Inzwischen bin ich anderer Meinung geworden. Ihr Plan ist so genial einfach, daß Komplikationen nicht zu befürchten sind. Übrigens habe ich die benötigten Kerzen bereits in der Schatzkammer versteckt. Ebenfalls einen Teller, damit nirgendwo Wachstropfen entstehen. Und der Zeitplan für den nächsten Morgen ist auch schon klar. Sie verlassen meine Zelle, wenn unten im Refektorium das Mittagsgebet gesprochen wird. Zu der Zeit ist niemand auf den Gängen. Bis dahin werden Sie sich gedulden müssen.«
Sie besprachen noch einige Punkte, dann legte Pater Rochus ein kleines Paket auf den Rand der Tür des Beichtstuhles. »Nehmen Sie das im Weggehen an sich. Es ist das Geld für den Schleifer.«
Auf schnellstem Weg kehrte Fedor zum Bahnhof zurück. Wenn alles gutging, war er in vier Wochen ein reicher Mann.
Natascha war über alles genauestens informiert. Pater Rochus schrieb ihr regelmäßig, und so wußte sie, daß Fedor in Czenstochau gewesen war und am 1. März wieder dort sein würde, um sich in die Schatzkammer einschließen zu lassen. Sie bewunderte seinen Mut und hätte dies gerne zum Ausdruck gebracht, unterließ es jedoch, weil sie Pater Rochus versprochen hatte, sich unter allen Umständen unwissend zu stellen. Sein Wunsch kam ihr sogar entgegen. Die erpresserische Form, in der Fedor, ohne ihr auch nur die geringste Andeutung zu machen, an Pater Rochus herangetreten war, hatte sie tief verletzt. Sie traute ihm nicht mehr und hatte sich vorgenommen, ihr Verhältnis mit ihm nun endgültig zu beenden. Nur über das Wie war sie sich noch nicht im klaren. Sie suchte eine kameradschaftliche Lösung und hoffte, bei Fedor Verständnis zu finden, wenn sie sich ihm offenbarte und erklärte, nicht länger zwischen zwei Feuern stehen zu können. Aber sie schob das Gespräch immer wieder hinaus, bis der Tag heranrückte, an dem er nach Czenstochau fahren mußte.
»Hast du ein halbes Stündchen Zeit für mich?« fragte sie ihn, als er am Abend in der Ujazdower Allee erschien.
Er sah sie forschend an. »Gibt's etwas Besonderes?«
»Würde ich dich sonst bitten?«
Er glaubte plötzlich zu wissen, weshalb sie ihn sprechen wollte. Sie weiß, daß ich morgen losfahre, sagte er sich. Wahrscheinlich will sie mir reinen Wein einschenken und auch Glück wünschen. Sollte das der Fall sein, werde ich alles andere vergessen und verzeihen. Und dann wandern wir aus und eröffnen irgendwo ein exquisites Juweliergeschäft. Mit einer halben Million läßt sich schon was anfangen. »Also gut«, sagte er voller Erwartung. »Wo sind wir ungestört?«
»Laß uns ein paar Schritte gehen.«
»Bei dem Schneematsch?«
Natascha nahm ihren Mantel von der Garderobe. »Sei nicht so zimperlich.«
Die Hoffnung, etwas Positives zu erfahren, machte ihn nachgiebig.
Um so schockierter war er, als ihm Natascha, kaum daß sie im Freien waren, ihr Herz ausschüttete und bekannte, bei Pater Rochus die Ruhe und Geborgenheit zu finden, die sie bei ihm vergeblich gesucht habe.
»Mit Erotik hat das nichts zu tun«, beteuerte sie nachdrücklich. »Im Gegenteil. In erotischer Hinsicht paßt du besser zu mir. Aber das andere fehlt mir, und ich kann auf die Dauer nicht zwei Herren dienen. So gehe ich vor die Hunde.«
»Und warum eröffnest du mir das gerade heute?«
Die Kälte seiner Stimme erschreckte sie. »Weißt du immer, warum du dieses oder jenes gerade in diesem oder jenem Augenblick tust?«
Seine Gedanken überschlugen sich. Ihr ist bekannt, daß ich nach Czenstochau fahre. Warum also vorher dieses Bekenntnis? Hat sie vor, mit Pater Rochus zu verschwinden? Dann soll sie mir das sagen und nicht um den heißen Brei herumreden.
Natascha schaute bittend zu ihm hoch. »Versteh mich doch! Ich will Klarheit schaffen!«
»Und wie soll es mit dir und Pater Rochus weitergehen?«
Sie zuckte die Achseln. »Er will versuchen, den Orden zu verlassen.«
»Um dich zu heiraten?«
»Wenn's geht.«
Fedor lachte gequält. »Muß Liebe schön sein!« Sein Stolz war getroffen. Natascha mochte tun, was sie wollte. Das hatte er ihr immer gesagt. Aber den Laufpaß ließ er sich nicht geben. Schon gar nicht in diesem Augenblick. Das sollte sie ihm büßen. Er würde sich zu rächen wissen. »Dann
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