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Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Titel: Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meike Nilos
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sträflich vernachlässigt hatte. Ich lauschte Mutters Nachbarschaftsgeschichten und ging Elinor bei der Pflege der Rosenbüsche zur Hand. Wenn sie von den Problemen mit der Dienerschaft erzählte, tat ich interessiert, und wenn sie sich wegen der Ernte sorgte, nickte ich zustimmend und bemerkte, dass wir schon viel zu lange keinen Regen hatten. Doch unter all der Anteilnahme, der Zustimmung und Hilfsbereitschaft schlummerte die Sehnsucht, nach einer Nachricht von Willoughby. Ich spielte eine Rolle, doch mein wahres Leben begann erst, wenn er es mir gestattete. Wenn er nach mir pfiff und ich freudig sprang wie einer seiner Hunde.
    Als zwei Tage vergangen waren und ich noch immer keine Nachricht von ihm erhalten hatte, wurde ich unruhig. Was, wenn er das Interesse an mir verloren, wenn er sich bereits ein neues Spielzeug gesucht hatte? Ich nippte lustlos an meinem Tee und starrte aus dem Fenster.
    “Es wird wohl bald Regen geben”, sagte Elinor und legte ihre Handarbeit zur Seite.
    Ich seufzte. “Ich wünschte, es würde regnen und regnen, bis die ganze Welt versunken ist”, murmelte ich und Elinor lachte.
    “Ach, Marianne, nimm dir nicht alles so zu Herzen.” Sie drückte mitfühlend meine Hand, als sie sah, dass ich nur mit Mühe die Tränen zurückhielt. “Verzeih”, sagte sie. “Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist. Möchtest du dein Herz erleichtern? Ist es …” Sie atmete tief durch. “Ist es Mr Willoughby, der dein Herz beschwert?”
    “Nein!”, rief ich aus und entzog ihr barsch meine Hand. Wie konnte sie mir nur immer hinter die Stirn blicken? Standen mir meine Gedanken so offensichtlich ins Gesicht geschrieben? “Ich bin es, die um Verzeihung bitten muss”, sagte ich. “Ich verderbe euch die Stimmung. Mich betrübt nichts, es sind nur der nahende Regen und die Düsternis, die mich melancholisch machen. Ich sollte mich zurückziehen.” Ich stand auf und wollte auf mein Zimmer gehen, als ich ein Pferd wiehern hörte, dann die Schritte schwerer Reitstiefel auf der Treppe. Mein Herz begann zu rasen. Willoughby?!
    Es war Oberst Brandon, den das Mädchen kurz darauf in den Salon führte. Die Enttäuschung musste mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein, denn sein Lächeln wurde traurig, wie sein Blick, der ohnehin immer ein wenig von Kummer beschwert schien. Dennoch begrüßte er uns freundlich und nahm eine Tasse Tee an. Er kam auch gleich auf den Grund seines unangemeldeten Besuches zu sprechen. Er würde, auf Mrs Jennings‘ Drängen hin, so erklärte er ein wenig gequält, eine Schnitzeljagd zu Pferd veranstalten.
    “Ich würde mich glücklich schätzen”, sagte er zu mir gewandt, “wenn Sie zu diesem Anlass mein Angebot annehmen, und eins meiner Pferde reiten würden.” Er nippte an seinem Tee und fügte dann hinzu: “Sie alle natürlich.”
    “Wie wunderbar”, rief Mutter aus. “Das klingt nach einem aufregenden Vergnügen für die Herren und die jungen Damen. Nicht wahr, Marianne?”
    “Marianne ist eine ausgezeichnete Reiterin”, sagte Elinor und warf mir einen tadelnden Blick zu, als ich immer noch schwieg.
    “Oh ja”, sagte ich. “Ich freue mich über die Einladung, die ich gerne annehme.”
    Oberst Brandon erhob sich und nahm seinen Hut. “Nun, dann freue ich mich darauf, Sie alle am nächsten Sonntag begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, das Wetter macht uns keinen Strich durch die Rechnung.” Er verbeugte sich und Elinor sprang auf, um ihn hinauszubegleiten.
    “Warum bist du nur immer so abweisend zu Oberst Brandon?”, schalt sie mich, als sie zurückkam. “Er gibt sich alle Mühe über dein ungehöriges Verhalten hinwegzusehen, und ist einer der freundlichsten Gentlemen, die wir kennen. Er hätte etwas mehr Höflichkeit verdient.”
     “Höflichkeit”, murmelte ich. “Ja, natürlich. Aber er ist ein alter, langweiliger Mann.”
    “Marianne!”, mischte sich Mutter ein. “Es ist genug. Vielleicht gehst du ein wenig spazieren.”
    Ich ging ohne ein weiteres Wort nach draußen, wo ich auf den Oberst traf, der gerade sein Pferd besteigen wollte. “Miss Marianne, wie schön, Sie noch einmal zu sehen. Ist es nicht ein wundervoller Nachmittag?”
    Mutter und Elinor hatten natürlich recht, der Oberst war ein überaus netter Mensch, höflich, gebildet, von angenehmem Wesen und Erscheinung. Aber er war nicht Willoughby. Ich gab mir einen Ruck und lächelte ihn an. “Ein Nachmittag, der viel zu schade ist, um ihn im Haus zu verbringen.” Ich streichelte die Blesse

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