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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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entwickelt, die weit mehr Elektrizität speichern kann als alle bekannten Batterien. Kombiniert mit einem leistungsstarken Verbrennungsmotor, können wir damit bis Japan fliegen und den Schlitzaugen die Hölle heiß machen. Ganz so, wie es sich unser hochverehrter Großfürst in den Kopf gesetzt hat.« Sein grauer zerzauster Bart hob sich unter einem breiten Grinsen und gab Leonard damit jene Hoffnung zurück, die ihn seit Monaten mehr und mehr zu verlassen schien. Isaak, wie er von seinen Kameraden genannt wurde, mochte recht behalten. Sie würden es schaffen, den Großfürsten und damit den Zaren zufriedenzustellen, und vielleicht winkte ihnen am Ende tatsächlich die Freilassung.
    Beschwingt machte sich Leonard zu seiner Unterkunft auf. In seinem kargen Zimmer hatte er einige Aufzeichnungen, die er in der vergangenen schlaflosen Nacht angefertigt hatte.
    Ein kühler Wind wehte durch das enge Gebirgstal; ein Duft nach Sommer und Freiheit schien in der Luft zu liegen – trotz der mannshohen Zäune und Wachmannschaften, die mit scharfen Hunden um das Gelände patrouillierten.
    Wie Leonard es erwartet hatte, war die Kammer verwaist. Pjotr verbrachte wie Weinberg und er den ganzen Tag in der Konstruktionshalle, und Aslan wurde erst morgen zurückerwartet. Die Nachmittagssonne schien durch das einzige, halb blinde Fenster. Leonard ging zu seinem Bett und hob das kleine Kissen ein wenig an, darunter befand |209| sich ein zerknitterter Zettel mit einer verwaschenen Bleistiftzeichnung, die ihm als Gedächtnisstütze diente.
    Als er aufsah, fiel ein Schatten auf sein Gesicht, und im nächsten Moment traf ihn ein harter Gegenstand an der Schläfe. Der Schlag war so heftig, dass er taumelte und in eine Kiste mit den Holzvorräten fiel. Etwas Warmes lief über seinen Mund, und seine Zunge schmeckte Blut. Dann erst erkannte er den Angreifer. Es war Kissankas Vater – Ivan Ivanowitsch Wassiljoff, der ihm schnaubend wie ein wütender Stier gegenüberstand. Vermutlich war der aufgebrachte Mann geradewegs aus der Schmiede hierher gelaufen. Er trug immer noch eine abgewetzte Lederschürze, und sein nackter, rußgeschwärzter Oberkörper glänzte vor Schweiß und Fett. Während er den Schürhaken mit seiner Rechten im Takt eines Pendel schwang, wirkten seine mächtigen Unterarme wie zwei riesige Keulen. Dabei hob und senkte sich sein breiter Brustkorb unter einem pfeifenden Geräusch. Mit hochrotem Kopf starrte er Leonard aus kleinen, blauen Augen an.
    »So, Nemez«, brüllte er außer sich vor Zorn. »Nun wirst du dafür büßen, was du meiner Tochter angetan hast. Aber denk nicht, dass ich dich sofort töte. Nein, es wird ein langsamer qualvoller Tod, ganz so, wie ein Schwein von deiner Sorte es verdient hat. Ich werde dir jeden Knochen einzeln brechen, bevor ich dir den Hals umdrehe.«
    Leonard überlegte, ob er nur den Hauch einer Chance hatte, gegen den Schmied anzukommen. Doch das war gänzlich unwahrscheinlich. Erst recht, weil er nach seiner Krankheit noch immer nicht zu Kräften gekommen war. Blieb ihm also nur zu reden.
    »Es ist nicht so, wie du denkst, Ivan Ivanowitsch«, sagte Leonard hastig. »Ich habe deiner Tochter kein Haar gekrümmt. Im Gegenteil, ich war es, der sie vor den Kosaken gerettet hat.«
    Seine Erklärung reizte den bulligen Schmied nur noch mehr.
    »Du Mistkröte!«, brüllte er. »Jetzt willst du es auch noch auf andere schieben.« Er versuchte ihm einen Hieb auf das Knie zu versetzen, doch Leonard gelang es, sich aus der Kiste zu befreien und sich in die hintere Ecke des Raumes zurückzuziehen.
    »Ivan Ivanowitsch, ich flehe dich an!« Seine Stimme klang panischer, als ihm lieb war. »Ich habe deine Tochter nicht angefasst. Ich schwöre es dir beim Leben meiner Mutter!«
    |210| Der Schmied zeigte sich vollkommen unbeeindruckt; er marschierte geradewegs auf Leonard zu, um ihm mit einem einzigen Schlag die Rippen zu brechen. Der Schlag streifte Leonard nur, doch der Schmerz war beinahe unerträglich.
    Leonard konnte kaum noch atmen, trotzdem schaffte er es, sich hinter den Ofen zu retten. Entschlossen packte er den gusseisernen Teekessel und schleuderte ihn auf Wassiljoff.
    Der Schmied machte jedoch einen schnellen Schritt zur Seite, und der Kessel schlug gegen das einzige Fenster, das laut klirrend zu Bruch ging. Vielleicht, so hoffte Leonard, würde man nun auf seine verzweifelte Lage aufmerksam werden.
    Wassiljoff kam wieder auf ihn zu, und Leonard packte in seiner Verzweiflung einen Reisigbesen. Er

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