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Schande

Schande

Titel: Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Coetzee
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Hunde«, sagt er, um das Schweigen zu brechen.
      »Ich kümmere mich um die Hunde, und ich arbeite im Garten. Ja.« Petrus lächelt breit. »Ich bin der Gärtner und der Hunde-Mann.« Er denkt kurz nach. »Der Hunde-Mann«, wiederholt er und läßt das Wort auf der Zunge zergehen.
      »Ich bin gerade aus Kapstadt gekommen. Manchmal mache ich mir Sorgen um meine Tochter, so ganz allein hier. Es ist sehr abgelegen.«
      »Ja«, sagt Petrus, »es ist gefährlich.« Er macht eine Pause. »Heute ist alles gefährlich. Aber hier geht es, glaube ich.« Und er lächelt wieder.
      Lucy kommt mit einem Fläschchen zurück. »Du kennst ja das Verhältnis: einen Teelöffel auf zehn Liter Wasser.«
      »Ja, ich weiß.« Und Petrus duckt sich und geht durch die niedrige Tür hinaus.
      »Petrus scheint ein guter Mann zu sein«, bemerkt er.
       
     
      »Er ist ganz in Ordnung.«
      »Wohnt er auf dem Anwesen?«
      »Er wohnt mit seiner Frau im ehemaligen Stall. Ich habe Strom hineinlegen lassen. Es ist ganz bequem. Er hat noch eine Frau in Adelaide, und Kinder, einige davon sind schon erwachsen. Ab und zu geht er fort und bleibt dort eine Weile.«
      Er läßt Lucy ihre Arbeit verrichten und macht einen Spaziergang bis zur Kenton-Straße. Ein kühler Wintertag, die Sonne taucht schon hinter rote Hügel, die mit spärlichem, ausgebleichten Gras gesprenkelt sind. Armes Land, armer Boden, denkt er. Ausgelaugt. Taugt nur für Ziegen.
      Hat Lucy wirklich vor, ihr Leben hier zu verbringen? Er hofft, daß es nur eine Phase ist.
      Eine Schar Kinder gehen auf dem Heimweg von der Schule an ihm vorbei. Er grüßt sie; sie grüßen zurück. So ist’s Brauch auf dem Land. Kapstadt weicht schon in die Vergangenheit zurück.
      Ohne Vorwarnung überfällt ihn eine Erinnerung an das Mädchen: an ihre schönen kleinen Brüste mit den festen Brustwarzen, an ihren glatten flachen Bauch. Eine Woge des Verlangens durchströmt ihn. Offenbar ist »es« (was es auch gewesen sein mochte) noch nicht vorbei.
      Er kehrt ins Haus zurück und packt fertig aus. Lange her, daß er das letzte Mal mit einer Frau zusammen gewohnt hat. Er wird auf seine Manieren achtgeben müssen; er wird ordentlich sein müssen.
      Üppig ist ein freundliches Wort für Lucy. Bald wird sie wirklich dick sein. Läßt sich gehen, wie es geschieht, wenn man vom Spielfeld der Liebe abtritt.  Qu’est devenu ce front poli, ces cheveux blonds, sourcils voûtés?   [7]
      Das Abendessen ist einfach: Suppe und Brot, danach Süßkartoffeln. Eigentlich mag er Süßkartoffeln nicht, aber Lucy bereitet sie mit Zitronenschale und Butter und Piment zu, wodurch sie genießbar werden, mehr als genießbar.
      »Wirst du eine Weile bleiben?« fragt sie.
      »Eine Woche? Sagen wir eine Woche? Kannst du mich denn so lange ertragen?«
      »Du kannst so lange bleiben, wie du willst. Ich befürchte nur, daß du dich langweilen wirst.«
      »Ich werde mich nicht langweilen.«
      »Und nach der Woche, wo willst du dann hin?«
      »Das weiß ich noch nicht. Vielleicht begebe ich mich auf eine Wanderung, eine lange Wanderung.«
      »Du kannst jedenfalls gern bleiben.«
      »Das ist nett von dir, meine Liebe, daß du das sagst, aber ich möchte, daß wir Freunde bleiben. Lange Besuche sind nicht gut für die Freundschaft.«
      »Und wenn wir es nun nicht als Besuch bezeichnen?
      Wenn wir es Zuflucht nennen? Würdest du eine Zuflucht auf unbestimmte Zeit akzeptieren?«
      »Du meinst Asyl? So schlimm ist es nun auch wieder nicht, Lucy. Ich bin kein Flüchtling.«
      »Roz hat gesagt, die Atmosphäre war sehr unangenehm.«
      »Ich habe es mir selbst zuzuschreiben. Man hat mir einen Kompromiß angeboten, den ich nicht akzeptieren wollte.«
      »Was für einen Kompromiß?«
      »Umerziehung. Reformierung des Charakters. Das Schlüsselwort war soziale Beratung.«
      »Und bist du denn so perfekt, daß du nicht ein bißchen Beratung gebrauchen könntest?«
       
     
      »Das erinnert mich zu sehr an Maos China. Widerruf, Selbstkritik, öffentliche Entschuldigung. Ich bin altmodisch, ich würde es vorziehen, an eine Wand gestellt und erschossen zu werden. Es hinter mich zu bringen.«
      »Erschossen? Weil man eine Affäre mit einer Studentin hat? Das ist ein bißchen extrem, meinst du nicht auch, David? Das muß doch ständig passieren. Es passierte auf jeden Fall, als ich Studentin war. Wenn sie jeden Fall verfolgen würden, würde der Berufsstand dezimiert.«
      Er

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