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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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es doch sei, diese Gefühle zu haben, und dass wir doch verstehen sollten, wie sich diese Arschlöcher fühlen, die uns das Leben zur Hölle machen.« Ich deutete wieder auf Karl. »Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es normal ist, wenn ein junger Typ die halbe Schule umbringen will, und ich glaub auch nicht, dass er von ganz allein in diesen Zustand geraten ist.« Ich sah den armen Kerl an. »Karl, du bist nicht normal. Dir haben sie echt ins Gehirn geschissen, aber das weißt du auch selbst, oder?«

    Dad unterbrach mich. »Poe, das reicht.«
    »Nein.« Ich hielt den Blick auf Karl gerichtet, konnte beinahe seine Gedanken lesen. »Wen würdest du zuerst erledigen, Karl? Komm schon, erzähl’s uns!«
    Er zögerte. In der Bibliothek war es totenstill. Dann sah er meinen Dad an. »Sie.«
    Selbst Leichen machten mehr Geräusche als die Leute hier im Raum. Niemand wagte auch nur zu atmen. Ich nickte. »Warum?«
    »Weil er sie dazu bringen sollte, endlich damit aufzuhören, aber er tut es nicht.«
    Dad schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr, Karl. Ich habe es versucht. Wir haben …«
    Meine Stimme übertönte seine. »Was habt ihr? Warum erzählst du uns nicht, was sonst noch getan wird, statt nur diese dumme Veranstaltung abzuhalten? Eine Anti-Schikane-Veranstaltung für die Ringer-Mannschaft? Nachsitzen? Schulausschluss? Bewährungsstrafen? Konfliktlösungskurse? Eine Reform der Schulpolitik? Vielleicht ein oder zwei neue Lehrer, die es nicht ignorieren, wenn was passiert? Ihr macht doch die Regeln, oder?« Ich dachte an Mr Halvorsons kleine Ansprache am ersten Schultag über das ›Sich-einfügen‹. »Erzähl es uns, denn der einzige Grund, warum wir in diesem Raum sind, ist der, dass sich die Benders Highschool von einer Haftungsklage bedroht sieht, die den Namen Velveeta trägt, und das müsst ihr schleunigst unter Kontrolle bringen. Da hast du’s, jetzt ist es raus. Der wahre Grund, warum ihr euch überhaupt mit diesem Thema beschäftigt. Und was passiert? Colby Morris und all die Superstars im Jungenklo, die beobachtet haben, wie Velveeta getreten
wurde, machen weiter wie bisher. Aber wir sitzen hier und hören uns einen Haufen Schwachsinn von’nem Typen an, der offenbar glaubt, die Probleme der Welt ließen sich lösen, wenn wir alle nur genau gleich wären.«
    Dad schüttelte den Kopf. »Das ist ein eigenständiges Thema.«
    Scheinheiligste Bemerkung des Jahres. Ich deutete auf alle um mich herum. »Wieso sind wir dann hier? Ihr habt diese Veranstaltung doch nur wegen dem angesetzt, was Velveeta ›nicht‹ zugestoßen ist, also, warum unternimmt die Schule nichts gegen die Typen, die es ›nicht‹ getan haben?« Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen. »Erzählen Sie’s uns!« Provozierend zeigte ich mit langem Arm auf meinen Dad und Mr Halvorson. »Die Typen haben ihn nur deshalb so brutal zusammengeschlagen, weil sie wussten, dass sie es einfach tun konnten, und diese Schule hat es ihnen ermöglicht!« Ich fuchtelte mit den Armen. »Oh Gott! Diese ganze Veranstaltung beweist es doch sogar!«
    Dads Miene spannte sich an. »Wir sind dabei, gewisse Maßnahmen zu treffen, aber an erster Stelle steht für uns, dass wir den Jugendlichen helfen, mit der Situation fertig zu werden.« Er nickte. »Irgendwo müssen wir schließlich anfangen, oder nicht?«
    »Du bist also der Meinung, als Erstes mit Velveeta darüber reden zu müssen, wie er akzeptieren kann, warum das Ganze geschehen ist, und wie er sein Denken ändern sollte, damit es nicht wieder passiert? Wenn du schon nicht ehrlich sein willst, könntest du zumindest sagen: ›Hey, ihr Nullnummern seid so ziemlich auf euch selbst gestellt, also solltet ihr euch besser wehren oder einfach
daran gewöhnen, die Prügelknaben der Gesellschaft zu sein.‹«
    Er seufzte. »Die Schule ist eine gewaltfreie Zone, Poe, und du weißt, dass wir ein solches Verhalten keinesfalls dulden können. Und auch nicht deine Ausdrucksweise.«
    Ich musste laut lachen, dachte dabei an alles, was ich allein in dieser kurzen Zeit erlebt hatte, angefangen beim Chor über den Sportunterricht bis hin zu Colby Morris und daran, wie mein Dad, wann immer er nicht ehrlich sein wollte, auf irgendeinen nebensächlichen Scheißdreck zurückgriff. »Okay, gut. Lass mich das noch mal klarstellen. Nachdem ihr also nichts unternehmt, um Gewalt gleich von vornherein zu verhindern, sagt ihr uns jetzt auch noch, dass wir uns nicht wehren dürfen, weil Gewalt nicht toleriert wird.« Ich

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