Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
innerlich vor Lachen.
Ihr selbst war ziemlich mulmig, als sie den zugewiesenen Platz einnahm.
Da saß sie also neben Alexander dem Großen, einer der faszinierendsten historischen Persönlichkeiten, und hatte keine Ahnung, wie sie mit ihm reden sollte. Wahrscheinlich verstand er sie nicht einmal, aber Shakur war fortgeschickt worden.
Es war schwer, in dem fünfundzwanzigjährigen Mann, der mit leicht abwesendem Blick neben ihr saß, einen unerbittlichen Feldherrn zu sehen, der Tausende gestandener Männer begeistern und riesige Reiche erobern konnte. Der einstmals unbedeutende makedonische Prinz mit dem Faible für alles Griechische, der das strategische Genie von seinem Vater und die Machtbesessenheit von seiner Mutter geerbt hatte. Nadja hätte eine Menge dafür gegeben, länger bei ihm verweilen zu können und alles zu erfahren. Über den Mann hinter dem Eroberer, von dem die Dichter viel zu berichten wussten, aber nicht die Wahrheit aufschrieben, sondern lieber fabulierten.
»Weißt du, wer Shakur ist?«, fragte Alexander und deutete auf den Elfen, der das Lager schon fast erreicht hatte.
Nadja nickte. Sie achtete darauf, den Feldherrn niemals direkt anzusehen, und hielt den Blick meistens zu Boden gerichtet. »Er kommt aus fernen Landen«, antwortete sie langsam und hoffte, dass sie die Worte einigermaßen richtig herausbrachte. Die Magie übersetzte die Sprache, nicht sie. Hoffentlich war sie nicht vorzeitig verbraucht.
»Du auch?« Alexander strich ihr Haar hinters Ohr zurück.
»Nein. Aber ich bin zum Teil von ähnlicher Abstammung.«
»Und sprichst du mit den Göttern?«
»Ja, manchmal.« Mit Odin zum Beispiel.
»Warum bist du hier, Fremde?«
»Mein Weg kreuzt sich nur kurz mit dem deinen, großer Pharao.«
»Bitte. Nenn mich Alexander.« Er wies zum Tempel hoch. »Seit Tagen warte ich schon auf Antwort. Man hat mir zugesagt, dass ich morgen das Allerheiligste betreten darf, um die Bestätigung meiner göttlichen Abstammung von Amun zu erhalten. Ich hoffe, dass es diesmal der Fall ist.«
Nadja nickte. Sie veränderte nichts, wenn sie ihm sagte, was geschehen würde. »Sie werden dich das Orakel befragen lassen.«
»Und wird die Antwort so ausfallen, wie ich sie wünsche?«
»Da bin ich mir sicher.«
»Also, was benötige ich die Priester dann noch?« Alexander lachte jungenhaft, und ein gefährlicher Glanz trat in seine Augen. »Sie verlangen ohnehin einen viel zu hohen Lohn für ihre minderwertigen Dienste.«
»Du kannst nie sicher sein, Herr, solange du die Antwort des Orakels nicht selbst gehört hast«, erwiderte Nadja. »Nur diese Bestätigung kann deinen rechtmäßigen Anspruch besiegeln. Nicht meine Worte.«
»Und mussten wir uns begegnen?«
»Etwas zwang mich unwiderstehlich hierher. Mehr kann ich dir nicht sagen, Herr. Ich tue oft Dinge, die niemand versteht, am wenigsten ich selbst.«
Alexander schwieg und dachte nach. Dann stellte er die unvermeidliche Frage: »Kennst du meine Zukunft?«
»Ich habe gesehen, dass du Großes vollbringen wirst; viel mehr noch als das, was du bis jetzt erreicht hast. Und du wirst unvergessen sein, Jahrtausende hindurch.« Das konnte nicht schaden. Nadja war immer noch schleierhaft, wie sie ihn dazu bringen konnte, sie in den Tempel mitzunehmen – noch dazu sofort. Bisher war alles in Ordnung mit ihr und wohl auch mit der Welt, denn wenn alle Welten ineinander stürzten, hätte die Erschütterung sicher Auswirkungen auf die Vergangenheit.
»Unvergessen …«, flüsterte er. Dann fuhr er durch seine langen Locken und stand auf. »Nun, bleibe hier und gehe in dich. Vielleicht teilen dir die Götter mit, was ich wissen muss. Vielleicht bist du ein Mund des Orakels.« Und wenn nicht, das brauchte er gar nicht erst auszusprechen, würde er sie seinen Soldaten schenken. Gut möglich, dass er das so oder so tat.
»Ich werde auf dich warten, Herr.«
Na schön, dann eben auf diese Art – sobald niemand hinsah, würde Nadja sich aus dem Staub machen.
Mit einem Mal empfing der Getreue etwas. Die Signale von zwei kleinen Wesen, die ihn durch die Wüste leiteten. Der Weg lag klar und deutlich vor ihm.
»Meine Königin besitzt Humor«, murmelte er. »Ausgerechnet die beiden als Anker zu schicken …«
Andererseits wurde jeder, der eine Waffe halten konnte, gebraucht. Die beiden Gestalten dort waren nicht mehr als Handlanger, und auch das ging meistens schief. Also waren sie nun sogar einmal von Nutzen.
Besetzt den Knoten!
, befahl er ihnen
Weitere Kostenlose Bücher