Schatten der Angst (German Edition)
Richards doch recht hatte und sie mehr wusste, als sie ahnte? Etwas, das helfen konnte, den Mörder aufzuhalten, bevor er noch jemandem Leid zufügen konnte? Amandas Feigheit war schuld an Danas Tod. Konnte sie wirklich mit dem Wissen weiterleben, dass sie den Tod einer weiteren Person verschuldet hatte?
Sie kannte die Antwort bereits. Seit Logans Besuch waren die Albträume zurückgekehrt: lebhafte Bilder aus dem Inneren der Hütte, Lichtreflexe auf der gezackten Klinge des Mörders, Danas Entsetzensschreie, als Amanda aus der Hütte geflohen und sie dort allein zurückgelassen hatte.
Amanda schauderte und rieb sich über die Arme, doch ihr Frösteln hatte nichts mit der kühlen Brise zu tun, die aus der Klimaanlage des Autos strömte. Sie hoffte inbrünstig, dass die Albträume wieder verschwinden würden, sobald sie Logans Fragen beantwortet hatte. Dann konnte sie in ihr Refugium zurückkehren, ihr ruhiges Leben weiterführen und weiter so tun, als ob die Vergangenheit nicht existierte.
Sie griff nach ihrer Handtasche, stieg aus dem Auto und eilte die Treppenstufen hinauf, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Beim Anblick der Menschenmenge im Foyer des Rathauses strich sie sich unwillkürlich Haarsträhnen über ihre Narbe. In der Hoffnung, von niemandem angesprochen zu werden, hielt sie den Blick gesenkt und drückte auf die Ruftaste für den Fahrstuhl.
Ein paar Sekunden später signalisierte ein leises Piepen die Ankunft des Lifts. Sie ging schnell hinein, erleichtert, als keine weitere Person zustieg. Als sich die Türen schlossen, drückte sie auf den Knopf für den zweiten Stock.
Übelkeit stieg in ihr auf, als sie aus dem Fahrstuhl in den dazugehörigen Eingangsbereich im zweiten Stock trat, eine zurückgesetzte, schmale Nische, die an die Zentrale des Reviers angeschlossen war. Sie wischte sich die Handflächen an ihrem langen Jeansrock ab und musterte die quälend wohlbekannten Räume. Die Wände waren noch immer in einem deprimierenden Schlachtschiff-Grau gestrichen. Zahllose Reihen von überfüllten Schreibtischen füllten den ausgedehnten Raum. Die Kombination aus klingelnden Telefonen, dem Klacken der Computertastaturen und den leise geführten Gesprächen produzierte noch immer dasselbe leise Summgeräusch, das sie manchmal in ihren Träumen hörte.
Auch wenn es ein paar neue Gesichter gab, kannte sie die meisten, so als hätte es die letzten vier Jahre nicht gegeben. Und doch war Zeit vergangen. Trotz der Weinkrämpfe, die sie in den letzten Tagen geschüttelt hatten, war sie nicht die gebrochene Frau von damals. Sie wollte an diesem Punkt keinen Rückzieher machen.
Sie straffte die Schultern und sah auf die Schwelle zu ihren Füßen, die den Zugangsbereich des Fahrstuhls von der Zentrale trennte. Die dünne schwarze Mörtellinie sah so schmal aus, so unbedeutend, doch sie wusste, dass es kein Zurück gab, wenn sie sie erst überquert hatte.
Sie holte zischend Luft und trat über die Linie.
»Kann ich Ihnen helfen, Miss?«
Amanda benutzte ihre Finger als Kamm, um ihr Haar nach vorn über die Narbe zu streichen, und drehte sich zu dem sommersprossigen Polizisten um, der auf sie zukam. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie in sein jugendliches, unschuldiges Gesicht sah. Er wirkte eher so, als würde er demnächst auf den College-Abschlussball gehen, als dass er eine Pistole und eine Polizeimarke bei sich trug. Wie viele Tatorte würde es brauchen, bis seine Unschuld ein für alle Mal dahin war?
In ihrem Fall war ein einziger Tatort ausreichend gewesen.
Sie lächelte und hielt das Gesicht leicht von ihm abgewandt, damit er ihre Narbe nicht sah. »Ich heiße Amanda Stockton. Ich bin gekommen, um mit Chief Richards zu sprechen, ist er da?«
»Natürlich, folgen Sie mir. Er ist im großen Konferenzraum.« Bevor sie ihn aufhalten konnte, bahnte er sich bereits seinen Weg durch das Schreibtischlabyrinth, wobei er auf die rechte Seite des Raumes zuhielt. Aus jedem seiner federnden Schritte sprach der Eifer, behilflich zu sein.
Sie holte ihn erst an der Tür ein. »Warten Sie bitte. Ich habe keinen Termin. Hat er vielleicht einen Assistenten, der nachsehen könnte, ob er kurz Zeit hat …«
»Mabel ist heute nicht da. Ich bin mir sicher, dass das kein Problem ist. Ich werde ihm sagen, dass Sie hier sind.« Er klopfte an, öffnete die Tür und trat ein, um mit jemandem zu sprechen, den sie nicht sehen konnte.
Als die Tür nach innen schwang, wurde undeutlich eine Wand voller grässlicher
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