Schatten der Liebe
und ich habe ihm gesagt, daß viele von uns ihn nicht ausstehen können«, sagte Valerie. »Dann wollte er wissen, ob Meredith Bancroft hier oft anriefe oder ob sie herkäme. Vor allem schien ihn zu interessieren, ob sie wirklich so freundschaftlich miteinander umgehen, wie es auf der Pressekonferenz schien. Außerdem hat er gesagt, daß sie sehr gut zahlen, wenn wir mehr darüber herausfinden. Wieviel sie zahlen, weiß ich allerdings nicht.«
»Das ist mir auch gleich. Ich täte das sogar umsonst«, sagte Joanna bitter. »Er wird mir ihren Schreibtisch aufsperren müssen, und vielleicht auch die Aktenschränke. In einem davon müssen die Unterlagen über die Besprechung mit den Anwälten abgelegt sein.«
Als Joanna in Eleanor Sterns Büro zurückkam, stellte sie fest, daß Farrell bereits den Schreibtisch seiner Sekretärin aufgesperrt hatte, aber die Aktenschränke waren nach wie vor verschlossen. Eine kurze, gründliche Durchsuchung des Schreibtisches verlief erfolglos. »Verdammt«, fluchte sie leise und drehte ihren Stuhl herum, so daß sie durch die Verbindungstür in Farrells Büro blicken konnte. Er stand da und blickte auf die Computerbildschirme hinter seinem Schreibtisch. Vermutlich überprüft er gerade, wieviel Millionen er heute wieder verdient hat, dachte sie mit wachsendem Haß auf den Mann, der sich nicht einmal ihren Namen merken wollte ... der ihren Chef gefeuert und ihnen den Urlaub gekürzt hatte.
Joanna lehnte sich noch ein Stück weiter zurück, so daß sie die Vorderseite seines Schreibtisches einsehen konnte. An der mittleren Schublade steckten seine Schlüssel. Die Schlüssel zu den Aktenschränken würden entweder mit an dem Bund hängen oder in einer seiner Schreibtischschubladen liegen.
»Guten Morgen«, sagte Phyllis und folgte Meredith in ihr Büro. »Hatten Sie ein schönes Wochenende?« fragte sie, biß sich dann aber sofort auf die Lippen und hätte sich am liebsten selbst für ihre Frage geohrfeigt. Während sie die Schlösser ihres Aktenkoffers öffnete, warf sie ihrer Sekretärin einen kurzen, fröhlichen Seitenblick zu. »Wie glauben Sie denn, daß es war?«
»Wäre aufregend das passende Wort?« äußerte Phyllis und erwiderte ihr Lächeln.
Meredith dachte an die Stunden mit Matt, die Dinge, die er ihr gesagt und was er mit ihr getan hatte, und ein heißer Schauer durchflutete ihren Körper. »Ich würde sagen, dieser Ausdruck ist angemessen«, antwortete sie und hoffte, daß ihre Stimme nicht zu verträumt klang. Mühsam verdrängte sie das Wochenende aus ihrem Kopf und zwang sich, an die Arbeit zu denken, die erledigt werden mußte, bevor sie Matt abends Wiedersehen konnte. »Hat heute früh schon jemand angerufen?«
»Ja. Nolan Wilder. Er möchte möglichst bald zurückgerufen werden.«
Meredith erstarrte. Nolan Wilder war der Vorstandsvorsitzende, und sie zweifelte nicht daran, daß er anrief, um eine Erklärung über das Debakel von Samstag abend zu verlangen. Bei Tageslicht betrachtet, war das eigentlich eine Unverschämtheit, da Wilders eigene Scheidung so häßlich gewesen war, daß es ganze zwei Jahre gedauert hatte, bis endgültig Gras darüber gewachsen war. »Verbinden Sie mich bitte mit ihm.«
Eine Minute später gab Phyllis durch: »Wilder ist auf Leitung eins.«
Nach einem kurzen Moment der Sammlung hob Meredith den Hörer ab und sagte mit einer Stimme, die gute Laune ebenso wie Entschlossenheit ausdrückte: »Guten Morgen, Nolan. Was gibt's?«
»Das wollte ich Sie gerade fragen«, sagte er in jenem kühlen, ironischen Ton, den er während der Vorstandssitzungen gebrauchte und den Meredith besonders verabscheute. »Das ganze Wochenende über haben mich Mitglieder des Vorstands angerufen und wollten von mir eine Erklärung über den Vorfall von Samstag abend. Ich sollte Sie nicht ermahnen müssen, daran zu denken, daß Bancroft's Image, die Würde unseres Firmennamens, der Grundstock unseres Erfolges ist.«
»Ich glaube kaum, daß mir das jemand sagen muß«, erwiderte Meredith und bemühte sich, mehr amüsiert als verärgert zu klingen. »Es ist ...« Sie unterbrach sich, als Phyllis mit schreckverzerrtem Gesicht zur Tür hereingestürmt kam.
»Maclntire aus New Orleans ist auf Leitung zwei. Es ist ein Notfall!«
Warten Sie bitte einen Moment, Nolan«, sagte Meredith, »ich bekomme gerade einen dringenden Anruf.« Zutiefst beunruhigt drückte Meredith den Knopf für Leitung zwei. Maclntires Stimme klang hektisch. »Wir hatten hier soeben wieder eine
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