Schatten der Lust
Erdbeben. »Sie haben keine Wahl. So oder so sterben sie alle hier. Es hat bereits angefangen.«
Er bewegte seine Finger, und ein Riss in der Luft erschien, durch den mehr Finsternis quoll und mit ihr Dämonen. Aufgeputscht von der Todesmagie, stürmten sie herbei und fielen über Ledas kleine Armee her wie die Höllenhunde, die sich auf die Werwölfe stürzten.
Hunter rannte zu Leda und wehrte die Angreifer ab. Hilflos lag sie im Schlamm, während ihre Magie starb. Hunter stand über ihr, hieb und schlug auf Dämonen ein. Er genoss es, wann immer er einen mit seinem Schwert zerteilte.
Sein Zorn wurde beständig größer. Tain schützte Kehksut wie ein Hund seinen Herrn, aber Hunter würde den Ewigen vernichten, und wenn es das Letzte war, was er tat. Sollte er dazu erst Tain in Stücke hauen müssen, dann war es eben so.
»Hunter.«
Ledas Stimme war schwach und ihre Berührung an seinem Knöchel federleicht. Er kniete sich halb neben sie, außer Atem, und nahm sein Schwert herunter. Das Herz ging ihm über, als er ihr das Haar aus dem Gesicht strich.
»Leda, meine Süße, es tut mir leid.«
Sie wollte sich aufrichten und sagte matt, aber mit unverkennbarer Dringlichkeit: »Kümmere dich nicht um mich! Du brauchst deine Brüder. Der Schlüssel ist fünf, das hat Kali gesagt. Fünf Krieger, fünf Hexen …« Ihre Stimme versagte. »Fünf Sternenzacken …«
Hunter drückte sie an sich, die Schwertspitze auf den Boden gerichtet. »Verlass mich noch nicht, Leda! Ich will mit dir in deinem Boot um die Welt segeln, nur du und ich, die Sonne und das Meer.« Sein Lachen klang heiser. »Mukasa wird allerdings mitwollen.«
Leda versuchte, ihn von sich zu drücken. »Geh! Mach schon, Hunter!«
»Lass mich dich erst einmal in Sicherheit bringen.«
»Hunter,
geh
– es ist keine Zeit mehr!«
Er spürte einen Schatten über sich, sah auf und erblickte Kehksut direkt über ihnen. Der Dämon starrte ihn mit unendlich schwarzen Augen voller Todesmagie an.
Keine Zeit mehr.
Die Worte hallten Hunter durch den Kopf. Genau wie bei Kayla damals war auch heute wieder keine
Zeit
. Er sprang auf, einen Berserkerschrei ausstoßend, sein Schwert entflammt, und stürzte sich auf Kehksut.
»Hunter, nein!«
Es war Adrian, der ihn anschrie, Adrian, der ihn zurückhalten wollte. Kehksut streckte eine gigantische Hand aus, bereit, Hunter zu zerquetschen.
»Komm her!«, brüllte Hunter den Dämon an. »Komm, und hol mich, du Dreckskerl!«
Adrian und Kalen packten ihn bei den Armen und rissen ihn aus dem Weg. Er fluchte und schrie, und Kehksut lachte ein lautes, schrilles Lachen, ehe er zurückwich und zuschaute, wie seine Dämonen und Höllenhunde ein Gemetzel anrichteten.
»Lasst mich los!«, donnerte Hunter. »Ich muss ihn aufhalten!«
Adrian schüttelte ihn. »Hör mir zu! Darius hat mir von Ledas Traum erzählt. Ich verstehe jetzt alles, und ich weiß, was wir zu tun haben.«
»Ich auch: den verdammten Dämon killen!«
»Nein. Wir retten Tain.«
Hunter riss sich von ihm los. »Du bist total durchgeknallt, weißt du das? Dämon stirbt, Welt gerettet, Problem gelöst. Wenn Tain mit draufgeht, ist er verflucht noch mal selbst schuld!«
»Halt die Klappe und bleib zur Abwechslung mal stehen, ja?«, sagte Kalen barsch. »Wir tun uns alle zusammen, alle fünf, oder wir können es vergessen. Anders geht es nicht.«
»Fünf«, wiederholte Hunter zögernd.
»Fünf«, bestätigte Darius, »das hat Leda uns erzählt. Die Göttinnen waren bei ihr, sogar Cerridwen. Wir müssen es tun!«
Ein Dämon stürmte aus der Dunkelheit herbei, sah Leda wehrlos am Boden liegen und stürzte sich mit einem verzückten Schrei auf sie. Hunter wollte hineilen, doch seine drei Brüder hielten ihn zurück.
»Lasst mich! Er bringt sie um.«
»Wir vereinen uns«, zischte Adrian scharf. »Wir müssen! Entscheide dich, Hunter! Wenn du jetzt hinläufst und mit ihr kämpfst, haben wir vielleicht keine Chance mehr.«
Du wirst gezwungen sein, dich für einen Weg zu entscheiden
, hatte die Undine auf der Insel gesagt.
Welchen du auch wählst, er wird schmerzlich für dich, aber du musst wählen.
Hunter hatte angenommen, dass die Wahl gemeint war, bei Leda zu bleiben oder sie zu verlassen und Kalen zu suchen. Sie war nicht so schwer gewesen wie die Entscheidung jetzt, weil es noch eine Chance gegeben hatte, zurückzukehren und wieder bei ihr zu sein.
Doch gemeint war die Wahl, die er nun zu treffen hatte. Er könnte Tain retten, aber Leda würde
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