Schatten der Lust
schlief. Sie hörte ihn, wie er draußen sanft mit Mukasa sprach, der leise Knurrlaute von sich gab. Es war bereits nach Mitternacht.
Wie vieles heute passiert war! Hunter war im Morgengrauen in ihrem Löwengehege gelandet, Valdez’ Männer waren gekommen, um Mukasa zu verschleppen, Hunter hatte ihr seine Unsterblichkeit und seine unglaublichen Kräfte enthüllt. Die Insel war nach wie vor geschützt, das spürte sie. Samantha hatte nur hier auftauchen können, weil Hunter sie ließ.
Ledas Stimmung wurde ein wenig versöhnlicher, als sie daran dachte, wie Hunter sie von der Todesmagie befreit hatte. Eigentlich wurde ihr erst jetzt klar, was für ein Geschenk er ihr gemacht hatte. Die dunkle Magie zu entfernen, die sich mit ihrem Innersten verwoben hatte, hätte unerträglich schmerzhaft sein können. Doch Hunter hatte sie ganz langsam aus ihr herausgezogen und den Schmerz mit intensivster Wonne übertönt.
Ruckartig setzte sie sich auf. Er hatte es für sie getan. Nun ja, der ganze Vorgang war ihm nicht gerade zuwider gewesen, aber er hätte sich auch einfach nehmen können, was er wollte, ohne ihr etwas zurückzugeben. Stattdessen hatte er seine Kräfte gezähmt, war sanft zu Mukasa und ihr und sogar zu Samantha. Und sie schrie ihn an, er wäre unsensibel!
Leda stieg aus dem Bett und zog sich leise Shorts und T-Shirt an. Dann schlüpfte sie in ihre Turnschuhe und schlich sich durchs Wohnzimmer, vorbei an der schlafenden Samantha, hinaus auf die Veranda.
Hunter stand am Wasser, beleuchtet vom Mondlicht. Die Flut kam, und Gischt glitzerte auf den Wellen. Ein Stück entfernt, weiter auf dem Strand, befand sich Mukasa, der den Kopf in den Wind hielt, so dass seine Mähne nach hinten wehte.
Hunter war nackt. Der Mondschein malte kantige Schatten auf seinen vollkommenen Körper. Als er den Kopf in den Nacken warf, schien ihm der Mond ins Gesicht. Nun bemerkte Leda, dass er etwas flüsterte. Es war wie ein leiser Gesang, dessen Text sie nicht kannte.
Plötzlich wirbelte der Sand neben ihm und um ihn herum auf, als stünde er inmitten einer Windhose. Dann glaubte Leda, noch eine andere Gestalt in dem Sand schimmern zu sehen, eine Frau, vollständig von Feuer umrahmt. Kaum sah Leda genauer hin, verblasste das Bild, obgleich es aus dem Augenwinkel wieder ganz klar wirkte.
Wie der Sand kreiste auch die Frau um Hunter, und Leda bildete sich ein, ein leises zischendes Lachen zu hören. Hunter blieb unterdessen regungslos, hielt seine Arme nach oben ausgestreckt und seine Augen geschlossen. Während die ätherische Frauengestalt im Sand wirbelte, bewegte er bloß seine Lippen weiter.
Von der Frau ging etwas Stärkeres als Lebensmagie aus, mehr als die Magie von Leben und Tod. Ja, sie fühlte sich wie eine Göttin an. Allein das, was bei Leda ankam, war erregend und beängstigend zugleich, doch Hunter stand ruhig mittendrin, ein liebevolles Lächeln auf dem Gesicht.
Für einen kurzen Moment wurde der Sandwirbel dichter, so dass er Hunter vollständig verhüllte. Dann jedoch löste sich der Sand von ihm und kam geradewegs auf Leda zugeflogen. Der Geist der Göttin streifte sie, und Leda hörte eine rauhe, zischende Stimme.
»Sei gut zu meinem Sohn!«
Gleich darauf erstarb das Zischen zu einem Wispern, der Sand stob hinauf in die Nacht und verschwand, der Wind legte sich. Nun senkte Hunter die Arme, ließ sein Gesicht aber zum Meer gewandt.
Zögerlich ging Leda zu ihm, weil sie nicht wusste, ob er ihr übelnehmen würde, dass sie gekommen war. Wie atemberaubend schön er im Mondlicht war – nackt, frei von jeder Scham! Ein Halbgott, der nicht an menschliche Regeln gebunden war.
Schließlich wandte er den Kopf und sah sie stumm an. Er schien nicht überrascht, dass sie ihn beobachtet hatte. Der Mondschein küsste seinen Leib, und das Tattoo auf seinem Bauch trat besonders deutlich hervor. Sein Glied hing herab, und als Leda sich daran erinnerte, wie sie Hunter geliebt hatte, klopfte ihr Herz schneller.
»Konntest du nicht schlafen?«, fragte er leise, als sie bei ihm war.
»Ich habe mich gefragt, wo du bist.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, denn die Nachtbrise war kühl. »Was war das? Was hast du gemacht?«
Ein zartes Lächeln huschte über seine Züge. »Ich habe meine Mutter gerufen.«
[home]
Kapitel 8
H unter gefiel es, wie Leda sich alle Mühe gab, nicht auf seinen nackten Körper zu starren. Sie sah ihn gern an, tat aber, als wäre dem nicht so. Das amüsierte ihn.
»Deine Mutter?«, fragte
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