Schatten der Lust
Manche Leute machen gern Partys in Septimus’ Limos, hängen sich halb raus oder wollen während der Fahrt herausspringen. Deshalb muss ich die Türen von vorn kontrollieren können.«
Septimus’ Geduld war sichtlich strapaziert. »Wir haben Hunters Schwert gefunden, sonst nichts.« Er zeigte auf die lange geschwungene Waffe, die er auf einem Tisch abgelegt hatte. »Ich weiß, dass es seines ist, weil es so viel Magie abstrahlt, dass ich es nicht anfassen will.«
Leda trat schweigend an den Tisch. Seit er auf ihre Insel geplumpst war, hatte sie das Schwert nie weiter weg von Hunter gesehen. Nun berührte sie den schwarzen Griff, der von jahrhundertelangem Gebrauch glatt gerieben war.
»Das hätte er nie freiwillig zurückgelassen«, sagte sie.
»Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass er weggegangen ist«, jammerte der Fahrer. »Ich sah auch niemanden bei ihm hinten und schon gar kein Portal.«
»Er spricht die Wahrheit«, bestätigte Septimus trocken. »Das konnte ich an ihm schmecken. Was aber nicht heißt, dass er nicht verzaubert wurde.«
»Können Dämonen das?«, fragte Leda Fulton. »Hereinkommen und Hunter durch ein Portal entführen, ohne dass jemand die Todesmagie sieht, hört oder fühlt?«
Fulton nickte. »Ein sehr mächtiger Dämon, ja.«
Unglücklich strich Leda mit ihrer Fingerspitze über das Schwert. »Dieser Dämon – der, den du Kehksut nennst – muss ihn geholt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hunter einem anderen nicht entkommen konnte.« Sie sah wieder Fulton an. »Wenn du dir die Limousine ansiehst, kannst du dann herausfinden, wohin das Portal führt?«
»Nicht bei einem sehr mächtigen Dämon und nicht nach über einer Stunde. Ich hätte es vielleicht gekonnt, wenn ich dabei gewesen wäre, als er es benutzt hat, aber so nicht.« Fulton verstummte. »Deshalb konnte ich auch nicht sagen, wohin meine Frau gebracht wurde.« Er blickte zu Septimus. »Meine Tochter hat gesagt, dass deine Vampire ihr Haus bewachen.«
»Vorerst«, antwortete Septimus kühl und betrachtete Fulton mit der typischen Abneigung eines Vampirs gegenüber einem Dämon. »Wenn ich allerdings die Wachen aus der Straße abziehen muss, um bei der Suche nach Hunter zu helfen, dann tue ich das.«
»Und dann kommt eine andere Vampir- oder Dämonengang und besetzt sie«, flüsterte Fulton.
»Mag sein. Den Unsterblichen zu finden ist momentan ein bisschen wichtiger.«
»Nicht für mich«, entgegnete Fulton gereizt.
»Oder mich.« Samantha stellte sich demonstrativ neben ihn.
Septimus blieb ungerührt. »Dann dürft ihr zwei Adrian erklären, warum ich nicht jeden verfügbaren Vampir und Menschen einsetze, um seinen Bruder zu suchen. Noch habe ich nichts von Hunters Verschwinden erwähnt, weil ich hoffte, ihn wiederzufinden, bevor Adrian etwas erfahren muss. Aber solltet ihr ihn anrufen und ihm beibringen wollen, wieso ich stattdessen die Dämonenhure suchen soll, dann nur zu!«
»Blutsauger!«, zischte Fulton. »Du redest hier über meine
Frau!
«
Leda fuhr dazwischen. »Hört auf zu streiten! Hört einfach … auf!«
Sie lief an ihnen vorbei aus dem Büro, weil sie die alberne Zankerei zwischen Vampir und Dämon nicht ertrug. Sie verplemperten kostbare Zeit, während Hunter ihre Hilfe brauchte. Natürlich wusste sie, wie Fulton und Samantha sich fühlen mussten, denn sie machte dasselbe durch – jemand, der ihr lieb war, war verschleppt worden, nur die Göttin wusste, wohin, und keiner konnte etwas tun.
Erst hörte sie schwere Schritte hinter sich, dann schob Mukasa seinen breiten Kopf unter ihre Hand. Die drahtige warme Mähne zu berühren hatte etwas Tröstliches.
Hunter ist wie er
, dachte Leda.
Ein wildes Tier, das sich selbst zähmt, um Trost zu spenden.
»Vielleicht kannst du fühlen, wo er ist«, sagte sie zu Mukasa, lachte aber gleich leise auf. »Nur leider würde ich nicht verstehen, was du mir zu sagen versuchst.«
Mukasa blickte sie mit seinen großen goldenen Augen an und knurrte. Es war wie ein Grollen, das sich von seiner Brust über den Fußboden und schließlich den ganzen Club ausbreitete, bis die Stühle auf den Tischen klapperten und die Gläser über der Bar klirrten. Leda rannte zum Hauptausgang, dicht gefolgt von Mukasa. Die anderen eilten ihnen nach.
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Kapitel 15
H unter verstand, warum Tain wahnsinnig geworden war. Sein Körper juckte, während er langsam verheilte, und jede Berührung mit der Mauer hinter ihm schmerzte höllisch. Der Schmerz wollte
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