Schatten der Vergangenheit (German Edition)
Philippe seitlich an, der sich jetzt den Helm aufsetzte.
„Nicht so spät? Wie spät?“ bohrte Alvarez weiter.
„Wir sind ausgeschlafen“, sagte Philippe kurz und stieß Angelo mit dem Ellbogen an.
Beide lachten laut.
„Ach Gott, ihr Zwei!“ rief Alvarez mit gespielter Strenge und entfernte sich.
Angelo seufzte.
„Ich muss noch kurz.“
Er hatte eine nervöse Blase, was schon so manchen Spott hervorgerufen hatte.
Die Musik begann zu spielen und plötzlich war Philippe alleine im Zelt der Ballador. Er zog sich seine Handschuhe an und brachte einen der Knieschützer in die richtige Position. Als er sich wieder aufrichtete, stand vor ihm Noel de Savigny. Der hatte ihm heute wahrlich noch gefehlt!
Noel de Savigny trug eine blaue, verwaschene Jeans - sein Markenzeichen - und ein weißes Hemd, das lose über dem Hosenbund hing. Seine langen, blonden Haare fielen in Locken über seine Schultern und an seinem Handgelenk hatte er einige bunte tibetanische Gebetsketten aus Jade. Er sah müde und angeschlagen aus und hatte kleine Falten um die Augen. Ah, die Scheidung von der schönen Theresa nahm ihn doch ein klein wenig mit, wie gut zu wissen, dachte Philippe.
„Sieh an, Monsieur de Savigny, hast du dich verirrt?“ fragte Philippe und streckte sich.
„Nein, ich wollte zu dir, aber dein Alter stand so lange herum.“
„Der Alte ist mein Vater“, sagte Philippe kurz und machte einen Schritt von Noel weg.
Noel erinnerte ihn zu sehr an die Vergangenheit. Daran konnten auch unzählige Stunden mit einem Psychoanalytiker nichts ändern.
„Wir haben noch eine offene Rechnung“, sagte Noel ruhig.
„Wir sicher nicht. Mit dir habe ich seit Ewigkeiten nichts mehr zu tun, genauso wenig wie Caroline. Verschwinde von hier.“
Er wollte ihn wegschieben, aber hatte nicht mit Noels Stärke gerechnet. Noel hielt ihn am Handgelenk fest, sehr fest, so dass es beinahe weh tat. Philippe versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen, weil er wusste, dass Noel Schmerzen bei anderen mochte. Trotzdem verzerrte er leicht das Gesicht. Verdammt noch mal, es war sein rechtes Handgelenk!
„Ich habe lange genug gewartet. Deine Halbschwester kann zwar die Schulden zahlen, aber mich konnte sie nicht bezahlen. Das kannst nur du!“
„Ich wüsste nicht, dass wir irgendwelche Geschäfte miteinander gemacht haben“, sagte Philippe und überlegte, ob er Noel in die Weichteile treten sollte.
Leider war er mit den steifen Stiefeln und den Knieschützern nicht sehr beweglich. Er wollte sich auch so kurz vor dem Spiel nicht verletzen.
„Doch, wir haben, mein Schöner.“
Noel zog ihn nahe an sich heran. Philippe roch Noels Eau de Toilette. Es war Sandelholz. Er wechselte es nie.
„Lass mich sofort los, Savigny!“ sagte Philippe leise.
Erinnerungen kamen in ihm hoch, aber nicht nur unangenehme. Noel war ein äußerst erotischer Mann mit einer sehr großen Fantasie und viel Erfahrung.
„Oder was?“ flüsterte Noel und berührte mit der Zunge sein Ohr.
Sofort bekam Philippe eine Gänsehaut.
„Erinnere dich nur an den Spaß, den wir hatten“, sagte Noel leise und legte einen Arm um Philippes Taille.
Philippe schloss die Augen. Es war, als würde der Teufel flüstern. Mit Noel war es eine dieser Beziehungen, in der er seine Persönlichkeit aufgab. Davor hatte ihn sein Analytiker immer gewarnt. Noel machte es ihm so leicht. Er übernahm das Denken für ihn und er konnte sich in Schmerz, Leidenschaft und Lust verlieren...
Verlieren - genau, das war das Wort, das Philippe wieder auf den Boden zurückbrachte.
„Nein, Noel, die Zeiten sind entgültig vorbei. Lass mich los!“
Noel lachte höhnisch. Er wusste, dass wenn er ihn nur eine Minute länger in seiner Umarmung gehabt hätte, er Philippe, sein schönstes Spielzeug, wieder zurück gehabt hätte. Philippe würde ihn über den Verlust von Theresa hinweghelfen. Er brauchte keine Frau, jedenfalls keine bestimmte. Oh nein, er war unabhängig, reich und gutaussehend... Er konnte haben, was er wollte und er wollte jetzt Philippe.
„Und was willst du tun, wenn ich dich festhalte?“
„Dann bekommst du von mir einen mit dem Mallet auf den Kopf!“ antwortete Lily, die bereits einen von Philippes Schlägern in der Hand hatte.
Noel ließ Philippe los. So verrückt war er nun auch wieder nicht, dass er einen dieser harten Schläger an den
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