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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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sind wir außer Hörweite, sagt er grinsend zu uns: »Sie will, dass ich für immer an Land bleibe. Aber das kann sie vergessen. So viel Zeit mit ihr zu verbringen würde ich gar nicht aushalten.«
    Wir müssen lachen, und eine der Wachen, die das Hafengelände abriegeln, blickt uns fragend an. An mehreren Kontrollstellen muss Diego seinen Ausweis zeigen, und mir wird klar, dass es ziemlich schwierig geworden wäre, sich hier einzuschleichen und als blinde Passagiere an Bord zu gehen.
    Andy wirkt irgendwie enttäuscht, als er sich auf den kahlen Betonrampen der Kais umschaut. »Ziemlich übersichtlich«, flüstert er mir in Deutsch zu und ich wispere zurück: »Was genau hast du erwartet?«
    »Na ja, so was wie in Hamburg, endlose Kais, Containerstapel und riesige Frachter, Entladekräne und so was.«
    »Ein halbes Dutzend Schiffe reicht doch. Hauptsache, eins davon nimmt uns mit.«
    »Was ist, wenn sie auf die Idee kommen, die Abfahrtszeiten der Schiffe zu checken? Dann sehen sie, dass nur eins davon nach Europa …«
    »Andy …«
    »Ja?«
    »Ich glaube, du schiebst gerade ein bisschen Paranoia.«
    »Das ist kein Verfolgungswahn. Wir werden wirklich verfolgt. Und dann muss man alle Aspekte bedenken.«
    »Okay, du hast recht. Aber was ist die Alternative? Hierbleiben? Ich will jetzt endlich zurück nach Deutschland.«
    Diego zeigt auf ein Schiff, dessen Deck aussieht, als sei es mit bunten Kinderbauklötzen vollgestapelt. »Das ist die Columbo Dragonfly «, erklärt er stolz. »Sie trägt nur sechstausend Container, aber dafür hat sie ein computergesteuertes Skysail, das mithilft, Sprit zu sparen, und sie lässt sich mit nur sechs Mann Besatzung fahren. Kommt, ich stelle euch dem Kapitän vor.«
    Mit Seilen, die fast so dick sind wie mein Arm, ist die Columbo Dragonfly an Land festgemacht. »Abstand halten«, befiehlt Diego, »wenn so ein Tau reißt, kann’s dich köpfen.« Wir gehen an der glatten, schwarz gestrichenen Bordwand entlang, die hoch über uns aufragt. Schließlich kommen wir zu einer schmalen Metalltreppe, die vom Schiff aus heruntergeklappt werden kann. Diego stößt einen Ruf aus und von oben späht ein Mann im Arbeitsoverall und mit Sicherheitshelm auf uns herab. »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, Diego«, ruft er anstelle einer Begrüßung, aber immerhin dürfen wir über die Leiter an Bord.
    »Ach, pana , das wird schon funktionieren.« Diego schlägt seinem Kollegen freundschaftlich auf die Schulter. »Wir gehen kurz zu Barreto.«
    »Der hat jetzt garantiert keine Zeit, das Beladen ist noch voll im Gange.«
    »Eine Minute wird er schon Zeit haben, mehr brauchen wir nicht.«
    »Hast du ihm wenigstens vorher Bescheid gesagt?«
    »Ach wo. Ich weiß, dass noch eine Kabine frei ist. Warum sollte er Nein sagen?« Diegos Katzenaugen funkeln vergnügt.
    Allmählich wird mir ein wenig unwohl zumute. Schon in einer Stunde soll das Schiff auslaufen, und der Kapitän weiß noch nicht einmal, dass wir mitfahren wollen. Auch Andy sieht jetzt etwas besorgt aus.
    An Bord riecht es nach frischer Farbe und Diesel. Über endlose Metallstufen stapfen wir ein Stockwerk nach dem anderen hoch bis zur Brücke, dem Kommandostand des Schiffes. Durch die großen Fenster hat man einen grandiosen Rundumblick über die Hafenanlagen. Zwei Männer in weißen Uniformhemden und schwarzen Hosen arbeiten an den Kontrollpulten, die eine ganze Seite des Raumes einnehmen. Als wir reinkommen, dreht einer der beiden – der mit den vier goldenen Streifen auf den Schultern – sich um. »Wieso sind Sie noch an Bord, Zampato?«, knurrt er.
    »Ich war schon mal daheim und bin noch mal wiedergekommen«, erwidert Diego fröhlich. »Es handelt sich nämlich um Folgendes …«
    »Später, später, ich habe gerade die Reederei in der Leitung!«
    Wir ziehen uns zum Eingang der Brücke zurück und beobachten das hektische Gewusel. Schließlich sagt der zweite Mann im Vorbeigehen zu uns: »Sie sollten jetzt allmählich von Bord gehen, wir legen demnächst ab.«
    »Wir wollen gar nicht von Bord«, erwidere ich freundlich und jetzt endlich haben wir einen Moment lang die Aufmerksamkeit des Kapitäns. Sofort beginnt Diego, respektvoll auf ihn einzureden und ihm die Sachlage zu erklären. Oder eher eine desinfizierte, frisch polierte und stark umgestrickte Variante davon. Verblüfft höre ich, dass wir zwei brillante junge Forscher seien, die in Caracas ausgeraubt und von unserer Botschaft im Stich gelassen wurden und jetzt dringend

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