Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
Da die Hütte ihn nicht abgewiesen hatte, und er nicht das Bedürfnis empfand, wieder zu gehen, nahm er an, dass der Kreis zur letzteren Art gehörte - was bedeutete, dass sich unter dem Boden noch mehr tote Geschöpfe befanden. Er holte tief Luft, aber vielleicht war auch allein das tote Tier, das er schon gesehen hatte, für den Gestank nach Tod verantwortlich - und nichts verweste unter dem Boden. Das Tier, das sie getötet hatte, um ihren Kreis zu ziehen, war entweder schon lange tot - in der Kälte erfroren - oder sie verfügte über einen Bann, der Aasfresser vertrieb. Zu verändern, was die Sinne anderer wahrnahmen, gehörte zu den wichtigsten Fähigkeiten einer Hexe.
Sein Vater hatte ihm gesagt, dass Charles vielleicht ein Hexer hätte werden können, wenn er sich entschieden hätte, diese Kunst zu erlernen. Bran hatte ihn nicht gedrängt, das zu tun, aber er hatte ihn auch nicht entmutigt; ein Hexer in seinem Rudel hätte ihm sogar noch mehr Macht gegeben. Aber die subtilere Magie des Volks seiner Mutter hatte Charles besser gefallen, und er hatte den Weg, den er eingeschlagen hatte, nie weniger bereut als jetzt, als er inmitten dieser armseligen Hütte stand, die vom Bösen besudelt war.
Der Geruch am Schlafsack auf der Pritsche war frisch genug, um den Schluss nahezulegen, die Hexe müsse hier in der Nacht zuvor geschlafen haben. Auf dem Tisch befanden sich die Überreste einer dicken schwarzen Kerze, die mehr nach Blut roch als nach Wachs, und ein Mörser mit Asche am Boden - die Überreste von Annas Haar, dachte er. Etwas Persönliches, das der Hexe Zutritt zu Annas Träumen gewährt hatte.
»Was ist das?«, fragte Anna leise vor der Tür. Ihre Anwesenheit bewirkte sofort, dass es ihm besser ging, als hätte sie irgendwie das Böse gedämpft, das in Holz und Ziegel gesickert war.
Eines Tages würde er ihr das sagen, nur um den verstörten Unglauben in ihrem Blick zu sehen; er kannte sie langsam gut genug, um diese Reaktion vorhersagen zu können. Das freute ihn.
Er folgte ihrem Blick zu dem ausgeweideten und gehäuteten Kadaver, der vor der Feuerstelle lag.
»Ein Waschbär, glaube ich. Jedenfalls riecht er wie einer.«
Er roch auch nach Schmerz und hatte Klauenspuren auf dem Boden hinterlassen, wahrscheinlich nachdem er angenagelt worden war. Er sah nicht ein, wieso er Anna sagen sollte, dass er wahrscheinlich noch nicht tot gewesen war, als die Hexe ihn verstümmelte.
»Was wollte sie machen?« Sie blieb in der Tür stehen, und Walter stand hinter ihr. Keiner von ihnen versuchte hereinzukommen.
Er zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht sollte es den Bann stärken, mit dem sie dich letzte Nacht belegt hat. Eine dunkle Hexe erlangt ihre Macht aus dem Leiden und den Schmerzen von anderen.«
Anna sah aus, als müsste sie sich gleich übergeben. »Es gibt also schlimmere Ungeheuer als Werwölfe, ja?«
»Allerdings«, stimmte er zu. »Nicht alle Hexen benutzen solche Dinge, aber es ist schwer, ein guter Hexer zu sein.«
Auf dem Boden neben dem Waschbären stand eine Schale für das zweite Gesicht, noch voller Wasser. Es war hier in der Hütte nicht viel wärmer als draußen; wenn die Schale länger hier gestanden hätte, wäre das Wasser zu Eis geworden. Die Hexe hatte die Hütte erst vor kurzer Zeit verlassen.
Es widerstrebte ihm, aber er berührte das tote Tier, um zu sehen, vor wie langer Zeit sie es so gequält hatte. Sein Fleisch war immer noch...
Das Tier bewegte sich schwach, und Charles hatte sein Messer gezogen und die Kehle der Kreatur durchgeschnitten, ehe er noch groß nachdenken konnte. Ihm war übel bei dem Wissen, dass sie noch am Leben gewesen war. Nichts sollte imstande sein, die Folter zu überleben, die es durchgemacht hatte. Er betrachtete die Dielen nachdenklich. Vielleicht bestand der Grund dafür, dass es hier nicht nach Verwesung roch, in dem, was sie dort drunten getan hatte, um ihren Machtkreis zu verankern, und dieser Grund war ebenfalls nicht tot.
Walter knurrte, und Charles konnte ihm nur beipflichten.
»Sie hat ihn am Leben gelassen«, flüsterte Anna.
»Ja. Und sie wird jetzt wahrscheinlich wissen, dass wir ihn getötet haben.« Charles säuberte sein Messer an dem Schlafsack, dann steckte er es wieder ein.
»Was machen wir jetzt?«
»Wir verbrennen die Hütte«, sagte Charles. »Ein großer
Teil der Hexerei besteht aus Tränken und Bannsprüchen. Ihren Ort der Macht zu verbrennen wird der Hexe ein wenig schaden.« Und das arme Ding oder die
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