Schatten ueber Broughton House
Sie straffte die Schultern und begegnete Theos Blick unerschrocken. „Was geschah dann?“
„Nach Eberharts Tod wollten uns immer weniger der einheimischen Führer weiter in das Landesinnere folgen. Sie waren voll ängstlichen Aberglaubens und meinten, die alten Götter würden sich an allen rächen, die es wagten, ihren Frieden zu stören. Sie machten auch Andeutungen von einem verfluchten Schatz. Wir kannten alle die Geschichten über das Gold, welches Pizarro von den Inka verlangt hatte ..." Er unterbrach sich und fragte: „Sie wissen sicher Bescheid über die Eroberung des Inka-Reiches durch die Spanier? Sie entführten den Herrscher und verlangten viel Gold als Lösegeld.“
„Ja, ich weiß“, erwiderte Megan.
„Gut. Es gab viele Legenden, dass einige Inka ihr Gold nicht den Spanier gaben, sondern es in den Bergen versteckten, wo es seitdem durch einen Fluch der Götter geschützt sicher verborgen lag - sehr verlockend für ein paar abenteuerlustige junge Männer. Natürlich hofften wir, den Schatz zu finden. Die einheimischen Führer befürchteten das ebenfalls, und einige von ihnen machten sich heimlich in der Nacht davon - mit einem Teil unserer Vorräte. Uns wurde klar, dass wir bald ganz auf uns allein gestellt sein könnten und uns wegen der schwindenden Vorräte auf keinen Fall verirren durften. Vor uns lag weites, unerschlossenes Gebiet, und so beschlossen wir, einen systematischen Plan für unsere Suche aufzustellen.“
Theo verstummte und ließ sich seufzend wieder in seinen Sessel sinken. Er stützte die Ellbogen auf die Knie und fuhr sich mit den Händen durch sein dichtes Haar. „Gütiger Himmel. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie oft ich mir seitdem schon gewünscht habe, dass wir damals einfach umgekehrt wären.“ Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, ließ sie dann in seinen Schoß sinken und sah Megan an.
„Aber wir sind nicht umgekehrt. Wir haben ein Feldlager aufgeschlagen, und einer von uns blieb immer mit den verbliebenen Einheimischen unten und passte auf unsere Vorräte auf, während die anderen drei das Gelände erkundeten. Wir wechselten uns ab. Beim letzten Mal blieb Barchester unten im Lager. Julian, Dennis und ich waren gerade zwei Tage unterwegs, als ich anfing, mich krank zu fühlen. Wahrscheinlich hatte ich mir dasselbe Fieber eingefangen, an dem Eberhart gestorben war. Wir zogen weiter, doch ich wurde immer schwächer. Dann begann es auch noch zu regnen, und wir suchten Zuflucht in einer Höhle, die auf halber Strecke am Berg lag.“
Theo stand auf und ging unruhig auf und ab. „Dort ist Dennis gestorben. Barchester war also gar nicht dabei.“
„Wie ist er gestorben?“, fragte Megan leise und ließ Theo nicht aus den Augen.
„Er ist abgestürzt. Die Höhlen verzweigen sich weit in den Berg hinein, und bei seinen Erkundungen ist er in die Tiefe gestürzt.“
Megan wurde das Herz schwer, und abermals stiegen Tränen in ihr auf. „Sie lügen.“
Sie stand gleichfalls auf und ging zu Theo hinüber. Er sah sie an, und ihr blieb nicht verborgen, wie viel Kummer und Schmerz nun in seinen Augen war.
„Ich kann es Ihnen vom Gesicht ablesen“, meinte sie und war sich kaum bewusst, dass ihre Augen sich mit Tränen füllten, während sie sprach. „Ich kann es daran erkennen, wie Sie vor mir stehen, wie Sie Ihren Kopf neigen, wenn Sie mich ansehen. Oh Theo, Sie sind ein furchtbar schlechter Lügner!“
„Megan, ich schwöre Ihnen, dass ich Dennis nicht umgebracht habe“, erwiderte er und schaute ihr in die Augen.
So, wie sie sich vorhin sicher gewesen war, dass er log, spürte sie nun tief in sich, dass er die Wahrheit sagte. „Dann sagen Sie mir, wie mein Bruder gestorben ist.“
Einen Augenblick lang sah Theo sie schweigend an und wandte sich dann mit einem leisen Fluch von ihr ab. „Ich habe geschworen, es niemals zu verraten.“
Sein Blick schien in weite Ferne gerichtet zu sein, aber schließlich drehte er sich seufzend wieder zu Megan um. „Doch ich ahne, dass Sie sich nur mit der Wahrheit zufrieden geben werden - und vielleicht kommt es nach so langer Zeit nun auch nicht mehr darauf an.“
Er kam zurück zu ihr, nahm sie bei den Händen und führte sie zu dem kleinen Sofa hinüber. Nachdem sie sich gesetzt hatten, ihre Hände noch immer in den seinen, sah Theo ihr tief in die Augen und begann: „Wir hatten uns mit unseren Laternen auf den Weg in das Innere der Höhle gemacht, von wo aus sich verzweigte Gänge und kleinere Höhlen
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