Schatten ueber Broughton House
überreden. „Eine Runde Karten. Oder vielleicht lässt Anna sich ja erweichen, uns etwas auf dem Klavier vorzuspielen. Und Mutter beschäftigt sich gerade mit den pädagogischen Konzepten von Bronson Alcott und würde sich gewiss gerne mit Ihnen darüber unterhalten.“
Als er das sagte, funkelten seine Augen, und Megan wusste, dass er nur auf einen Fehler von ihr wartete.
„Ach ja“, sagte sie, hob das Kinn und sah ihn herausfordernd an. Dem Himmel sei dank für jenen Artikel, den sie einst über das fortschrittliche College in New England geschrieben hatte! „Die Konversationsmethode - in der Tat recht interessant.“ „Gewiss sehr entspannend für Miss Henderson“, rief Reed seinen Bruder zur Ordnung. „Nachdem sie den ganzen Tag damit verbracht hat, die Zwillinge zu unterrichten, wüsste sie ein paar Stunden ohne Morelands sicher zu schätzen.“
„Natürlich“, pflichtete Theo ihm bei. „Entschuldigen Sie bitte, Miss Henderson. Bestimmt sind Sie gestern lange aufgeblieben, um noch den Unterricht vorzubereiten.“
Megan warf ihm einen pfeilscharfen, tödlichen Blick zu, als er auf ihre nächtlichen Aktivitäten anspielte. Nur gut, dass sonst niemand etwas davon ahnte!
„Ganz genau“, entgegnete sie höflich. „Und morgen haben wir einen langen Tag vor uns.“ Sie wandte sich an den Duke: „Wenn Sie nichts dagegen haben, Sir, würde ich mit den Zwillingen nämlich gern eine kleine Exkursion machen.“
Die Idee war ihr just in diesem Augenblick gekommen, doch sie schien ihr brillant. Sie konnte es kaum erwarten, endlich mal wieder aus dem Haus kommen. Da sie es gewohnt war, viel unterwegs zu sein und für ihre Artikel zu recherchieren, begann Broughton House - so weitläufig und elegant es auch war -, sie langsam einzuengen. Außerdem wollte sie sich mit Julian Coffey unterhalten, jenem Engländer, der mit Barchester, Theo und ihrem Bruder auf der Expedition gewesen war. Mit einem Besuch des Museums, in dem er Kurator war, wäre beiden Anliegen gedient - sie konnte es sogar als lehrreichen Ausflug für ihre beiden Schüler ausgeben.
„Eine Exkursion?“, wiederholte der Duke. „Das klingt ja interessant.“
„In der Tat“, befand auch Theo und musterte Megan aufmerksam. „Wohin wollen Sie denn mit Con und Alex?“
„In ein Museum“, erwiderte Megan knapp.
„Ein Museum?“ Broughton lächelte erfreut. „Das klingt sehr vergnüglich. Den Zwillingen wird es sicher gefallen.“ Er zögerte kurz und meinte dann mit besorgter Miene: „Hmm ... trauen Sie sich das denn zu? Die Zwillinge ... nun ja, Sie wissen schon ..."
„Sei unbesorgt, Vater“, unterbrach Theo ihn liebenswürdig. „Ich biete mich freiwillig als Begleitung an und werde ein Auge auf Con und Alex haben.“
Der Duke war sichtlich erleichtert. „Das ist eine sehr gute Idee.“ Er strahlte Megan an. „Dann dürften Sie keine Schwierigkeiten zu erwarten haben. “
„Danke, Euer Gnaden“, erwiderte Megan mit einem freundlichen Lächeln und richtete dann ihren eisigsten Blick auf Theo, als sie fortfuhr: „Das ist wahrlich nicht nötig. Die Zwillinge und ich kommen schon allein zurecht.“
„Aber nein, ich bestehe darauf“, entgegnete Theo charmant, doch unerbittlich. Seine Miene war unergründlich, als er hinzufügte: „Miss Henderson.“
Megans Lächeln gefror. „Nein, ich bitte Sie, Lord Raine, machen Sie sich keine Umstände. Ich bin durchaus in der Lage, mich in einer fremden Stadt allein zurechtzufinden.“
„Daran zweifle ich nicht. Aber mit meiner Ehre als Gentleman kann ich das nicht vereinbaren. Wir werden die Kutsche nehmen.“
„Con, Alex und ich können die Kutsche nehmen, ohne dass Sie uns begleiten. Bemühen Sie sich bitte nicht unnötig.“
Die anderen drei beobachteten Theo und Megan interessiert und lauschten belustigt ihrem höflichen Schlagabtausch.
„Aber, aber, Miss Henderson“, meinte der Duke schließlich, tätschelte ihr den Arm und lächelte gutmütig. „Sie sollten Theo gestatten, Sie zu begleiten. Es braucht nämlich mindestens zwei Leute, um Constantine und Alexander im Zaum zu halten.“ „Gewiss.“ Megan biss die Zähne zusammen und fügte sich mit so viel Anstand, wie sie aufbringen konnte. Sie konnte sich schlecht den Anweisungen ihres Dienstherrn widersetzen, selbst dann nicht, wenn sie so liebenswürdig vorgebracht wurden wie die des Dukes. „Ich danke Ihnen.“
Der Blick, mit dem sie Theo bedachte, war jedoch alles andere als dankbar. „Wir werden zeitig
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