Schatten ueber Broughton House
Ball, und nicht um eine Exkursion in ein Museum. Es werden nur geladene Gäste erwartet.“
„Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich hatte geglaubt, wir seien alle geladen. Oder galt die Einladung nur Theo?“
„Nein, natürlich nicht.“ Lady Scarle errötete. „Sie sind ebenfalls eingeladen, und natürlich der Duke und die Duchess. Gewiss haben Sie alle eine Einladung erhalten.“
„Aber wenn die ganze Familie kommt, wird Megan uns begleiten. Sie gehört doch zur Familie, nicht wahr, Mutter?“
„Sicher, meine Liebe.“ Die Duchess bedachte ihre Tochter mit einem liebenswürdigen Lächeln. „Der Duke und ich würden uns freuen, wenn Miss Henderson uns begleitet.“
Lady Scarle sah recht bekümmert drein, als sie sagte: „Gewiss. Wenn Miss Henderson Sie begleitet, ist sie natürlich auch willkommen.“
Sie würdigte Megan jedoch keines Blickes, und als Reed und Theo sich kurz darauf entschuldigten und den Salon verließen, verabschiedete sich auch Lady Scarle.
Zunächst herrschte eine Weile Schweigen im Salon. Dann wechselten Kyria und Thisbe einen kurzen Blick und beide begannen leise zu lachen.
„Kyria, du hinterhältiges Geschöpf“, meinte die Duchess. „Lady Scarle hat ein Gesicht gemacht, als hätte sie eine Wespe verschluckt“, stellte Olivia fest.
„Ich finde sie unerträglich“, verkündete Kyria. „Sie stellt Theo auf so offensichtliche Weise nach. Merkt sie denn gar nicht, dass er kein Interesse hat?“
„Lady Scarle bemerkt außer sich selbst sehr wenig“, befand Thisbe. „Wahrscheinlich kann sie sich gar nicht vorstellen, es könne einen Mann geben, der nicht an ihr interessiert ist. Als sie ihr Debüt hatte, konnte sie sich vor Verehrern ja kaum retten.“ „Ja, und hat dann den ältesten und reichsten von ihnen geheiratet“, fügte Kyria trocken hinzu. „Jetzt, wo sie ihn wieder los ist, hofft sie darauf, Duchess zu werden.“
„Sie ist sehr schön“, bemerkte Anna.
„Hmm.“ Kyria hob die Augenbrauen. „Aber mochtest du sie?“
Anna lachte. „Nein, ganz und gar nicht. Und auf gar keinen Fall würde ich sie für Theo auswählen.“
„Nein, gewiss nicht“, pflichtete Olivia ihr mit sanfter Stimme bei. „Nur vielleicht hättest du Miss Henderson zunächst fragen sollen, Kyria.“
„Entschuldigen Sie.“ Kyria wandte sich reumütig an Megan. „Ich wollte nicht unhöflich sein. Manchmal lasse ich mich einfach von einem plötzlichen Impuls mitreißen.“
„Aber ... Sie meinten doch nicht ernstlich, dass ich Sie begleiten solle?“, fragte Megan verwirrt. „Ich nahm an, dass Sie das nur sagten, um Lady Scarle einen Dämpfer zu verpassen.“ Sogleich wurde Megan sich bewusst, dass dies keineswegs Worte waren, die eine Bedienstete gegenüber einer Dame äußern durfte, und erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund. „Entschuldigen Sie. Das hätte ich nicht sagen sollen.“ Kyria lachte, und die anderen fielen in das Gelächter ein. „Entschuldigen Sie sich nicht. Sie haben ja recht - ich wollte ihr in der Tat einen Dämpfer verpassen. Aber dennoch möchte ich, dass Sie uns begleiten. Sagen Sie bitte Ja. Es wird bestimmt schön. Lady Cavendish ist schon recht alt, hat aber immer noch Stil, und ihre Feste sind stets vergnüglich. Es wird Ihnen gefallen.“ Verwundert musste Megan sich eingestehen, dass sie tatsächlich gerne gehen würde. Eigentlich hatte sie die Reichen nie um ihre prächtigen Empfänge und eleganten Bälle beneidet, doch wenn sie sich nun vorstellte, in einem langen Abendkleid hinaus auf die Tanzfläche zu schweben, verspürte sie eine sehnsüchtige Vorfreude. Warum es ausgerechnet Theo Moreland war, in dessen Armen sie sich tanzen sah, darüber wollte sie lieber nicht nachdenken.
Sie seufzte still, als sie diesen Traum beiseite schob. „Es tut mir leid. Ich würde sehr gerne mitkommen, aber ich habe für einen Ball nichts anzuziehen.“
„Oh, da machen Sie sich mal keine Sorgen“, winkte Kyria ab. „Wir finden schon etwas für Sie. Meine Zofe könnte eines meiner Kleider abändern - sie vollbringt mit Nadel und Faden wahre Wunderwerke.“
„Nein, besser eines von mir“, wandte Olivia ein. „Wir sind fast gleich groß.“
„Wir auch“, meinte Anna und lächelte Megan an. „Und ich habe mir gerade erst viele neue Kleider für die Saison in London gekauft. Sie dürfen gerne eines davon tragen.“
„Sehen Sie?“, rief Kyria triumphierend. „Gewiss finden wir etwas Schönes für Sie.“ Sie neigte den Kopf zur Seite und
Weitere Kostenlose Bücher