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Schatten über Oxford

Titel: Schatten über Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Predigt anhören müssen.
    »Sie wohnen dort nur vorübergehend?«, hakte Elspeth nach. »Ich dachte, dass die Beziehung zwischen Ihnen und George Dolby auf längere Dauer geplant wäre.«
    Klar, dass einer Pfarrerin der Gemeindeklatsch längst zu Ohren gekommen war! Und ebenfalls klar, dass eine Pfarrerin Kates mangelhafte Bindungsfähigkeit erkannte, ehe sie selbst es bemerkte.
    »Selbstverständlich fühlen wir uns sehr verbunden.« Kate versuchte zu retten, was zu retten war. »Zumindest glaube ich das. Ich muss noch darüber nachdenken.« Elspeth wartete mit erhobenen Augenbrauen auf weitere Äußerungen. »Aber zurück zum Krieg«, wich Kate der stummen Frage aus. »Ich denke, ich sollte mich kundig machen, was genau in unserer Gegend damals vor sich gegangen ist.«
    »Dann wollen Sie Ihren Roman also in Headington ansiedeln?« Elspeth nippte an ihrem Tee. Als sie ihren Becher absetzte, sah Kate, dass ein Bogen scharlachfarbenen Lippenstifts wie eine winzige Scheibe Wassermelone an ihm haften geblieben war.
    »Schon möglich. Oder in Oxford. Vielleicht auch irgendwo in der Umgebung.« Oder auch in der Cavendish Road, wenn sie es nicht übers Herz brachte, sich weiter als bis vor die Haustür hinauszuwagen. Interessierte sie sich deshalb so sehr für Christopher Barnes? Dem Gräberverzeichnis war zu entnehmen, dass der Junge hier gelebt hatte und hier gestorben war. Aber was für eine Story würde daraus werden? Jetzt schon konnte sie Estelles scharfe Stimme hören, die die ganze Idee abtat, ehe sie überhaupt damit begonnen hatte.
    »Wie fangen Sie Recherchen über ein derart weitläufiges Thema an?«
    »Zunächst nehme ich mir einige allgemeine Bücher über die entsprechende Zeit vor und lese sie. Anschließend gehe ich zum Centre for Oxfordshire Studies und finde heraus, was es dort an Material gibt. Die archivierten Zeitungen stellen häufig eine gute Informationsquelle dar. Immerhin weiß ich jetzt wann Christopher gestorben ist. Mal sehen, ob es irgendwelche Berichte darüber gibt.«
    »Das Datum bezieht sich auf seine Beerdigung«, präzisierte Elspeth. »Gestorben ist er vermutlich etwa eine Woche früher.«
    »Gut, dass Sie das sagen. Ich fange also einen Monat früher an und arbeite mich dann langsam vorwärts.«
    »Außerdem gibt es immer noch viele Menschen, die sich an den Krieg erinnern. Wenn Christopher überlebt hätte, wäre er heute etwa fünf- oder Sechsundsechzig. Man müsste also noch einige Zeitgenossen auftreiben können.«
    »Wüssten Sie vielleicht jemanden?«, fragte Kate, die sich eine solche Gelegenheit nicht durch die Lappen gehen lassen wollte.
    »Sie könnten es bei der alten Mrs Watts probieren. Sie lebt in einer der betreuten Wohnungen in Oswald Court. Wenn ich sie besuche, erzählt sie immer gern von den alten Zeiten und den Leuten, die früher hier gelebt haben. Allerdings muss ich zugeben, dass sie dabei nicht immer freundlich urteilt. Trotzdem: Sie hat ihr gesamtes Leben hier verbracht. An einem ihrer guten Tage könnte sie durchaus hilfreich sein.«
    Vielleicht hätte sich Kate erkundigen sollen, wie sie an einem weniger guten Tag reagierte, doch sie notierte die Adresse in dem Notizbuch, das sie immer bei sich trug.
    »Vielen Dank. Fällt Ihnen vielleicht noch etwas ein?«
    »Mrs Watts spricht gern von den Evakuierten.«
    »Bestimmt meint sie Leute, die aufs Land verschickt wurden«, sagte Kate, stolz auf ihr Wissen.
    »Wahrscheinlich.«
    »Davon hat es sicher einige gegeben, weil hier kaum Bomben fielen.«
    »Glauben Sie, dass Christopher vielleicht evakuiert worden war?«
    »Könnte schon sein. Ob Mrs Watts sich wohl auch an ein paar Piloten und weibliche Soldaten erinnert?«, fragte Kate hoffnungsvoll. »Ich weiß nämlich nicht, ob meine Agentin sich mit einer Geschichte über Kinder und Mütter mit kleinen Babys zufriedengibt. Sie hat einen Hang zur Romantik.«
    »Ich war immer der Meinung, bei Agenten handele es sich um nüchterne Menschen, denen lediglich an ihren zehn Prozent Provision gelegen ist.«
    »Estelle ist mit Sicherheit recht nüchtern. Und was die Romantik angeht, so braucht sie sie nicht für sich selbst, sondern allenfalls als Verkaufsargument.«
    »Könnte schon sein, dass Violet Watts ein paar romantische Geschichten auf Lager hat«, sagte Elspeth, schien sich allerdings nicht ganz sicher zu sein. »Jedenfalls wird sie Ihnen sicher liebend gern alles erzählen, was sie weiß. Mich kostet es manchmal fast eine Stunde, ehe ich ihr entkommen

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