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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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flüsterte Torben, dann schüttelte er in letzter Sekunde seine Erstarrung ab und warf sich hinter der Reling in Deckung.
    Einen Lidschlag später surrte es über ihm, in das Geräusch von splitterndem Holz mischten sich die Schreie seiner Männer.
    Der Kapitän behielt den Kopf unten und lauschte, wann das tödliche Schwirren endlich aufhörte, aber alle paar Sekunden erfüllte neuerliches, unheilvolles Rauschen die Luft.
    Die Schreie, anfangs laut und durchdringend, hörten nach der vierten Salve auf.
    Mit einem dumpfen Krachen durchschlug ein letzter Speer die Reling, hinter der Torben lag, und bohrte sich einen fingerbreit vom Kopf des Schiffsführers entfernt durch das Holz.
    Dann herrschte Grabesstille, nur das Knarren der Schiffe, die sacht in den Wellen dümpelten, war zu hören.
    »Jemand an Bord?«, kam es spöttisch von der Fröhlicher Gruß. »Ich würde gerne mit dem Kapitän des Kahns hier reden. Lebt er noch?«
    Der Pirat überlegte eine Weile, ob er sich tot stellen sollte, aber die Aussicht zwischen Leichen, Raubfischen und Ungeheuern im Meer zu treiben, war auch nicht besonders angenehm.
    »Aye«, rief Torben endlich, der mit Schaudern seinen Maat betrachtete. Ein Speer hatte Krenzen die Brust durchbohrt und an den Großmast genagelt. Einige seiner Männer waren gruppenweise durch die unterarmdicken Schleudergeschosse zusammengesteckt worden und erinnerten den Rogogarder unpassenderweise an Brathühner auf einem Spieß. »Was gibt’s?«
    »Ihr könnt herauskommen, wir schonen Euer Leben. Immerhin seid Ihr ja der Anführer. Aber wenn Ihr Euch zu viel Zeit lasst, überlege ich es mir noch mal anders.«
    Torben erhob sich vorsichtig und streckte den Kopf über die Reling.
    Die Bolzen, die er gesehen hatten, hielten dicke Eisenringe auf der Innenseite der Bordwand, an denen wiederum Ketten befestigt waren, die die zugbrückenähliche Klappkonstruktion in einem Neunzig-Grad-Winkel zum Schiffsrumpf arretierte. Unter Deck standen dicht an dicht die Speer- und Pfeilschleudern, die freies Schussfeld erhalten hatten, als die Wand abgesenkt worden war.
    Auf Deck gingen nun vierzig Bewaffnete in Position, die Hälfte davon hielt zu allem Überfluss noch Armbrüste in der Hand.
    Ein Mann in palestanischer Offiziersuniform, auffälliges Rot mit Schwarz und gelben Stickereien, zog seinen Federhut und grüßte höfisch.
    »Ich bin Commodore Erno DeRagni, Befehlshaber dieses schönen Schiffes. Mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Kapitän Torben Rudgass, Rogogardische Flotte«, antwortete der Pirat und beobachtete die Szene mit Misstrauen. Insgeheim rechnete er damit, gleich von einem Bolzen getroffen zu werden. »Was geschieht nun mit mir?«
    »Rogogardische Flotte?« DeRagni brach in Hohn triefendes Gelächter aus. »Ein Spaßmacher, selbst im Angesicht der Niederlage, nicht wahr? Wir holen Euch an Bord und legen Euch in Ketten. Dann fahren wir den nächsten tarpolischen Hafen an und arrangieren mit dem dortigen Richter eine schnelle Verhandlung. Immerhin seid Ihr in tarpolischen Gewässern, und Eure Verurteilung soll doch mit rechten Dingen zugehen. Oh, der Prozess ist leider ein Privileg, das Euren Männer nicht gestattet wird.«
    Der Offizier nickte seiner Entermannschaft zu, die die Grazie mit Hilfe von Bootshaken heranzog, breite Planken auslegte und das blutgetränkte Deck des rogogardischen Schiffes betrat.
    Die Soldaten gingen schnell vor. Die Handgriffe saßen, jeder nur verwundete Pirat erhielt von den Palestanern den Gnadenstoß, die Toten wurden achtlos in die Ladeluke geworfen.
    Torben wandte sich nicht ab, als er seine verletzten Männer der Reihe nach sterben sah. Ihre Tode empfand er schlimmer als den Gedanken an sein eigenes Ende, und die unbändige Wut über seine eigene Dummheit, der palestanischen Falle auf den Leim gegangen zu sein, fraß sich tief in ihn hinein.
    »Ich habe noch einen Passagier dabei«, sagte der Rogogarder resigniert, dem zwei Soldaten in der Zwischenzeit die Hände auf den Rücken gebunden hatten. »Er hat mit der Sache nichts zu tun. Lasst ihn in Ruhe.«
    Commodore DeRagni, kaum älter als Torben, kam elegant über das Brett gesprungen und blickte sich an Deck des Piratenschiffs um. »Wer ist denn so verzweifelt, dass er freiwillig eine Überfahrt mit Halsabschneidern riskiert?« Mit dem rechten Fuß rollte er einen Liegenden auf den Rücken, der bei der Berührung leise aufstöhnte und sich am Knöchel des Offiziers festklammerte.
    Mit einer schnellen Bewegung zog

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