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Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen

Titel: Schattenbluete - Band 1 - Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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meine. «Ich muss zurück, Luisa», sagt er. «Sie warten auf mich.»
    Es ist seltsam, mit Thursen durch den Wald zu laufen, mitten in der Nacht. So dunkel ist es, das Mondlicht wird von den Baumwipfeln verschluckt. Es raschelt und huscht rings um mich im Laub, und ich kann nicht einmal meine eigenen Füße sehen. Trotzdem brauche ich meine Taschenlampe nicht. Ich habe Thursen. Thursen, der mich an der Hand durch die Finsternis führt.
    Eine Weile gehen wir schweigend. Dann traue ich mich endlich zu fragen, was ich schon seit Stunden wissen will.
    «Habt ihr das schon öfter gemacht? Menschen angegriffen?» Ich wundere mich über meinen Mut. Hoffe, dass ich die Antwort ertragen kann.
    «Ja.»
    Eigentlich hatte ich das doch erwartet. Warum erschrecke ich trotzdem?
    «Werwölfe sind keine Schoßhunde, Luisa.»
    «Wen habt ihr angegriffen? Sjölls Stiefvater?» Vor dem hatte sie Angst. Solche Angst, dass sie wimmernd im Schlaf aufgeschreckt ist, haben die Wölfe gesagt. Und indem Fernsehbericht hat die Polizei Sjöll gesucht, Marie K., als Zeugin in Zusammenhang mit einem Verbrechen. Was für ein Verbrechen? Haben ihre Wolfsbrüder ihren Albtraum beseitigt?
    «Wir waren da.» Thursen schnaubt verächtlich. «Zu spät. Der Kerl hatte sich schon totgesoffen.»
    «Wen dann?»
    «Vier Jungs aus Karrs Klasse. Sie haben ihn immer fertiggemacht, weißt du?»
    Ich weiß. Besser, als er denkt. Ich habe Karr im Wald gesehen. Zitternd vor Angst zu Sjölls Füßen.
    «Tot?»
    «Nein. Keiner.»
    «Sondern?»
    «Sie haben überlebt, reicht das? Und sie haben für alle Zeiten genug.»
    «Eins will ich noch wissen.» Das Wichtigste. Ich umklammere Thursens Hand. Sind das meine Fingernägel, die sich in seinen Handrücken bohren? Er bleibt stehen und sieht mich an. «Hm?»
    «Warum?», frage ich. «Ihr verletzt andere Menschen! Warum macht ihr das?»
    «Wir wollen nicht mehr hilflos sein, uns in unserer Wut und Hilflosigkeit selbst verletzen und töten. Nie mehr.»
    Endlich verstehe ich den Wolfsspruch ganz. «Statt Finger Krallen. Reißzähne. Statt dünner Haut ein Fell.»
    «Du musstest nicht erst zum Wolf werden, Luisa», sagt er und reibt sich die Hand. «Du hattest schon immer Krallen.»
    Und ich weiß, er meint nicht meine Fingernägel. Ich war nie so hilflos. So ausgeliefert wie Zrrie. Und Sjöll. Und Karr. Ich hatte meine Wut – und ich hatte Thursen.
    Stumm gehen wir weiter. Dann endlich sehe ich wie ein einsames Glühwürmchen ein Licht zwischen den Stämmen leuchten. Schritt für Schritt kommen wir näher zum Lager, und die Kerze, Sjölls Licht, sie brennt noch. Um sie herum hat sich das Rudel versammelt und wartet auf uns.
    Rawuhn liegt ausgestreckt neben Fath und Jerro. Norrock lehnt mit vor der Brust verschränkten Armen an einem Baum.
    Karr ist wieder Mensch. Sitzt da im Schneidersitz und streichelt Lurnaks Kopf auf seinem Schoß. Ich erkenne Karr fast nicht wieder, dünn wie er geworden ist. Struppige Haare hat er und rote Augen vom Weinen. Zrrie sitzt neben ihm und hat eine ihrer kleinen Hände auf seine Schulter gelegt. Ich hocke mich neben Zrrie.
    «Entschuldige, dass ich dich alleingelassen habe», flüstere ich ihr zu.
    «Ist schon gut. Ihr seid ja alle wieder da.»
    «Lasst uns jetzt an Sjöll denken», sagt Thursen und geht rüber zum Baumstumpf.
    «Sjöll», flüstern Thursen, Karr, Norrock und Zrrie. Und ich. Die Wölfe heulen leise. Thursen hebt das Windlicht hoch.
    «Nicht!», sagt Norrock und geht auf ihn zu. «Wir haben es nicht zu Ende gebracht!»
    «Doch», sagt Thursen. «Es ist genug.» Greift in das Glas und löscht die Kerze zischend zwischen seinen Fingern.
    Sjölls Licht ist jetzt aus. Jetzt verstehe ich. Sjöll ist gerächt.
    Norrock reibt sein Augen mit den Handballen, dreht sich um und verschwindet als Wolf in der Nacht.
    «Wohin geht er?», frage ich Thursen.
    Thursen legt den Arm um mich. «Sjölls Grab.»
    Ich verstehe. Sjölls Grab auf dem Friedhof der Namenlosen. Er hatte gesagt, er würde allein da hingehen, wenn es Zeit ist. Die Zeit ist jetzt. Es ist vorbei. Das Letzte für Sjöll ist getan.
    Wir schlafen heute nicht bei den anderen, müssen allein sein. Thursen sucht uns einen trockenen Platz unter einer alten Kiefer und legt Laub und Tannenzweige auf den Boden. Als die anderen Wölfe schon in der Höhle verschwunden sind, kommt Zrrie zu uns und bringt uns die alte karierte Decke. Sie will lieber als Wolf schlafen. Und falls Norrock nicht bald zurückkehrt, kann Karr ihr bei der

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