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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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hättest du dir überlegen können, bevor du be‐
    hauptet hast, du wärst zu krank für den Ausflug.» Nell lä‐
    chelte Sara an. «Hast du dich Frau Dr. Linton vorgestellt?»
    «Doktor?», fragte er mit einem Anflug von Unbehagen.
    Nell sagte: «Geh lieber schnell ins Bett, bevor sie kommt und Fieber misst.»
    Irgendetwas kam Sara an seiner Reaktion vertraut vor‐
    die Art, wie er den Mund verzog, der Unmut, der in seinen
    Augen aufflackerte –, und sie ertappte sich, wie sie den Jungen mit offenem Mund anstarrte.
    «Was ist?», fragte Jared und warf ihr noch einen ver‐
    trauten Blick zu.
    Sara schüttelte den Kopf, sie wagte nicht zu sprechen.
    Die Ähnlichkeit mit Jeffrey war verstörend.
    Nell sah ihr Gesicht und scheuchte Jared davon. «Ab‐
    marsch. Und nimm Mamas Axt mit rein.»
    Er schlurfte zurück ins Haus, die Axt hinter sich her‐
    schleifend, und Sara biss die Lippen zusammen und ver‐
    suchte, sich die Frage zu verkneifen, die auf der Hand lag.
    Nell schnalzte mit der Zunge und riss an den Leinen.
    Die Hunde machten Platz. «Du guckst, als hättest du was
    zu sagen.»
    «Das geht mich nichts an.»
    «Hat mich noch nie abgehalten.» Nell führte die Hunde
    ums Haus herum, dann sagte sie zu Sara: «Jeffrey weiß
    nichts davon.»

    303
    Sara nickte. Sie wusste immer noch nicht, was sie sagen
    sollte.
    Mit einem Seufzer ließ sich Nell auf der Bank vor dem
    Nachbarhaus nieder, «ich habe Possum ein paar Wochen
    nachdem Jeffrey nach Auburn gegangen ist, geheiratet.»
    «Und du hast Jeffrey nichts gesagt?»
    «Damit er zurückkommt und mich ehelicht?», fragte sie
    zurück und streichelte einen der Hunde. «Das hätte doch
    nichts gebracht. Wir hätten uns nach einer Woche gegen‐
    seitig umgebracht. Ich bin ihm auf die Nerven gegangen,
    weil ich immer an ihm rumgemeckert habe, und er ist mir auf die Nerven gegangen, weil er nicht zugeben wollte,
    dass ich Recht hatte. »
    Sara starrte vor sich hin.
    «Er hätte mich geheiratet, weil er anständig ist», sagte
    Nell. «Aber ich wollte nicht, dass mich jemand aus An‐
    stand heiratet.» Der Hund rollte sich auf den Rücken, und Nell kraulte ihm den Bauch. «Ich liebe Possum. Am Anfang fand ich ihn nur nett, doch als Jeffrey weg war, hat er
    zu mir gestanden, und wir hatten Jared und später Jen –
    nicht viel später.» Sie lächelte vor sich hin. «Aber jetzt haben wir eine Familie, ein gemeinsames Leben. Possum
    ist ein guter Mann. Er arbeitet ein paar Schritte von hier entfernt und ruft immer noch an, wenn es später wird.
    Es macht ihm nichts aus, mir Aspirin oder Tampons aus
    der Drogerie mitzubringen, und er hat nie zu mir gesagt, ich sei fett geworden, selbst als ich nach Jens Geburt drei Jahre lang in Latzhosen rumgelaufen bin. Ich weiß den
    ganzen Tag, wo er ist, und wenn ich in der Kirche furzen würde, würde er behaupten, er sei es gewesen.» Sie sah
    Sara scharf an. «Mir gefällt mein Leben genau so, wie es ist.»

    304
    «Findest du nicht, Jeffrey hat ein Recht, es zu erfahren ?»
    «Wozu?», fragte sie. «Possum ist Jareds Vater. Er hat
    ihm die Windeln gewechselt und ist mit ihm im Zimmer
    auf und ab gelaufen, wenn ich vor Erschöpfung halb ohn‐
    mächtig war. Er unterschreibt seine Zeugnisse und ist
    Trainer bei der Little League. Keinem von beiden fehlt irgendwas, und es gibt keinen Grund, schlafende Hunde zu
    wecken.»
    «Ich verstehe.»
    «Wirklich?»
    «Ich werde ihm nichts sagen», erklärte Sara und fragte
    sich, ob sie ein solches Geheimnis für sich behalten
    konnte.
    «Es ist nicht gut, dass Jeffrey hier ist», sagte Nell. «Ich war weiß Gott sauer auf ihn, weil er so lange weggeblieben
    ist, aber hier ist einfach zu viel passiert.» Sie schlüpfte aus der Sandale und kraulte den Hund mit den Zehen. «Aus
    Jeffrey ist am Ende doch noch was geworden. Er hat ein
    gutes Herz, genau wie Possum, man muss nur ein bisschen
    tiefer graben, bis man es findet. Ich habe von Jeffrey nichts
    anderes erwartet; ich habe immer gedacht, dass aus ihm
    noch was wird, wenn er nur hier rauskommt...» Sie zeigte auf die Straße. «Raus hier, wo jeder glaubt, alles über jeden
    zu wissen, und alle dir ihre Meinung auf die Nase binden.»
    «Reggie Ray hat mir eine Kostprobe davon gegeben.»
    «Hör nicht auf den Hinterwäldler», schimpfte sie. «Er
    ist der Schlimmste von allen. Nennt sich Wiedertäufer.
    Aber der muss sich noch ein paar Mal mehr taufen lassen, bis ein anständiger Mensch aus ihm wird.»
    «Er schien ganz nett.»
    «Dann

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