Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
heißt sie. Eine nette junge Frau.«
»Was hat sie über den Umzug gedacht, die neue Arbeit?«
Wieder umfasste die Personalmanagerin ihr goldenes Kreuz. »Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Ich habe sie nur zweimal getroffen, einmal zum Vorstellungsgespräch und einmal, als sie den Vertrag unterschrieb. Sie schien sich auf die neue Stelle zu freuen, äußerte allerdings auch einige … Bedenken, ja, so könnte man sagen, über den Umzug in eine neue Stadt. Das dürfte aber normal sein. Sie ist jung und wahrscheinlich zum ersten Mal von ihrer Familie entfernt. Ich hatte gerade geheiratet, als ich mit neunzehn aus Biloxi fortzog. Das war nicht leicht.«
»Das stimmt«, sagte Cavanaugh so brüsk, dass Theresa zusammenzuckte. Er verstand es nicht. Hatte er keine Familie, Wurzeln, die er nur widerwillig zurücklassen würde?
»Schien sie verärgert zu sein?«
»Nein, gar nicht. Nur nervös. Ich glaube auch, dass sie lieber daheim bei ihrem kleinen Jungen geblieben wäre, als zu arbeiten. Sie sagte etwas von wegen, ›zumindest, bis er in den Kindergarten kommt‹. Ich konnte das verstehen. Die ersten Jahre sind so wichtig.«
»Ihr Sohn ist also in einem neuen Haus, einer neuen Stadt und muss dann auch noch in eine Krippe«, sagte Cavanaugh und zeigte damit mehr Einfühlungsvermögen als vorher. »Das hat ihr wahrscheinlich Sorgen bereitet.«
»Ja, das waren viele Veränderungen auf einmal. Erschreckend, aber auch aufregend. Sie ist wirklich sehr nett; eine Künstlerin, sie malt auch, und ich habe ihr von unserem Kunstmuseum erzählt. Ich erinnere mich, wie sie gescherzt hat, dass ihr Sohn nach ihr kommt und ständig malt, oft auch an den Wänden.« Sie lachte wieder bei der Erinnerung. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Warum interessieren Sie sich so für Jessica?«
»Wir glauben, dass sie eine der Geiseln ist.« Cavanaugh deutete auf den Monitor, dessen Bilder still vor sich hin flackerten. »Können Sie uns sagen, ob es sich bei der Frau links um sie handelt?«
Die Frau erbleichte beim Anblick ihrer auf dem Boden kauernden Kollegen, auf die Gewehre gerichtet waren. »O mein Gott.«
»Niemand ist verletzt, und ich bin mir sicher, dass wir alle heil da rausbekommen werden. Aber könnte das hier Jessica Ludlow sein?«
Mrs. Hessman zwinkerte. »Ja, ich bin mir ganz sicher. Das Kind ist bei ihr?«
»Ja.«
»Warum?«
»Das fragen wir uns auch. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe, Mrs. Hessman …«
Theresa unterbrach ihn. »Um welche Uhrzeit fängt sie normalerweise an zu arbeiten?«
»Um halb acht«, antwortete die Frau ohne zu zögern.
Cavanaugh nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche und erlaubte Theresa damit, mit der Befragung fortzufahren.
»Und Mark Ludlow – wann fängt er an?«
»Normalerweise um acht. Aber als Seniorrevisor … nun …«
»Muss er sich nicht einstempeln.«
»Genau«, bestätigte Mrs. Hessman. »Manche arbeiten etwas flexibler, kommen um halb neun oder neun und bleiben dann länger, aber das sind nur wenige. Es sind alles Buchhalter, die gern ein festes Gerüst haben.«
»Wissen Sie, was für eine Tagesbetreuung Mrs. Ludlow für ihren Sohn organisiert hatte?«
»Nein, das weiß ich nicht.«
Theresa dachte darüber nach, während Cavanaugh der Frau erneut dankte. »Der Officer hier wird Sie hinausbegleiten.«
Stille senkte sich über den Raum, abgesehen vom entfernten Verkehrsrauschen und den knappen Gesprächen in den Angestelltenbüros. Dann sagte Theresa: »Vielleicht fahren sie getrennt zur Arbeit, weil sie früher anfängt. Auch wenn das seltsam klingt, wenn man die heutigen Benzinpreise bedenkt.«
»Kommen Sie her«, sagte Cavanaugh zu ihr und zog einen leeren Stuhl neben sich unter dem Tisch hervor. »Setzen Sie sich. Brauchen Sie eine Flasche Wasser?«
»Nein … oder doch, danke. Das wäre schön.«
Irene holte eine Flasche Aquafina aus einer kleinen Kühltasche und gab sie Cavanaugh, der sie Theresa reichte. »Oder sie fahren getrennt, weil sie das Baby in der Betreuungsstätte abgeben muss. Sind noch Beamte am Tatort? Dann können sie die Nachbarn gleich danach befragen.«
Theresa befeuchtete ihre Hand mit dem eiskalten Kondenswasser der Flasche und drückte sie in ihren Nacken, der von den Treppen bis ins fünfte Stockwerk schon wieder glühte. »Wahrscheinlich sind sie schon fertig.«
»Jason, ruf das Morddezernat an, und sag, sie sollen uns jemand mit allem schicken, was sie über Mark Ludlow herausgefunden haben. Wenn sie nichts über eine Tagesbetreuung
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