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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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winterlicher Kälte oder in der Hitze des Sommers, Bertram Dale war draußen bei der Arbeit und hackte eifrig vor sich hin. Er schlug nicht nur das Holz für das gesamte Dorf im Wald und zerteilte es, sondern hatte sich auf vielerlei Weise nützlich gemacht: Er hatte sich zum Koch von Micklins Dorf gemausert, zum Schneider und, man höre und staune, zum Waffenschmied, der die Jäger in den legendären Techniken perfekter Waffenschmiedekunst unterwies. Seltsamerweise aber hatte Bertram nie Interesse an der Jagd gezeigt, dem mit Abstand lukrativsten Broterwerb in dieser Gegend. Während er sich mit der Zeit immer unentbehrlicher machte, hatten ihm die anderen angeboten, ihn mit auf die Jagd zu nehmen, ihm zu zeigen, wie man Spuren las und das in der Gegend vorkommende Wild erlegte: Waschbären, die gefährlichen Vielfraße, Otter, Biber und Wölfe.
    Aber davon wollte Bertram nichts wissen. Er sei, behauptete er, und das schien wohl auch zu stimmen, mit seiner Holzhackerei, der Kocherei und den anderen Arbeiten im Dorf durchaus zufrieden. Anfangs wurde ein wenig hinter vorgehaltener Hand getuschelt, er müsse wohl Angst haben, in den Wald zu gehen, doch das Gerede verstummte schnell, als nach und nach jeder im Dorf, zumindest teilweise, die Wahrheit über diesen seltsamen Neuling erfuhr. Bertram kannte sich mit Waffen besser aus als jeder andere von ihnen; niemand war ihm an Körperkraft überlegen, nicht einmal Micklin selbst, obwohl der mindestens hundert Pfund schwerer war; zudem waren seine Bewegungen unbestreitbar von einer gewissen Eleganz. In letzter Zeit war das Getuschel von Spott in Neugier umgeschlagen, wobei die meisten jetzt die Ansicht vertraten, Bertram müsse ein Soldat im großen Dämonenkrieg vor einem Jahrzehnt gewesen sein. Vielleicht, so tuschelten manche, hatte er schreckliche Dinge erlebt, die ihn schließlich hierher, weitab jeder Zivilisation, verschlagen hatten. Oder aber er hatte sich während der Schlacht von seiner Truppe entfernt und war wegen Verrats auf der Flucht.
    Wie auch immer, das Getratsche über Bertram war für die oft gelangweilten Bewohner von Micklins Dorf geradezu ein Segen. Das Getuschel und die Gerüchte schienen ihn nicht weiter zu stören; jeden Tag ging er einfach still seiner Arbeit nach, bearbeitete geräuschvoll seinen Stapel Feuerholz, um diesen, sobald vor jeder der sechs Hütten des Dorfes einige Klafter aufgeschichtet waren, gleich darauf mit frisch geschlagenem Schnittholz aufzufüllen.
    Bertram unterbrach seine Arbeit, um den Jägern nachzuschauen, die an diesem Morgen das Dorf verließen, und gönnte sich einen tiefen Schluck aus dem Wassereimer, den er neben dem Hackklotz abgestellt hatte: Dabei schüttete er sich mehr über seinen eisenharten Oberkörper, als tatsächlich in seinen Mund gelangte.
    Zum Abschied riefen ihm die Jäger etwas zu, und wie jeden Tag boten viele von ihnen an, ihn mitzunehmen und ihm ihr Handwerk beizubringen.
    Doch Bertram lehnte ihr Angebot mit einem höflichen Lächeln kopfschüttelnd ab.
    »Ich hab’s dir im Nu beigebracht«, rief der letzte Mann herüber. »Innerhalb eines Monats hab ich dich so weit, dass du ein besserer Jäger bist als die meisten Narren hier im Dorf.«
    Wieder lächelte Bertram nur und schüttelte den Kopf, ohne sich auch nur im Geringsten anmerken zu lassen, wie vollkommen absurd er diese Worte fand. Innerhalb eines Monats, was für ein Hohn! Schließlich wusste der Mann, der sich Bertram Dale nannte, längst, dass er schon jetzt jedem im Dorf bei der Jagd überlegen war und mühelos zwei beliebige von ihnen im Kampf besiegen konnte. Es war nicht etwa mangelndes Können, das ihn davon abhielt, in den Wald und auf die Jagd zu gehen, sondern Angst. Angst vor sich selbst, vor seinem anderen Selbst, zu dem er werden konnte, sobald ihm der kräftige Geruch von Blut in die Nase stieg.
    Wie oft, fragte er sich, war ihm das in den vergangenen paar Jahren schon passiert? Wie oft hatte er sich irgendwo niedergelassen – stets am Rande der Zivilisation –, nur um kurz darauf wieder fliehen zu müssen, weil der Dämon in seinem Innern sich befreit und einen Dorfbewohner abgeschlachtet hatte?
    Die Angst, gefasst und getötet zu werden, hasste Bertram ebenso sehr wie das Töten selbst, er hasste das Blut, das unauslöschlich an seinen Kriegerhänden klebte. Er war nie besonders zart besaitet gewesen, war nie davor zurückgeschreckt, seine Feinde im Kampf zu töten, aber dies …
    Dies überschritt jede Grenze des

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