Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
verpflichtete sich Aydrian, mit seinen Armeen das Gebirge nicht zu überqueren. Nach der schnellen Einigung hieß man die Schreiber, ihres Amtes zu walten, und kurz darauf unterzeichneten die drei Führer.
»Gibt es sonst noch etwas?«, fragte Aydrian und musterte Brynn bei jedem Wort argwöhnisch, ehe er, nur um sicherzugehen, dass sie ihn auch wirklich verstand, die Frage in der Sprache der Touel’alfar noch einmal wiederholte.
»Ich hätte dir noch so manches zu sagen«, erwiderte Brynn, nun wieder in der Elfensprache. »Wer bist du, Aydrian? Was ist nur aus dir geworden?«
»Alles, was Lady Dasslerond sich für mich erhofft hat, und sogar noch mehr«, antwortete er dreist.
Brynns braune Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Ich weiß, was du mit ihr und Andur’Blough Inninness gemacht hast.«
»Und woher willst du das wissen, würdest du mir das vielleicht verraten?«
Brynn verzichtete darauf, seine Frage zu beantworten. Stattdessen wechselte sie wieder zurück in die Sprache ihres Volkes und erklärte: »Ein Punkt bedarf noch der Klärung. Er betrifft die Übergabe eines Gefangenen.«
Pagonel übersetzte.
»Nur raus mit der Sprache«, drängte Aydrian.
»Wir haben Abt Olin in Gewahrsam genommen. Wir möchten ihn dir übergeben«, sagte Brynn.
»Wie großzügig. Könnt ihr etwa keinen Strick für ihn erübrigen?«
»Allerdings nur im Austausch gegen einen deiner Gefangenen«, fuhr Brynn fort. »Sein Name lautet Roger Flinkfinger. Er wird in den Verliesen von Palmaris gefangen gehalten. Wenn du einverstanden bist, bekommst du im Gegenzug Abt Olin. Ort und Zeitpunkt des Austausches kannst du nach Belieben bestimmen.«
Noch während Pagonel übersetzte, brach Aydrian in schallendes Gelächter aus. »Oh, meine Mutter«, sagte er. »Immer noch dieselbe sentimentale, treue Närrin.«
»Ihr habt nicht die leiseste Ahnung, wie Eure Mutter wirklich ist«, mischte Pagonel sich ein.
Aydrian maß ihn mit durchdringendem Blick. »Und wer seid Ihr?«
Pagonel deutete eine knappe Verbeugung an und trat respektvoll einen Schritt zurück.
»Also Abt Olin gegen Roger Flinkfinger?«, wandte Aydrian sich wieder direkt an Brynn und verfiel erneut in die Elfensprache.
»Das dürfte aus deiner Sicht mehr als angemessen sein.«
»Und warum dann überhaupt?«
»Weil er ein Freund deiner Mutter ist und weil sie ihm die Freiheit zurückgeben möchte.«
»Das allein sagt mir bereits, dass ich mich hüten sollte, auf deinen Vorschlag einzugehen«, erwiderte Aydrian kühl. »Alles, was dem Wohlergehen meiner Mutter dient, liegt nicht in meinem Interesse.«
Das trug ihm erneut einen missbilligenden Blick von Brynn ein, doch Aydrian blieb hart. Er schob seinen Stuhl vom Tisch zurück und verschränkte seine muskulösen Arme vor der Brust. »Hiermit ist deine Bitte abgelehnt. Hängt Olin am höchsten Turm Jacinthas oder am Mast von Prinz Midalis’ Flaggschiff auf. Ich habe keinerlei Verwendung mehr für ihn. Er hat mich zutiefst enttäuscht und meine Befehle missachtet – mit dem Ergebnis, dass Behren, wie du selbst zugibst, in völligem Chaos versunken ist.«
»Behren befindet sich in einer Notlage, das ist richtig«, pflichtete Brynn ihm bei. Sie rutschte auf ihrem Stuhl nach vorn, beugte sich weit über den Tisch und sah Aydrian durchdringend an. »Aber ich warne dich. Wenn du nach Süden marschierst, um diese Notlage auszunutzen, wirst du dich einem vereinten Behren gegenübersehen, dem das Land To-gai als Verbündeter zur Seite steht.« Sie wich ein Stück zurück und unternahm einen letzten Versuch, ihn zu überzeugen. »Aydrian. Aydrian! Du weißt, ich meine es gut mit dir! Wir wurden zusammen aufgezogen –«
»Du wurdest aufgezogen, mich hat man immer nur gequält!«, brüllte der junge König. Er sprang von seinem Stuhl auf und beugte sich über den Tisch, bis sein Gesicht nur noch eine Handbreit von Brynns entfernt war. »Du willst wissen, wer ich bin? Ich bin Lady Dassleronds Albtraum! Ich bin der Mahlstrom!«
»Du hast sie ermordet!«
»Ich wünschte, ich hätte es getan!«, schrie Aydrian zurück. »Aber nein, selbst um dieses Vergnügen hat mich die Hexe gebracht!«
Brynn schlug mit der Faust auf den Tisch, und Mallon Yank stürzte nach vorn, so als wollte er sich Brynn in den Weg werfen.
Aber natürlich war Pagonel erheblich schneller. Eine kurze Körperdrehung, und schon war er vorbei an dem erschrocken aufschreienden De Hamman und schnitt dem Allheart mühelos den Weg ab. Mallon Yank griff bereits
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