Schattenfall
vorlegt.«
Diesen Worten folgte ein säuerliches Schweigen. Dann antwortete Xerius: »Natürlich.« Er ärgerte sich mehr als die meisten darüber, wenn jemand ihm den Gesprächsverlauf diktierte.
»Den Scharlachspitzen«, begann Eleäzaras fast unterwürfig, »ist es egal, wem das vom Heiligen Krieg eroberte Land gehört. Darum wird Chepheramunni Euren Vertrag mit Vergnügen unterschreiben. Nicht wahr, Chepheramunni?«
Der geschminkte Mann nickte, sagte aber kein Wort – ein gut erzogener Hund.
»Aber«, fuhr Eleäzaras fort, »es gibt da einige Bedingungen, die wir vorab gern geklärt hätten.«
Das hatte Conphas kommen sehen. Zivilisierte Menschen feilschten nun mal.
Xerius protestierte. »Bedingungen? Aber das Land zwischen Momemn und Nenciphon hat uns jahrhundertelang…«
»Ich kenne all diese Argumente«, unterbrach ihn Eleäzaras. »Geschwätz. Reines Geschwätz. Wir wissen doch beide, worum es hier wirklich geht, Xerius – oder etwa nicht?«
Der Kaiser stierte ihn sprachlos vor Staunen an. Er war es nicht gewohnt, unterbrochen zu werden. Kein Wunder – schließlich war er es nicht gewohnt, mit Leuten zu verhandeln, die ihm mindestens ebenbürtig waren. Ainon war ein reiches, dichtbevölkertes Land. Von allen Herrschern und Despoten im Gebiet der Drei Meere besaß nur der Padirajah von Kian eine größere wirtschaftliche und militärische Macht als der Hochmeister der Scharlachspitzen.
»Und wenn Ihr es nicht wisst«, fuhr Eleäzaras fort, als Xerius nicht antwortete, »dann weiß es sicher Euer frühreifer Neffe. Na, Conphas – weißt du, was auf dem Spiel steht?«
Der Oberbefehlshaber hielt das für offensichtlich. »Macht«, sagte er leichthin, begriff aber, dass seine Antwort eine merkwürdige Gemeinschaft zwischen ihm und dem Hexenmeister stiftete. Von Anfang an hatte der Hochmeister ihm den Status eines Geistesverwandten zugebilligt.
Selbst die Fremden wissen, dass du ein Dummkopf bist, Onkel.
»Genau, Conphas. Haargenau! Geschichte ist nur ein Vorwand für Machtpolitik, stimmt’s? Worauf es ankommt, das ist…« Der weißhaarige Hexenmeister verstummte mit einem leichten Lächeln, als sei er unverhofft auf einen Weg gestoßen, sein Anliegen wirkungsvoller vorzubringen. »Sagt mir doch«, bat er Xerius, »warum Ihr Calmemunis, Kumrezzer und die Übrigen plötzlich so großzügig mit Lebensmitteln ausgestattet habt. Warum habt Ihr ihnen Marschvorräte gegeben?«
Sein Onkel entschied sich für die einstudierte Antwort. »Damit sie endlich mit ihren Raubzügen und Plünderungen aufhören – warum denn sonst?«
»Das ist unwahrscheinlich«, schnauzte Eleäzaras. »Ich denke eher, Ihr habt den Gemeinen Heiligen Krieg mit Vorräten ausgestattet, um ihn zu vernichten.«
Es entstand eine unangenehme Pause.
»Das ist doch Wahnsinn«, gab Xerius schließlich zurück. »Mal abgesehen davon, dass uns das die Verdammung eintrüge – was hätten wir denn von der Vernichtung des Heeres?«
»Was Ihr davon hättet?«, wiederholte Eleäzaras mit einem ironischen Lächeln. »Na, den Heiligen Krieg natürlich… Unsere Vereinbarung mit Maithanet hat Euch des Druckmittels, das Ihr in den Kaiserlichen Ordensleuten zu besitzen glaubtet, beraubt. Also habt Ihr ein anderes Tauschobjekt gebraucht. Wenn der Gemeine Heilige Krieg vernichtet ist, ist es für Euch viel einfacher, Maithanet davon zu überzeugen, dass er Euch für seinen Feldzug benötigt – besser gesagt: die inzwischen legendäre militärische Begabung Eures Neffen hier. Ihr wollt uns den großen Strategen Conphas im Tausch gegen unsere Unterschriften unter den Vertrag überlassen – und im Vertrag werden de facto alle Eroberungen des Heiligen Kriegs an Euch abgetreten… Ich muss zugeben: ein fabelhafter Plan.«
Diese kleine Schmeichelei war Xerius’ Verderben. Einen kurzen Moment lang blitzten seine Augen triumphierend auf. Conphas hatte längst gemerkt, dass Dummköpfe dazu neigen, auf ihre wenigen lichten Momente unmäßig stolz zu sein.
Eleäzaras lächelte.
Er spielt mit dir, Onkel, und du merkst es nicht einmal.
Der Hochmeister beugte sich vor, als wüsste er um das Unbehagen, das seine Nähe auslöste. Conphas begriff, dass Eleäzaras ein Meister des Jnan war.
»Bis jetzt«, sagte der Hochmeister kühl, »wissen wir noch nicht genau, was für ein Spiel Ihr eigentlich spielt, Kaiser Xerius. Aber lasst mich Euch eines versichern: Wenn es den Verrat des Heiligen Kriegs mit sich bringt, dann bedeutet es auch Verrat an den
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