Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
Micum.
     
    Kari saß wie üblich am Ende der Woche über Flickarbeiten am Küchenfenster, als Alec mit seinem Bogen hereinkam.
    »Hast du irgendwo Bienenwachs?« fragte er.
    »Es steht dort auf dem Regal bei den Kräutern«, erwiderte sie und deutete mit ihrer Nadel hinüber. »Es liegen auch ein paar saubere Lumpen dort, falls du welche benötigst. Mach etwas Wasser heiß und setz dich eine Weile zu mir. Morgen reitest du zurück, und ich habe dich die ganze Woche kein einziges Mal für mich gehabt.«
    Alec schwenkte den Kessel an seinem Eisenhaken über die offene Herdplatte und setzte sich neben ihr auf einen Hocker, den Bogen über die Knie gelegt.
    »Es war schön, dich hier zu haben«, sagte sie. Ihre Nadel blitzte im Sonnenschein auf, als sie ein Loch in Illias Wams stopfte. »Ich hoffe, du wirst noch oft zu uns kommen. Seregil kommt leider nicht so häufig zu Besuch, wie wir uns das wünschen. Vielleicht kannst du ihn überreden, öfter zu kommen.«
    »Ich glaube kaum, daß er sich von irgend jemandem beeinflussen läßt«, meinte Alec zweifelnd, fügte dann aber hinzu: »Du kennst ihn doch schon lange, oder?«
    »Mehr als zwanzig Jahre lang«, erwiderte Kari. »Er gehört zur Familie.«
    Alec rieb Wachs auf seine Bogensehne und glättete es mit den Fingern. »Hat er sich sehr verändert, seit du ihn kennengelernt hast? Weil er ja ein Aurënfaie ist und so, meine ich?«
    Kari lächelte bei den Erinnerungen an frühere Zeiten. »Es war noch vor unserer Hochzeit, als ich Seregil kennenlernte. Micum kam und ging, wie es ihm paßte, genau wie jetzt auch, aber immer allein. Dann, eines schönen Frühlingsmorgens, tauchte er mit Seregil an der Tür meines Vaters auf. Ich denke noch daran, wie ich ihn das erste Mal an der Küchentür stehen sah, und ich dachte: ›Das ist einer der schönsten Männer, die ich je gesehen habe, und ich scheine ihm überhaupt nicht zu gefallen!‹«
    Kari nahm ein neues Wäschestück in die Hand, das geflickt werden mußte. »Wir haben uns anfangs überhaupt nicht vertragen, Seregil und ich.«
    »Beka hat mir davon erzählt.«
    »Das dachte ich mir. Wie reif und erwachsen er mir damals vorkam. Und ich war erst fünfzehn. Sieh mich doch jetzt an.« Sie glättete mit einer Hand ihr Haar, in dem sich vereinzelte silberne Strähnen in das Schwarz mischten. »Eine richtige Matrone und Mutter von drei Mädchen. Beka ist heute älter, als ich damals war. Aber Seregil wirkt auf mich immer noch wie dieser gutaussehende Junge von damals. In der Zeitrechnung seines Volkes ist er tatsächlich jung und wird es noch sein, wenn man mich längst begraben hat.« Sie blickte nachdenklich auf die Weste in ihrem Schoß herab.
    »Ich glaube, es beunruhigt ihn, zuzusehen, wie Micum immer älter wird, und zu wissen, daß er ihn früher oder später verlieren muß, daß er uns alle verliert, bis auf Nysander vielleicht.«
    »So habe ich das nie betrachtet.«
    »O ja. Er hat jetzt schon auf diese Weise Freunde verloren. Aber du wolltest wissen, wie er sich veränderte. Er hat sich tatsächlich verändert, doch eher in seinen Angewohnheiten als in seinem Aussehen. Damals lag eine Bitterkeit in seinem Wesen, die ich heutzutage nur noch selten entdecke, obwohl er noch immer etwas wild ist. Aber er war uns ein guter Freund, und er hat Micum häufiger heil zu mir zurückgebracht, als ich noch zählen könnte.«
    Sie ließ die Tatsache unerwähnt, daß es ja gerade Seregil gewesen war, der ihren Mann in den meisten Fällen überhaupt erst in die Gefahr geführt hatte. Dieser Junge war aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Micum und Seregil, und zu ihrem Leidwesen auch Beka. Was konnte sie also tun, außer sie zu lieben und das Beste zu hoffen?

 
25
Rückkehr nach Rhíminee
     
     
    An seinem letzten Morgen auf Watermead stand Alec bereits vor Sonnenaufgang auf und stellte fest, daß Beka sich noch früher erhoben hatte. Sie saß in ihrer Reitkleidung unten im Wohnraum und reparierte eine kaputte Schnalle an ihrem Bogenfutteral. Neben ihr lagen ein paar kleine Bündel, in die sie alles gepackt hatte, was sie in die Kaserne der Garde mitnehmen wollte.
    »Du wirkst reisefertig«, sagte er und stellte sein Gepäck neben ihres.
    »Das hoffe ich doch.« Sie zwängte eine Ahle durch ein besonders hartnäckiges Stück Leder. »Ich konnte diese Nacht kaum schlafen, so aufgeregt war ich!«
    »Ich frage mich, ob wir uns in der Stadt auch öfter sehen können. Wir wohnen nicht weit vom Palast entfernt.«
    »Ich hoffe schon«,

Weitere Kostenlose Bücher