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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Grabschänder!« spie Thryis ihm entgegen, deren Lippen sich zu einem gehässigen Grinsen verzogen.
    »Grabschänder! Dieb!« fielen die anderen Köpfe in den anklagenden, freudlosen Chor mit ein.
    »Aura Elustri málrei«, keuchte Seregil und betrachtete das unwirklich anmutende Schauspiel mit einer Mischung aus Wut und Abscheu. »Was habt ihr mit Alec gemacht? Wo ist er?«
    Antwort erhielt er keine, dafür polterte Rhiris Kopf zu Boden, rollte auf ihn zu, schnappte mit den Zähnen nach ihm und lachte; die anderen Schädel taten es ihm gleich.
    »Vergebt mir, ihr alle.« Mit dem Gefühl, im schlimmsten aller Alpträume gefangen zu sein, hob Seregil das Schwert und hackte auf die Köpfe ein, bis nur noch ein Brei aus Haaren und Gehirnmasse übrig war. Mitten darin entdeckte er vier kleine Zauberbehelfe, verkohlte, in Tollkirschenblätter gewickelte menschliche Fingerknochen.
    Während er eine Welle aufkeimender Übelkeit niederrang, beäugte er mißtrauisch die immer noch zusammengesunken auf dem Sofa hockenden Körper.
    »Ihr habt etwas Besseres als das hier verdient«, flüsterte er mit belegter Stimme. »Irgendwie – irgendwie bringe ich das wieder in Ordnung.«
    Seregil ging zurück ins Schlafzimmer, kramte seinen alten Lederrucksack hervor und warf die wichtigsten Dinge für unterwegs hinein. Dann wickelte er Alecs Dolch behutsam in ein großes Halstuch und steckte ihn in den Kittel.
    Im Wohnzimmer nahm er Alec Bogen und Köcher vom Haken über dem Bett und stellte beides an der Tür ab; dabei verbot er sich, darüber nachzudenken, ob der Junge die Dinge je wieder brauchen würde. Alecs Schwert steckte er einstweilen in seine Scheide; er hatte keinesfalls vor, die eigene Klinge einzustecken, bevor er ein gutes Stück von hier entfernt war.
    Er schritt um das Chaos am Kamin herum, löste die Schatulle mit den ungefaßten Juwelen aus einer Pfütze geronnenen Blutes und leerte sie in den Lederrucksack. Die Beute vieler Jahre gelegentlicher Diebstähle fiel heraus und glitzerte im widernatürlichen Feuerschein. Erst kürzlich hatte Alec sie im Zuge einer Lektion in Edelsteinkunde sortiert. Zuerst glitt ein Schwall glänzender Rubine in den Rucksack und füllte die Lücken zwischen Kleidungsstücken und kleinen Beuteln, dann folgten Smaragde, Opale, Amethysten und eine Handvoll Gold- und Diamantenknöpfe, die sie als Spielsteine verwendet hatten. Seine Hände begannen zu zittern. Das Lösegeld eines Lords purzelte an der Öffnung vorbei, doch er ließ die Steine liegen, wo sie hinfielen. Seregil zog den Riemen des Rucksacks fest und trug ihn zur Tür, dann drehte er sich um und warf einen letzten Blick auf das Zuhause, in dem er fast dreißig Jahre gelebt hatte. Er war hier glücklich gewesen, wahrscheinlich glücklicher als irgendwo sonst in seinem Leben. Nun stellte all das – die Bücher, Waffen, Wandteppiche und Statuen, die Regale voller Relikte und Kuriositäten, die sich im Lauf der Jahre angesammelt hatten – nur noch ein Beiwerk des grausigen Bildes dar, das die verstümmelten Leichen vor dem Kamin boten.
    Seregil ergriff eine große Lampe vom Tisch, flüsterte ein kurzes Gebet und schüttete das Öl über die Leichen. Dann nahm er alle weiteren Lampen, die ihm unter die Finger gerieten, schleuderte sie nacheinander an die Wand und leerte einen Topf Feuersteine über das verschüttete Öl. Flammen züngelten auf und verwandelten sich rasch in eine hungrige, reinigende Feuersbrunst.
    Seregil schlang sich den Rucksack und die Waffen über die Schultern und flüchtete die Treppe hinunter, ohne die Türen hinter sich zu schließen.
    Als er auf dem Weg zur Küchenstiege an Cillas Zimmer vorbeihastete, gebot ihm ein gedämpfter Schrei jäh Einhalt.
    Er ließ alles außer dem Schwert fallen, stürmte in den Raum und schleuderte den umgeworfenen Stuhl beiseite. Darunter, fest in dicke Laken gewickelt, damit er stillag, brüllte Luthas in seinem kleinen Rollbettchen aus Leibeskräften.
    Offenbar hatte Cilla die Angreifer gehört. In der kurzen Zeit, die ihr geblieben sein mußte, hatte sie ihr Kind versteckt, indem sie den Stuhl umdrehte und die Decken über den Bettrand zog, so daß man Luthas nicht sehen konnte.
    Er muß geschlafen haben, als ich vorher hier war, dachte Seregil und hob den tobenden Säugling aus dem Bettchen. Und hätte er jetzt nicht geschrien …
    Als Seregil sich zum Gehen wandte, erblickte er sich in Cillas Spiegel. Das Bild, das er darin sah – ein kalkweißes Gesicht, vor Wut schwarze

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