Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
fürs erste Mal.“
Wenn ich an unsere Pläne denke, muss ich ihm demnach jetzt Blut einflößen.
Gwyntala wedelt mit der Hand. „Lasst Euch einfach Zeit. Es läuft ja nicht davon. Zum Glück ist er ein erfahrener Mann. Mit einem unwissenden Vampir hättest du viel mehr Grund zur Sorge.“ Irgendwie bin ich nur mäßig beruhigt. „Versuch es zu genießen. Das erste Mal mit einem Mann, der dir etwas bedeutet, ist besonders. Das ist keine Hinrichtung.“
Natürlich weiß ich das, doch allmählich zerfrisst mich meine Aufregung. Am liebsten würde ich sofort zu Konstantin gehen, ihn am Arm davon ziehen und es endlich tun. Das ist bestimmt die falsche Einstellung. Ich bin nicht so unromantisch, es hinter mich bringen zu wollen, doch ich wünschte, ich wüsste Bescheid, wie es ist.
Wir verlassen den Waschraum. Eine wartende Schlange von drei Frauen hat sich vornedran gesammelt. Gwyntala zuckt ungerührt mit den Schultern und verkündet: „Es ist immer dasselbe vor den Damentoiletten, jedes Mal eine Schlange. Ich wünschte wirklich, sie würden baulich besser darauf eingehen.“
Ich unterdrücke ein Kichern, finde sie herrlich erfrischend.
Als wir bei Konstantin eintreffen, ist das Kapitel für sie noch nicht beendet.
„ Da seid Ihr ja wieder“, sagt er freudestrahlend. „Fast hätten wir einen Suchtrupp losgeschickt.“
Gwyntala schüttelt den Kopf. „Du weißt, ich mag dich wirklich gern, lieber Junge.“ Die Bezeichnung »lieber Junge« passt zu Konstantin in etwa so gut wie zum Weihnachtsmann. „Aber ich muss dir ehrlich sagen, dass du bei deinen Bauplanern künftig darauf achten solltest, dass sie mehr Damentoiletten in den Hotelentwürfen einbringen. Immer bilden sich Wartereihen. Das ist wie im Supermarkt.“
Innerlich lache ich mich tot. Sie erwähnt mit keinem Wort, dass die Schlange erst durch uns entstanden ist, weil wir das stille Örtchen als Frisierbude genutzt haben. Alles, was sie sagt, war nicht gelogen. Es hatte bloß nichts mit der Bauplanung zu tun. Oder doch, wenn man unterstellt, dass Damentoiletten grundsätzlich zum Aufdonnern da sind.
Konstantin verneigt sich elegant. „Ich bin für konstruktive Vorschläge immer offen. An wie viele Toiletten hattest du gedacht?“
„Na mindestens drei Mal so viele.“
Na, aber wirklich Konstantin. Also mindestens. Die Frau ist zum Kringeln. Ich nehme an, dass sie die Anzahl wartender Damen, als wir herauskamen, als Faktor benutzt.
Er verbucht es mit einem Nicken. „Für die Zukunft werde ich dran denken.“
„ Das ist gut, aber in deinen bestehenden Hotels nutzt das leider gar nichts.“ Sie zupft den Ärmel ihres Kleides zu Recht – halblange Spitze. Ihr Lächeln verrät, dass sie nicht wirklich indigniert ist.
„ Lasst uns zum Buffet schreiten“, schlägt Archimedes vor. „Ich bin so hungrig. Hätte ich ein Loch im Schuh, könnte ich meinen Magen durchschütteln, so tief hängt er.“
Wir beladen unsere Teller. Ich meide das blutige Fleisch und nehme mir lieber Gemüse. Als Konstantin sich vom Champagner nehmen will, deute ich dezent zur Blutbar.
„Möchtest du nicht lieber von dort etwas?“
Er sieht mich verwirrt an, hat aber keine Einwände. Gwyntala hingegen hat tellergroße Augen. Ich lächle nur und zucke einseitig die Schulter. Ich bin mir sicher, sie denkt sich ihren Teil.
Als ich mir etwas Brokkoli auffülle, sehe ich gut zwanzig Meter von mir entfernt Callistus stehen. Unsere Blicke treffen sich und ich fühle mich augenblicklich unwohl. Er lässt sich nicht anmerken, mich zu kennen, wirkt kühl, distanziert und vor allem hochmütig.
Ich schaue schnell fort, will mir den Abend nicht mit Was-wäre-wenn-gewesen-Szenarien trüben. An erster Stelle verspüre ich Erleichterung, dass sich dieses dunkle Kapitel in meinem Leben nicht aufgetan hat. Ich habe ihn nun wiedergesehen, doch zum Glück nicht in seiner Limousine. Er ist Teil einer kurzen Episode meiner Vergangenheit. Innerlich mache ich einen Deckel drauf.
Gwyntala äußert eine lustige Bemerkung über das Essen und lenkt mich damit ab. Wir ergattern einen Tisch an der Fensterfront, wo wir ungestört bei einem herrlichen Ausblick dinieren. Die Speisen schmecken köstlich und wir unterhalten uns über verschiedene Themen aus Konstantins Vergangenheit. Ich bekomme weitere Einblicke in den Mann, mit dem ich zusammen bin. Es ist, als fände ich ständig neue Teile eines Puzzles, dessen Bild mir sehr gefällt.
Unsere Stimmung am Tisch ist ausgelassen und ich fühle
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