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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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tauchte probeweise seine Hand ein, kostete, und zog ein säuerliches Gesicht. »Schlamm aus den Tiefen der Erde.«
    »Wie ist er in den Fluß gelangt?« wunderte sich Gaborn laut.
    Er war am Ufer geblieben, da ihm der Gestank des
    verunreinigten Wassers nicht bekam.
    »Der Oberlauf des Wye«, erläuterte Binnesman, »entspringt tief im Innern der Erde. Von dort stammt der Schlamm.«
    »Könnte ein Erdbeben so etwas hervorrufen?« wollte Gaborn wissen.
    »Eine Verschiebung im Innern der Erde könnte der Grund dafür gewesen sein«, stimmte der Zauberer nachdenklich zu.
    »Ich fürchte aber, so war es nicht. Die Ruinen an der Stelle, wo wir die Greifermagierin getötet haben, befinden sich in der Nähe der Wasserquelle. Meiner Vermutung nach legen die Greifer dort einen Tunnel an. Vielleicht haben wir nicht alle getötet.«
    Sechs Stunden später, am frühen Nachmittag, trafen unter Gaborns und Binnesmans Führung volle fünfhundert Krieger – Ritter bei den uralten duskinischen Ruinen ein. Da sich wegen der Feierlichkeiten anläßlich des Hostenfests viele Lords vor Burg Sylvarresta eingefunden hatten, fiel es nicht schwer, rasch einige ehrenwerte Männer zusammenzubringen und die dreißig Meilen hinauf in die Berge zu reiten. Die Ruinen hatten sich seit dem Abend zuvor nicht verändert, als Binnesman, Gaborn und Borenson sie verlassen hatten. Der Eingang lag auf einem Hügel, halb verborgen unter den knorrigen Wurzeln einer großen Eiche. Die Männer zündeten Fackeln an und begaben sich über eine uralte, zerbröckelnde Treppe nach unten zu einer Stelle, wo die Erde einen stark mineralischen Geruch ausströmte. Gaborn merkte sofort, daß der Geruch sich seit dem Vortag gewandelt hatte.
    Der Eingang in die uralte duskinische Stadt bestand aus einem perfekten Halbkreis von gut zwanzig Fuß im
    Durchmesser. Die Mauersteine in den Wänden waren
    gewaltig, und jeder einzelne war so perfekt behauen und eingepaßt, daß sie selbst nach Tausenden von Jahren noch hielten.
    Auf der ersten Viertelmeile gab es unzählige Seitengänge und Kammern, Häuser und Werkstätten, wo einst die
    Duskiner gelebt hatten und die jetzt von der fremdartig anmutenden Flora der Unterwelt überwuchert waren –
    dunkle, gummiartige Blätter von Mannesohr sowie eine schwammartige, verfilzte Blattpflanze, die sich an die Mauern klammerte. Schon vor Jahren hatte man sämtliche duskinischen Gegenstände, Werkzeuge und Gerätschaften restlos von diesem Ort entfernt, der jetzt zur Heimstatt schillernder Wassermolche, augenloser Krabben und anderer Bewohner der Unterwelt geworden war.
    Die Soldaten waren die Wendeltreppe noch keine halbe Meile nach unten gestiegen, als diese unvermittelt endete.
    Der Pfad vor ihnen war vor kurzem abgeschnitten worden.
    Dort, wo die Treppe weiter nach unten hätte führen sollen –
    meilenweit bis hin zum Idymeanmeer –, kreuzte statt dessen ein breiter Tunnel ihren Weg.
    Binnesman wollte sich vorsichtig bis zur untersten Stufe vortasten, doch das Gestein riß und bewegte sich unter seinen Füßen, daher sprang er zurück. Er hielt eine Laterne in die Höhe und spähte nach unten.
    Der Tunnel, der sich hier auftat, bestand aus einer gewaltigen, kreisrunden Öffnung von wenigstens zweihundert Fuß Durchmesser, die man durch festes Erdreich und Gestein getrieben hatte. Den Grund bildete ein Gewirr von Schlamm und Trümmern. Kein Mensch hätte einen solchen Durchgang graben können. Und auch kein Greifer, was das anbetraf.
    Binnesman strich sich durch den Bart und starrte nach unten.
    Dann hob er einen Stein auf und ließ ihn hineinfallen. »Dann habe ich also tatsächlich gespürt, wie sich unter meinen Füßen etwas bewegt«, dachte er laut. »Die Erde leidet.«
    Gerade in diesem Augenblick schwirrte ein Schwarm kleiner dunkler Geschöpfe unten durch den schwarzen Tunnel, Geschöpfe der Unterwelt, für die das Tageslicht nicht ohne weiteres zu ertragen war. Sie stießen schrille, gequälte Schreie aus und flatterten dann von den Laternen fort.
    Nervös brach Borenson das Schweigen. »Wer oder was
    könnte einen solchen Tunnel gegraben haben?«
    »Da kommt nur eins in Frage«, antwortete Binnesman, »auch wenn mein Bestiarium der Unterwelt es als ein Geschöpf beschreibt, das zuvor erst ein einziges Mal von einem Menschen beobachtet wurde und es somit in den Bereich der Legende verweist. Ein solcher Gang kann nur von einem Hujmoth, einem Weltwurm, gegraben worden sein.«
KAPITEL 4
Die Greifer
    H
    immelsgleiter

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