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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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hätte sie Tinte verschüttet.
    Wahrscheinlich würde es mit der Zeit abgehen.
    »Tut mir leid wegen deines Graak«, entschuldigte sich der Baron zum drittenmal, seit er sich vorgestellt hatte. »Kannst du mir verzeihen?«
    Averan mußte bitterliche Tränen unterdrücken. Ledernacken war nicht ihr Graak, redete sie sich ein. Mehr als jedem anderen gehörte er dem König oder Brand. Dennoch hatte sie das Tier jahrelang gefüttert, hatte es gepflegt, seine Zähne gesäubert und seine Krallen gekürzt. Sie hatte die alte Echse sehr gemocht.
    Darüber, daß er alt war und nur noch einen oder höchstens zwei Sommer zu leben hatte, war sie sich im klaren gewesen.
    Baron Poll konnte sie keinen Vorwurf daraus machen, daß er ihn getötet hatte. Brand hatte stets gesagt: »Bestrafe ein Lebewesen niemals für sein gutes Herz. Selbst das gutmütigste wilde Tier wird dich irgendwann einmal aus Versehen beißen.«
    Dasselbe galt vermutlich auch für Menschen. Selbst für fette, alte Ritter, die es eigentlich besser wissen müßten. Ihr traten Tränen in die Augen.
    »Schon vergessen, Sir Dickwanst«, erwiderte Averan, die versuchte, es nicht allzu schwer zu nehmen und sich ihren Schmerz nicht an der Stimme anmerken zu lassen.
    »Nur zu, Kind, beleidige mich ruhig ordentlich, wenn du dich dann besser fühlst«, bot der alte Ritter an. »Das kannst du sicherlich noch besser.«
    Averan hätte am liebsten geschwiegen, doch den Schmerz für sich zu behalten tat so weh.
    »Wenn ich Euch damit eine Freude mache, Sir Dickbauch, Sir Fettbrocken, Sir Breitarsch.«
    »Schon besser, Kind«, grunzte Poll mit mürrischer Miene.
    »Dabei ist er eigentlich Baron«, verbesserte Roland das Mädchen, »und müßte treffender mit Baron Breitarsch angeredet werden.«
    Averan lächelte schwach, schniefte und wischte die Tränen ab. Sie hatte ihn genug beschimpft, wenigstens fürs erste.
    »Wohin wolltest du überhaupt? Hast du eine wichtige Nachricht bei dir?« erkundigte sich Baron Poll nun.
    Averan überlegte. Es war die wichtigste Nachricht, die sie je überbracht hatte – die Nachricht von einer bevorstehenden Invasion.
    »Paldane weiß bereits Bescheid«, sagte Averan wahr—
    heitsgemäß. »Aus den Bergen sind Greifer nach Burg Haberd gekommen. Haberd ist mittlerweile längst gefallen. Ich sollte Herzog Paldane eine Nachricht überbringen, allerdings wurden auch Reiter auf Kraftpferden losgeschickt. Meister Brand hat mich nur fliegen lassen, um mir das Leben zu retten.«
    »Wir haben euren Boten gefunden«, sagte Poll. »Heute früh.
    Er war schlimm gestürzt, ich nehme also an, daß Paldane deine Nachricht noch nicht erfahren hat. Das sind schlechte Neuigkeiten heute. Der König tot, Raj Ahten im Vormarsch auf Carris – alles kommt zusammen! Und nun auch noch die Greifer.«
    »Wir reiten in Richtung Norden, nach Heredon«, erklärte Roland und setzte sich auf. »Wir werden Paldane und auch dem König deine Nachricht überbringen.«
    Baron Poll fügte hinzu: »Dich können wir in Carris
    absetzen.«
    Sie mußte an Brands Warnung denken, sie solle sich aus Sicherheitsgründen Richtung Norden halten. »Ich will nicht nach Carris«, entgegnete sie. »Ich gehe nach Heredon, zusammen mit Euch.«
    »Nach Heredon?« fragte Baron Poll. »Das glaube ich kaum.
    Die Reise wird mit Sicherheit gefährlich, jetzt, da Raj Ahten auf dem Vormarsch ist. Du mußt doch gar nicht dorthin. Wir werden deine Nachricht überbringen.«
    »Ich kenne den Weg nach Heredon«, bot Averan sich voller Hoffnung an. »Ich kenne die Straßen und die Berge, außerdem Abkürzungen. Ich könnte Euch führen.«
    »Bist du schon dorthin geflogen?« erkundigte sich Baron Polt.
    »Ja, zweimal«, log Averan. Sie hatte die Karten gesehen und sich die geographischen Gegebenheiten eingeprägt. Aber geflogen war sie nicht mal bis nach Fleeds.
    Die Männer warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Einen Führer könnten sie gut gebrauchen.
    »Nein, wir haben nur zwei Pferde«, entschied Roland. »Wir setzen dich irgendwo ab, wo es sicher ist.«
    »Ich könnte doch bei Euch auf dem Pferd mitreiten«, schlug Averan Roland vor. Sie hatte ihre Zweifel, ob sie angesichts von Baron Polls Wanst mit ihm zusammen auf einem Tier sitzen konnte. »Ich bin klein, und ich besitze eine Gabe der Kraft und des Durchhaltevermögens. Wenn Euer Pferd müde wird, kann ich absteigen und laufen.«
    Das war ihr wichtig, wurde ihr auf einmal bewußt Sie wollte unbedingt nach Heredon – sie verspürte einen nicht zu

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