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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Schritt zurück.
    »Ich bin auf der Suche nach den Männern, die den Graak getötet haben«, antwortete Bessahan.
    »Wozu?« hakte die Alte nach. Bessahan lenkte sein Pferd noch näher heran.
    »Bessahan?« fragte sie, plötzlich verängstigt. »Was für ein Name ist denn das?«
    Sie hatte die Männer offensichtlich nicht gesehen und besaß kein weiteres Wissen von irgendeinem Wert. Also erzählte er ihr die Wahrheit.
    »Das ist kein Name, sondern eher ein Titel. In meinem Land bedeutet der Name Menschenjäger.«
    Die Alte schlug sich die Hand vor den Mund, als wollte sie einen Schrei unterdrücken.
    Bessahan beugte sich rasch zu ihr hinüber, packte das alte Weib mit seiner rechten Hand und zog mit seiner Linken seinen Khivar, das langklingige Messer eines Meuchelmörders.
    Er machte einen tiefen Schnitt, so daß die Klinge knirschend durch die Halswirbel fuhr, und der tote Körper der alten Frau sackte vor den Hufen seines Pferdes ins trockene Gras. Er schnitt ihr ein Ohr ab, dann warf er ihren Kopf neben ihren Körper.
    Sie war ohne einen Laut gestorben.
    Bessahan steckte das Ohr in einen Münzbeutel, dann sprang er vom Pferd und hob die Laterne auf. Er säuberte seine Klinge und ging um den Kadaver des Graak herum. Nun nahm er die Witterung eines jungen Mannes in einer Baumwolljacke und eines alten Mannes auf, wobei der Schweiß des letzteren eher wie ein Wildschwein stank. Diese Kerle aus dem Norden fraßen alle zuviel Käse und soffen zuviel Bier. Schon ihre Haut hatte für Bessahan einen unangenehmen Geruch – wie schlecht gewordene Milch.
    Außerdem waren sie schmutzig.
    Doch er roch auch noch etwas anderes – ein junges Mädchen, am Hals des Tieres. Das war kein wilder Graak, wurde ihm mit einem Mal bewußt. Er leuchtete mit der Laterne und sah die Schuppen am Hals des Graaks, am Schulteransatz des Tieres, die von jungen Beinen glattgescheuert worden waren.
    Auf diesem Tier hatte eine Himmelsgleiterin gesessen!
    Sie hatte sich also den Boten des Königs angeschlossen.
    Den Hufspuren in der Nähe des Graakkadavers zufolge waren tatsächlich zwei Boten Richtung Norden geritten.
    Bessahan entfernte die Haube der Laterne, dann blies er den Docht aus und ließ sie im Gras liegen. Er zog es vor, wenn die Leiche der Frau nicht vor dem nächsten Morgen gefunden würde.
    Im Dunkeln reckte er sich und blickte nach oben. Durch ein ausgefranstes Loch in der Wolkendecke waren Sterne zu erkennen, die wie Diamanten blinkten.
    Eine wundervolle Nacht, vielleicht eine Wenigkeit zu kühl.
    In einer solchen Nacht hätte er zu Hause ein paar Mädchen mit aufs Zimmer genommen, um sich warm zu halten. Er hatte schon zu lange keine Frau mehr gehabt.
    Er schob die Kapuze zurück, schüttelte sein langes dunkles Haar im Schein der Sterne und sog verblüfft die Luft ein.
    Er roch etwas Eigenartiges, etwas, das anders war als alles, was ihm je begegnet war. Schwer, erdig. Wie frisch gepflügte Erde oder Moos – aber süßer.
    Ich befinde mich in einem Wald des Nordens, erinnerte er sich, weit fort von zu Hause. Natürlich wachsen hier pflanzen, die ich noch nie zuvor gerochen habe.
    Doch irgend etwas beunruhigte ihn. Er konnte die Luft schnuppern, die Witterung schmecken, aber nicht die eigentliche Quelle des Geruchs orten. Es war, als wäre ein fremdes Tier hier durchgekommen.
    Bessahan stieg auf sein Pferd und ritt weiter in die Nacht hinein.
KAPITEL 11
Polierte Steine
    I ome und Gaborn standen auf dem Bergfried des Königs und blickten hinunter auf die Felder unterhalb von Burg Sylvarresta. Obwohl dies der letzte Abend des Hostenfests und das Große Fest vorbei war, hatte Gaborn den ganzen Tag über kaum etwas gegessen. Nun brach traditionsgemäß die Zeit des Singens an.
    Seit eintausend Jahren oder mehr hatte man das Ende des Hostenfestes mit Gesang gefeiert, und die Familien
    versammelten sich um die Feuerstellen und warfen Hände voller duftender, getrockneter Blätter und Blüten ins Feuer – Rosen und Jasmin, Lavendel oder Minze.
    Dann stimmte man gemeinsam einen Gesang in Erwartung des neuen Königs an.
    Jetzt bedeckten zweihunderttausend Zelte und Prunkpavillons die Felder vor Burg Sylvarresta. Jedes einzelne von ihnen erstrahlte dank der Lampen, und das nach außen dringende Licht ließ die Gebilde in Gold-und Silbertönen erglühen, in schillernden Tönen aus Blau und Grün. Dazu standen die Menschen Heredons vor ihren Zelten und hielten kleine Öllampen in die Höhe. Die Luft war angefüllt vom Duft der

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