Schattenjäger
aber eines Nachts kam es zu einer Entscheidung. Es gab keine Kämpfe, aber es herrschte… viel Wut. Der Anführer, Felanis, benahm sich schon seit einiger Zeit seltsam. Er und ich, wir hatten uns nahe gestanden, das Bedürfnis zu leben hatte uns vereint. Er wandte sich an einen guten Freund von mir, einen Templer namens Alzadar. Wir hatten zusammen trainiert und in mancher Schlacht Seite an Seite gekämpft, aber das war früher gewesen. Mein alter Freund fing an, sich vor mir und anderen abzukapseln. Er war in sich gekehrt, wurde eigenbrötlerisch und teilte seine Gedanken nur, wenn es um die grundsätzlichsten Bedürfnisse ging. Felanis war es, dem er jetzt zugetan war. Schließlich schimpfte Felanis uns Narren und Idealisten und setzte sich mit Alzadar und anderen in die Wildnis ab. Wir versuchten, ihnen zu folgen, sie aufzuhalten – es war Wahnsinn, bedeutete den sicheren Tod, sich von den Städten fortzuwagen –, aber Alzadar und die anderen beharrten darauf, mit ihm zu gehen. Wir sind ein freies Volk. Wir leben und sterben nach den Entscheidungen, die wir treffen. Wir konnten sie nicht zum Bleiben zwingen. Und so waren die Protoss auf Aiur von jenem Moment an ein gespaltenes Volk.«
»Aber Feianis, Alzadar und die anderen Geschmiedeten – sie leben noch?«, fragte Rosemary. Ladranix fing mit dem Blick seiner leuchtend blauen Augen den ihren ein.
»Ja, sie leben noch. Sie fanden überraschenderweise einen Zufluchtsort. Es gibt Höhlensysteme unter der Oberfläche. Einige davon sind sehr weitläufig, viele noch unerforscht. Dort fanden die Tal’darim Unterkunft, und sie kommen nur noch herauf, um sich vom Sternenlicht zu nähren. Dieses Licht ist zwar nur schwach, aber es reicht aus, um sie am Leben zu erhalten.«
Rosemary und Jake tauschten einen Blick. Er bekam allmählich ein ungutes Gefühl. »Könnte es vielleicht sein, dass… die Tal’darim in der Nähe der Stelle leben, wo wir mit unserem Schiff landen wollten?«
Ladranix bewegte Kopf und Arme auf eine Weise, die Jake als Ausdruck von Überraschung und leichter Verwirrung erkannte. »So ist es in der Tat.«
Seiner Neugier zum Trotz hielt Ladranix Wort. Er hatte weder Jakes noch Rosemarys Gedanken gelesen, und es war Jake nun klar, dass Zamara ihre Gedanken zu diesem Thema gut verborgen hatte.
Rosemary hob in einer wütenden Geste die Hände. »Na, ist das nicht großartig?! Da gibt es einen einzigen Ort auf diesem ganzen verdammten Planeten, zu dem wir hinmüssen – und die Hälfte der Protoss werden sich uns in den Weg stellen und daran zu hindern versuchen!«
Zamara seufzte in Jakes Kopf. Sie war eine Bewahrerin. Ihr Wissen war für ihr Volk bestimmt, aber es war dennoch kein Wissen, das zur Alltäglichkeit werden sollte. Jake war überzeugt davon, dass sie es, wären die Umstände andere gewesen, nicht einmal mit Ladranix und den anderen Shel’na Kryhas geteilt hätte. Aber Rosemary hatte die Situation, wenn auch sehr unverblümt, auf den Punkt gebracht: Sie würden Hilfe brauchen, um in dieKammern vorzudringen, um zu holen, weswegen sie hergekommen waren. Doch die Protoss würden, auch wenn sie ihre Bewahrer verehrten, darauf bestehen, erst zu erfahren, worum es ging, ehe sie Hilfe bei einem Angriff auf ihresgleichen leisteten, sollte es so weit kommen.
Gedanken, die von Zamara und Jake, verflochten sich ineinander und flossen sanft in Ladranix’ Geist. Seine blassblauen Augen weiteten sich schon, als Zamara ihm nur einen winzigen Bruchteil dessen zeigte, was Jake – ein Terraner, ein Fremdwesen, nicht einmal ein Protoss – in vollem Umfang und üppigen Details gesehen hatte.
»Das… wussten wir nicht«, brachte Ladranix hervor. Er war wie betäubt. »Die ganze Zeit… lagen solche Schätze unter der Oberfläche…«
»Schätze, ja, aber auch Gefahren«, sagte Zamara. »Wir sind Protoss. Wir mögen zwar die Kinder der Xel’naga sein, aber wir sind nicht sie, und ihre Schätze wären nicht die unseren. Das beschloss das Konklave vor langer Zeit nach einer kurzen Untersuchung der Höhlen.«
»Aber nun ist das, was verborgen war… was im Finstern lag… ans Licht gekommen«, sagte Ladranix. »Erst sind die Dunklen Templer, ein altes, beschämendes Geheimnis, wieder in unser Leben getreten. Und nun das. Kannst du uns noch mehr verraten, Zamara? Kannst du uns sagen, warum du diese Technologie finden und zu unseren Brüdern und Schwestern mitnehmen musst?«
Jake feilte noch an der hohen Kunst, seine Gedanken zu zensieren, und was
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