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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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seinen Zweck.
    Ich betrachtete Rickys Nase. Wenn man jemandem auf die Nasenwurzel starrt, denkt er, man sieht ihm genau in die Augen. Dieser Blick wird bohrend, intensiv, und dein Gegenüber fängt an zu schwitzen. Vor allem, wenn es was ausgefressen hat.
    „Was willst du, hä?“ Jetzt glitt sein Blick an mir vorbei zur Tür, wo Carp sich vermutlich aufgebaut hatte und grinste. Saul andererseits würde Ricky mit Sicherheit unbewegt anstieren und ihm zu verstehen geben, dass es unklug wäre, sich jetzt vom Fleck zu rühren. „Was willst du, Puta?“
    Ich befreite meine Pistole aus dem Holster, legte die Ellbogen auf die Lehne und deutete mit dem Lauf in Richtung Decke. Der Zuhälter versteifte sich. „Nenn mich noch einmal eine Hure, Ricky, und ich schieße dir die Eier weg.“ Mein Lächeln wurde zu einem richtigen Strahlen, und die Amulette in meinem Haar klimperten, als ich mich bewegte. „Baby Jewel.“
    Er riss die Augen auf. „Was ist mit ihr? Hey, Mann, sie hat geschworen, dass sie achtzehn ist, daraus könnt ihr mir keinen Strick …“
    Ich ließ die Waffe sinken und schnitt ihm das Wort ab. „Hat sie angefangen, aus der Reihe zu tanzen, Cabron? Wollte sie dir kein Geld mehr geben? Wo lag das Problem?“
    Noch nie zuvor hatte ich gesehen, wie jemand so schnell so bleich wie geronnene Milch wurde. Aus der Küche war ein Keuchen zu hören, und im nächsten Moment kam Rickys Mädchen Nummer eins um die Ecke, mit Augen so groß wie Untertassen. Ich rührte mich kein Stück – falls es nötig wurde, würde Saul sich um sie kümmern.
    „Jewel? Sie …“ Ricky blickte nervös zu Carp, machte große Augen und sah dann wieder mich an. „Scheiße. Hört mal, ich habe ni –“
    „Halt die Klappe, Ricky.“ Ich spannte den Hahn.
    Er verstummte.
    „Also noch mal von vorn. Jewel war letzte Nacht für dich anschaffen. Wann hast du sie zum letzten Mal gesehen? Wann hat sie dir das letzte Mal Geld gebracht?“
    Er verzog das Gesicht. „Um neun“, piepste er schließlich. „Sie hat die Frühschicht, Mann.“
    Die Jungs von der Sitte hatten sie etwa kurz nach zehn noch gesehen. Sie musste noch mal rausgegangen sein, vielleicht um das Geld für ihre Miete zusammenzubekommen, nachdem sie Ricky ausbezahlt hatte. Oder? „Wie viel hat sie dir gegeben, Ricky? Und denk dran, dass ich Lügen riechen kann, du kleines schmieriges Stück Scheiße.“
    Das Mädchen hinter mir zitterte vor Angst und verströmte einen rauen, durchdringenden Moschusgeruch, vermischt mit Kupferaroma. Sie wusste etwas. Fragte sich nur, wie man das aus ihr herausbekam – wenn sie den Mund aufmachte, würde Ricky sie vermutlich degradieren, ein schlimmeres Schicksal als der Tod.
    Trotzdem könnte ich es mal versuchen, falls ich sie allein erwischte. Eine ganze Menge würde von den nächsten paar Minuten abhängen.
    Und noch mehr davon, ob ich mich zusammenreißen konnte.
    Ricky nahm den Hut ab. „Vier-, fünfhundert“, sagte er vorsichtig. „Hab sie wieder losgeschickt, ihr rosiger Arsch kann vier Mal so viel machen, wenn sie will. Faule Schlampe. Sind alle faul.“
    Und du hast dir dein Vermögen ja so hart erarbeitet. „Heute ist sie den ganzen Tag lang noch nicht aufgetaucht, und du hast dich nicht nach ihr erkundigt?“
    „Nach ihr erkundigt?“ Er lachte, ließ sich wieder in die Couch zurücksinken und streckte das Becken vor. Er machte einen auf Macho, aber ich ließ es ihm durchgehen. Soll er es sich erst mal bequem machen. Ich werd noch früh genug dafür sorgen, dass er sich verdammt unwohl fühlt. „Die Schlampe kommt wieder. Sie bettelt richtig um ein bisschen Ricky-Liebe, Bruja. So wie sie alle.“
    Also jetzt nicht mehr Hure, sondern Hexe. Immerhin. Ich hob eine Augenbraue. „So wie Sylvie? Ist sie auch zurückgekommen, um dich anzubetteln?“
    Ricky war ein fauler Hund, aber kein Idiot. Erneut blickte er Carp an. „Scheiße, verdammt.“ Um ein Haar hätte ihm selbst für dieses Flüstern die Puste gefehlt.
    Jetzt setzte ich mich in Bewegung. Der Stuhl quietschte, und es prasselte Glas, als ich ihn der Länge nach auf den Tisch schmetterte. Der Lärm war ohrenbetäubend. Das Mädchen schrie, Ricky fing an zu brüllen, und ich warf mich auf ihn.
    Meine Knie versanken im Leder der Couch, während ich die Finger meiner linken Hand um Rickys Hals legte. Ich roch Quesadilla und Aftershave, ganz abgesehen vom dünnen, säuerlichen Aroma eines Koks-Junkies. Dann drückte ich ihm die Kanone an die Schläfe und lächelte ihn

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