Schattenjagd
Nerven zu verlieren.
Scheiß auf Perry! Du hast dich um einen Job zu kümmern, Kismet. Denk einfach nicht an ihn, bis zum nächsten Monat hast du deine Schuld bei Ihrer Höllenheit beglichen. Immer schön eine Baustelle nach der anderen!
Ich traf eine Entscheidung. „Na schön. Ich hüpfe eben unter die Dusche, und dann werden wir zwei uns mal ausführlich unterhalten. Danach werde ich eine Freundin von mir anrufen, die dich vielleicht an einem sicheren Ort unterbringen kann, bis die ganze Sache ausgestanden ist. Aber ich warne dich, besser du benimmst dich meinen Freunden gegenüber. Keine Drogen, keine Freier, keine krummen Touren! Nichts Illegales, haben wir uns verstanden?“
Größer konnten ihre Augen nun wirklich nicht mehr werden. Ich zermalmte die kleine Stimme in meinem Kopf, die mir sagte, dass ich mich ohne guten Grund wie eine Zicke aufführte.
Cecilia nickte. „Verstanden.“ Sie klang wie eine Fünfjährige.
„Cecilia. Hast du auch einen Nachnamen?“
Sie fuhr zusammen, als hätte ich sie gezwickt. „Markham.“
„Also gut, Miss Markham. Du stehst offiziell unter meinem Schutz als wichtige Zeugin. Ich gehe jetzt duschen, im Kühlschrank steht noch Saft.“ Ich hielt inne und blickte auf den schlampigen Haufen Geldscheine. „Und pack das Geld wieder weg. Du wirst es brauchen, wenn du ein neues Leben anfangen willst.“
Die Art, wie sich ihr geschundenes, geschwollenes, aufgeplatztes kleines Gesicht aufhellte, genügte, um mich noch mieser zu fühlen.
Ich bin keine Höllenbrut, sagte ich mir selbst, als ich mich auf den Weg ins Bad machte. Ich bin eine Jägerin, verflucht noch mal. Und wenn sich jemand einbildet, in meiner Stadt Nutten über die Klinge springen lassen zu können, dann werde ich ihm schleunigst eine Kostprobe vom Jüngsten Gericht geben.
Und schon fühlte ich mich besser.
17
Ich rief Galina doch nicht an. Immerhin hatte ich bereits einen Zeugen bei ihr abgeladen. Stattdessen probierte ich es bei Avery und wünschte, Saul hätte ein Handy. Andererseits – wenn er noch draußen im Barrio war, konnte er keinerlei Ablenkung gebrauchen. Er würde sich schon noch bei mir melden.
Ave versprach, vorbeizukommen und das Mädchen abzuholen, sobald er konnte. Was drei Stunden bedeutete, da er heute seine Sonntagsnachtschicht hatte. Eine dieser Stunden verbrachte ich damit, Cecilia zu befragen. Sie war ein kluges Köpfchen und hatte eine relativ gute Beobachtungsgabe, außerdem hatte das Leben auf der Straße ihren Instinkt geschärft. Sie wusste, was pure Lüge war und wie man zwischen den Zeilen las.
Was Cecilia zu berichten wusste, war beinahe genauso interessant wie das, was sie nicht erzählen konnte. Der Arzt in der Quincoa Street – dieser Kricekwesz – hatte sich schon eine ganze Weile um Bordsteinschwalben gekümmert, ein profitabler Nebenverdienst für ihn. Doch in letzter Zeit war er in Verruf geraten. Es rumorte im Rotlichtmilieu, und jede Menge Gerüchte machten die Runde. Denn Mädchen, die ihren Kolleginnen (falls man diesen Begriff benutzen konnte für Mädels, die entweder für denselben Zuhälter oder auf demselben Straßenabschnitt arbeiteten) anvertrauten, dass sie „ein kleines Problem“ hätten, verschwanden plötzlich. Und diejenigen, die damit zum Arzt gingen, wurden für einen Zweittermin einbestellt – kamen aber nie dort an.
„Es sind nicht nur die Mädchen“, erzählte Cecilia. „Auch einige der Straßenkinder, die Kleinen, werden entführt. Und ein paar der älteren Säufer auf den Straßen reden auf einmal wirres Zeug. Sie hätten merkwürdige Dinge beobachtet.“ Als ich genauer nachfragte, schüttelte sie den Kopf. „Weiß ich nicht. Mittlerweile hab ich schon so ziemlich alles gehört, von UFOs bis zu Bigfoot. Echt abgefahrene Sachen.“
Wenn noch mehr Leute gesehen hatten, was der Schluckspecht Robbie mitbekommen hatte, war es kein Wunder, dass die Gerüchteküche brodelte.
Die interessanteste Neuigkeit war allerdings, dass sämtliche Zuhälter sich auf ein Stelldichein getroffen hatten, nachdem ich Ricky Feuer unter dem Arsch gemacht hatte. Zusammenkünfte wurden dank der Egos der beteiligten Kleinganoven nur einberufen, wenn die Kacke am Dampfen war. Frischfleisch gab es immer zur Genüge, aber ein oder zwei der großen Macker hatten sich offenbar über Einkommenseinbußen beschwert, weil irgendetwas ihren Mädchenbestand reduzierte. Auch Ricky hatte getobt wie ein Irrer, aber er war nur ein kleines Würstchen, auch wenn
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