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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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sich die Zeit zu vertreiben, bevor das Ferngespräch zustande gekommen war.
    Der Arzt erklärte Sage, sie müsse nicht hierbleiben und könne nach Hause gehen. Hysterisch flehte sie ihn an, er möge ihr erlauben, bei Scott Wache zu halten. Aber er blieb hart und überließ es Daniel, das weinende Mädchen wegzuführen.
    Halb trug er Sage, halb schleifte er sie hinter sich her, dann verfrachtete er sie in seinen BMW und drückte rasch auf die Zentralverriegelung der Türen, während sie hektisch am Griff rüttelte und wieder hinausspringen wollte.
    Seine Entscheidung, sie in sein Haus mitzunehmen, statt sie ins Studentinnenwohnheim zu bringen, entsprang eher seinem Widerstreben, ihren Kameradinnen von dem Unfall zu berichtenund weitere Tränenausbrüche zu ertragen, als irgendwelchen erotischen Gelüsten.
    Daheim musste er ihr die Beruhigungspille, die der Arzt ihm gegeben hatte, mehr oder weniger gewaltsam in den Rachen schieben. Das schaffte er mühelos, da er seinem kleinen Hund früher oft Tabletten gegen Würmer verabreicht hatte. Er schob ihr die Pille in den Mund, klappte ihr das Gebiss zusammen und massierte ihren Hals, bis er spürte, wie sie schluckte. Dabei starrten ihn ihre funkelnden grünen Augen voller Hass und Bitterkeit an.
    Wenig später trug er sie in Scotts Schlafzimmer hinauf, warf sie aufs Bett und teilte ihr warnend mit, alle Türen im Erdgeschoss seien versperrt, und er habe die Schlüssel.
    Am nächsten Morgen wollte er nach ihr schauen, aber sie war verschwunden – durch ein Fenster im Erdgeschoss hinausgeklettert.
    Tagelang sah er sie nicht. Inzwischen besuchte er regelmäßig das Krankenhaus, wo Scott immer noch in tiefem Koma lag. Mr McLaren war sofort nach England geflogen, nachdem man ihn über den Unfall seines Sohnes informiert hatte. Als Daniel den Rancher nach Sage fragte, lautete die Antwort: „Ich habe dem Arzt gesagt, dass ich sie nicht sehen will.“
    Scotts Vater war ein hochgewachsener, dunkelhaariger, sehr zurückhaltender Mann mit grünen Augen, tief gebräunter Haut und strengen Zügen, die auf eine leidvolle Vergangenheit hinwiesen. Seltsamerweise las Daniel in seinem Gesicht die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden – allerdings nicht mit Sage. Gab Mr McLaren ihr die Schuld an dem Unfall?
    „Wenn sie ihr begegnen“, fügte er hinzu, „richten Sie ihr bitte aus, sie soll nicht herkommen. Der Arzt meint, das würde Scott eher schaden als helfen.“
    Wenn er ihr begegnete … Das hielt Daniel für unwahrscheinlich. Trotzdem bekam er an diesem Abend unerwarteten Besuch. Sage stand vor der Tür, bleich und viel zu dünn, so zerbrechlich, dass es ihm fast den Atem nahm. Die Augen hatten ihr Feuer verloren, waren nur noch trübe Spiegel, hinter denen sich abgrundtiefe Verzweiflung verbarg. Sogar das rote Haar wirkte glanzlos.
    „Sage …“ Er trat beiseite und ließ sie herein.
    „Man erlaubt mir nicht, Scott zu besuchen“, berichtete sie mit tränenerstickter Stimme und schlang die zitternden Finger ineinander. „Aber ich muss ihn sehen, Daniel. Ich liebe ihn – und er liebt mich …“
    Er umfasste ihren Arm, führte sie ins kleine Wohnzimmer und drückte sie behutsam in einen Sessel. „Es geht ihm sehr schlecht, Sage, und es ist doch am wichtigsten, dass sich sein Zustand möglichst schnell bessert. Mr McLaren meint, daheim würde sein Sohn bald genesen. Er nimmt ihn nach Australien mit. Der Arzt ist einverstanden.“
    „Nein!“ Es klang wie der wilde Schrei eines Tiers, das in eine Falle getappt war.
    „Doch. Und ich fürchte, du kannst es nicht verhindern.“
    „Es ist deine Schuld!“, kreischte sie, sprang auf und trommelte mit beiden Fäusten gegen seine Brust. „Du wolltest, dass das passiert! Du wolltest uns auseinanderbringen!“
    Sekundenlang erwartete Daniel zu hören, sie wisse, wie sehr er sie begehre. Und er suchte bereits nach Worten, um es abzustreiten, obwohl es stimmte. Natürlich begehrte er sie. Aber er wollte sie nicht haben, wenn Scotts Unfall und ihre maßlose Trauer der Preis dafür gewesen wären.
    Er irrte sich, erbost fauchte sie: „Du hast mich von Anfang an nicht gemocht und die ganze Zeit gedacht, ich würde nicht zu Scott passen.“
    „Das ist wahr“, gab er zu, „was allerdings nicht bedeutet, dass ich versucht habe, einen Keil zwischen euch zu schieben. Scott ist ein Mann, kein kleiner Junge, und er trifft seine eigenen Entscheidungen.“
    „O nein! Sein Vater besteht darauf, ihn nach Australien mitzunehmen. Wenn ich Scott

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