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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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und fragen, ob man nicht eine Lücke im Gesetz finden könne, denn Edward sei immerhin ein Kriegsopfer. Aber selbst wenn wir die Erlaubnis bekämen, das Material für den Einbau einer Heizung zu kaufen, fehlte uns das Geld.
    Chivers und ich bemühen uns sehr. Regelmäßig machen wir Feuer in Edwards Schlafzimmer und in der Bibliothek. Außerdem hat Chivers zwei Männer gefunden, die nun ganztags für uns arbeiten. Dan Holcombe, ein ausgebildeter Zimmermann, nimmt größere Reparaturen im Haus vor. Der andere, Sam Oldfield, ist ein bisschen begriffsstutzig, aber kräftig genug, um alle Aufgaben zu erledigen, die Chivers’ und meine Kräfte übersteigen. Er ist sehr gutmütig und vergöttert David. Seine verwitwete Mutter lebt im Dorf, und er geht jeden Abend zu ihr nach Hause. Dan wohnt in der kleinen Wohnung über dem Stall, die er sich recht gemütlich eingerichtet hat. Er ist ein ruhiger Mann von Ende fünfzig mit einem ausgeprägten Londoner Akzent.
    Über sich selber spricht er kaum, und ich nehme an, dass er ein trauriges Schicksal erlitten hat. Offenbar wurde seine Familie beim deutschen Luftangriff getötet. Nach seiner Entlassung aus der Army brachte er es wohl nicht fertig, nach London zurückzukehren, in sein früheres Leben.“
    Liz zögerte, ehe sie den Federhalter beiseitelegte. Zum ersten Mal, seit sie ein Tagebuch führte, war es ihr schwergefallen, ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Sie las, was sie geschrieben hatte, dann noch einmal, und ein Schatten legte sich über ihre Augen. „Heute verließ uns der junge Vic …“ Ihre Finger zitterten ein wenig, als sie den Worten folgten.
    Waren sie wirklich erst an diesem Morgen ins Auto gestiegen? Nervös hatte Vic in seinem neuen Anzug auf dem Beifahrersitz gesessen und immer wieder besorgt die Brusttasche berührt, wo seine Tickets und die Papiere steckten. Beide schwiegen während der Fahrt. Aber es war ein angenehmes, einträchtiges Schweigen. Manchmal wurde es gebrochen, wenn Vic sie vor Gefahren warnte, die der Schafherde drohen könnten, sprach von Krankheiten oder Parasiten. Das alles hatte er schon vorher erwähnt.
    Ian Holmes hatte Liz auf Edwards Wunsch Fahrunterricht erteilt, und nun steuerte sie den alten Wagen des Arztes. Zunächst hatte sie gedacht, ein Auto wäre ein überflüssiger Luxus und sie könnten es wegen des rationierten Benzins ohnehin kaum benutzen. Obwohl es sich um einen Gebrauchtwagen handelte, würde er den letzten Rest von Tante Vis Erbe verschlingen, nachdem der Großteil des Geldes für den neuen Schafbock verwendet werden sollte. Aber Edward hatte argumentiert, das Benzin würde nicht immer rationiert sein und in dieser tapferen neuen Welt, wo jeder fahren lernen wolle, sei ein Auto sicher bald kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.
    Zu ihrer Überraschung stellte Liz nun fest, wie gern sie fuhr.
    Schon im Morgengrauen waren sie aufgebrochen, weil Vics Schiff um vier Uhr nachmittags auslaufen würde. Zu Mittag musste er an Bord gehen. Edward hätte es vorgezogen, wenn Liz den Schäfer nicht nach Southampton bringen und dieser selbst für eine Transportmöglichkeit sorgen würde. Wie sie wusste, war er eifersüchtig auf den jungen Mann. Es störte ihn überhaupt, wenn sie mit anderen Männern zusammenkam, abgesehen von Ian. In letzter Zeit wurde der Invalide immer mürrischer, und er war sehr besitzergreifend. Aber wenn sie die Geduld zu verlieren drohte, sagte sie sich, wie viel sie ihm verdankte, wie schrecklich er unter seiner Verletzung litt, körperlich und seelisch.
    Nach dem unerfreulichen Sommer, der das Wachstum des Gartens stark beeinträchtigt und die Speisekammer nicht mit den üblichen Vorräten an Marmelade und Obst aufgefüllt hatte, waren die letzten Septembertage warm und schön.
    Sie erreichten Southampton und fuhren zum Hafen. Mehrmals mussten sie stehen bleiben undsich erkundigen, wo sie das Schiff finden würden.
    „Wandern Sie aus?“, fragte ein Mann, der sie für ein Ehepaar hielt. „Kann ich Ihnen nicht verdenken. In diesem Land ist für gewöhnliche Leute nicht mehr viel übrig. So sieht’s zumindest aus. Ein Mann zieht in den Krieg, kämpft für die Heimat, und was passiert, wenn er zurückkommt? Seine Frau ist mit einem Yankee verschwunden – und irgendjemand, der keinen Finger gerührt hat, um in diesen schweren Zeiten das Vaterland zu verteidigen, sitzt nun im Sessel des Heimkehrers und nimmt ihm den alten Job weg …“
    Große Unruhe herrschte im Land. Das erkannte Liz wieder

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