Schattenjahre (German Edition)
Geschenk, das vielleicht Folgen hat“, warf Sage mit sanfter Stimme ein.
Faye runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ein Kind? Nein, er sagte mir, er sei zeugungsunfähig. Deshalb hat er keine Familie.“ Jetzt, wo sie zu erzählen angefangen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören. „Was er alles für mich tat!“, fuhr sie atemlos fort, und ihre Augen leuchteten, als wäre sie ein kleines Mädchen, das zum ersten Mal Weihnachten erlebt. „Und was ich für ihn tat …“
Nun musste Sage lachen. Für sie gab es auf sexuellem Gebiet keine Peinlichkeiten oder Überraschungen. Deshalb empfand sie weder Ekel noch Entsetzen, nur Freude, und sie amüsierte sich über die soeben erwachte Begeisterung ihrer Schwägerin. Und wenn sie ehrlich war – sie war auch ein bisschen neidisch. Den Liebhaber missgönnte sie Faye nicht, aber das Entzücken, das unschuldige Glück. Sie selbst hatte so etwas nie erlebt und würde es auch niemals kennenlernen. Was immer Faye in Zukunft tun mochte, sie würde stets diese naive Ehrfurcht ausstrahlen, eine süße, geheimnisvolle weibliche Aura, ganz anders als Sages verführerische Sinnlichkeit.
„Erzähl doch weiter“, bat sie, weil sie die Wünsche ihrer Schwägerin erriet. Faye wollte in ihren Erinnerungen schwelgen, und es war kein verwerflicher Voyeurismus, der Sage bewog, sie zu ermuntern. Außerdem konnte Faye kaum von Ereignissen berichten, die ihr selbst fremd gewesen wären. Nein, Sage versuchte nur, ihr zu helfen, damit dieser Tag unvergesslich wurde.
„Nun, nachdem er seinen ersten Schock überwunden hatte, schaute er mich an und sagte leise: ‚Ich habe Sie nicht hierhergebracht, um mit Ihnen zu schlafen. Aber wenn Sie es wirklich wollen …‘ Ich erwiderte, ich würde es ernst meinen, und wir gingen nach oben. Was ich eigentlich erwartete, weiß ich nicht. Ich spürte nur, dass ich es tun musste. Im Schlafzimmer nahm er mich in die Arme und küsste mich. Damit hatte ich nicht gerechnet. Er war so nett und behutsam, ging ganz langsam vor und beteuerte, wie schön ich sei, wie glücklich ich ihn mache. Dann begann er mich auszuziehen. Ich hatte gedacht, das müsste ich selbst tun, doch er ließ es nicht zu. Bei ihm fühlte ich mich so sicher, Sage, so frei, war einfach nur ich selber. Ich erkannte, dass ich es für mich tat, nicht für ihn, und das gab mir Kraft.“
Wehmütig lächelte Sage. Wie gut kannte sie dieses Gefühl … Aber bei Daniel hatte sie es nie verspürt, war nur verwundbar, ängstlich und schwach gewesen.
„Als er meine Brüste berührte … Ich weiß nicht, wie ich es schildern soll, was ich da empfand. Jedenfalls wollte ich, dass er mich weiterhin streichelte. Wir lagen auf dem Bett, er küsste meinenHals, meine Brüste, erst die eine, dann die andere, so langsam … Es war, als würde ich von warmem Wasser umspült. Plötzlich wünschte ich mir, er würde nicht mehr so sanft mit mir umgehen …“ Faye verstummte und wich dem Blick ihrer Schwägerin aus.
„Ich weiß, was du meinst“, entgegnete Sage leichthin. „Es ist eine seltsame Emotion – aber recht angenehm, nicht wahr?“, fügte sie lachend hinzu.
Erleichtert seufzte Faye auf. „O ja. Er schien zu merken, was mit mir los war, denn … O Sage, in meinem Bauch breitete sich ein Schmerz aus, den ich nie zuvor gespürt hatte. Irgendetwas in mir öffnete sich und wurde ganz weich. Früher, mit David … Er war immer sehr zärtlich, aber ich fühlte mich jedes Mal unbehaglich, nie entspannt. Aber als dieser Mann mich berührte, zuerst nur mit den Fingerspitzen, gewann ich den Eindruck, er würde ein geheimes Schloss aufsperren.“
Ihre Stimme klang so verwundert, dass Sage lächeln musste. Der Fremde war vermutlich ein erfahrener Liebhaber und wusste genau, wie man Frauen erregte. Doch diese Gedanken behielt sie für sich. Wenn Faye glaubte oder glauben wollte, seine Liebkosungen wären von besonderer Magie gewesen, sollte es dabei bleiben. Nichts durfte ihr Glück überschatten.
„Und er berührte mich nicht nur. Er …“ Wieder stieg das Blut in Fayes Wangen, und sie rutschte rastlos auf dem Bett umher.
„Oraler Sex kann sehr reizvoll sein“, meinte Sage beiläufig.
Dankbar schaute Faye sie an, und ihre Mundwinkel bebten ein wenig, während sie sich an jenes Vergnügen erinnerte. „Es war fantastisch, nie hätte ich gedacht … Ich wünschte mir, es möge bis in alle Ewigkeit dauern. Aber plötzlich genügte es mir nicht mehr. Ich wollte …“ Sekundenlang schloss sie
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