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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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ihren eigenen Wäldern zu jagen gehörte ja auch wirklich nicht zu den klügsten Einfällen. Doch da war immer noch das Dorf, das die Serben überfallen hatten … »Fahren Sie weiter!«, befahl sie. »Aber nehmen Sie einen anderen Weg. Ich will jetzt nicht unbedingt, dass Stern uns sieht.« Wassermann nickte und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Er grinste sogar kurz, als Veronika das Walkie-Talkie – das nur eine sehr kurze Reichweite besaß – aus der Brusttasche zog und hineinsprach: »Gruppenführer für Wagner. Benutzen Sie Walkie-Talkies und wechseln Sie auf Zugfrequenz.« Wenn sie die Frequenz wechselten, würde Stern sie selbst auf kürzere Distanz nicht mehr hören.
    Es dauerte etwas, bis die Bestätigungen kamen. Wassermann griff mit der Rechten nach dem eingebauten Funkgerät, um die Frequenz ebenfalls umzustellen. Veronika hielt ihn mit einem Kopfschütteln davon ab. Nicht etwa wegen der Zentrale – die Privatfrequenzen der einzelnen Züge waren in der Wachstube angeschrieben, so dass sie notfalls erreichbar blieben –, sondern um festzustellen, ob einer ihrer Männer
(Bender, wer sonst? Ulrich sitzt bei mir im Wagen!)
etwa noch etwas auf der Kompaniefrequenz zu sagen hatte, entgegen ihrem ausdrücklichen Befehl. Wassermann ließ die Hand sinken und grinste schon wieder – ob er wohl auch dieses Mal ihre Gedanken erraten hatte?
    »# Tönnes hört#«, krächzte ihr Walkie-Talkie.
    »#Kollborn hört.#«
    »#Bender hier. Höre, Frau Leutnant.#« Bender hatte am längsten gebraucht. Warum überraschte sie das nicht?
    »Ich möchte einen Blick auf Pavlovce werfen. Mal sehen, wie die Eingeborenen dort gewütet haben.« Im Seitenspiegel erhaschte sie einen Blick auf Ulrich, der hinter ihr saß. Der Feldwebel hatte ein selbstzufriedenes Lächeln aufgesetzt. Veronika fragte sich, was sie davon halten sollte.
    Die Männer bestätigten die Information. Wassermann bog auf einen holprigen Feldweg ab, der zwischen Waldrand und schneebedeckten Feldern entlangführte.
Die auf den LKWs werden jetzt gut geschüttelt,
dachte Veronika. Ein derbes Schlagloch schlug ihren Helm gegen den Türrahmen, und sie fügte hinzu:
Nicht
nur
auf den LKWs …

BATURIX
     
    Nordflanke des Jotunheimen, helvetisches Siedlungsgebiet, Norwegen
    Mittwoch, 10. Februar 1999
    Die Innenwelt
     
     
    Es war lange her, dass Baturix das Banner seines Herrn getragen hatte, und es war ein gutes Gefühl. Es war der sicherste Beweis dafür, dass Cintorix noch immer vollstes Vertrauen zu ihm besaß, trotz der Geschichte mit seinen Fingern und alledem. Vertiscus, der älteste Sohn des Fürsten, hätte zwar wahrscheinlich einen anderen Mann bevorzugt, doch das konnte
ihm
egal sein. Das Vertrauen des Fürsten war alles, was er benötigte. Natürlich hatte Vertiscus ihn in den drei Tagen, die sie nun unterwegs waren, spüren lassen, dass er ihn nicht sonderlich mochte, doch nachdem Cintorix selbst auch nicht unbedingt der freundlichste und liebenswürdigste Mensch war, störte Baturix das Verhalten des Fürstensohnes kaum.
    Der Pfad folgte einem tiefeingeschnittenen Tal nach Westen. Die mächtigen Felsengipfel des Jotunheimen befanden sich zu ihrer Linken. Rechts befand sich ein weiteres hohes Massiv, jedoch deutlich niedriger als der Jotunheimen. Die felsigen Gipfel waren vom Licht der untergehenden Sonne rosa eingefärbt. Hier auf dem Pfad zwischen grauen Fichten und Flechtenmoos war es jedoch bereits düster geworden. Mit dem Abend war ein kalter Wind aufgekommen, der sich pfeifend an den Felsen brach und Baturix trotz des wattierten Unterzeugs unter dem Kettenhemd frösteln ließ.
    Er sehnte sich nach einem warmen Feuer. Der lange Tagesritt hatte ihn erschöpft. Die Sattelschwielen an seinem Hintern schmerzten wie verrückt, und der linke Arm war vom ständigenAufrechthalten des Banners müde geworden. Er schickte ein Stoßgebet zu den Göttern, dass es nicht mehr weit war bis nach Elveseter, einem Kastell der Westwacht.
    Ein Blick zu den anderen sagte ihm, dass er nicht der Einzige war, dem es so ging. Aus Allurix’ hagerem, bartlosem Gesicht starrten die Augen ausdruckslos ins Leere. Septus hing mehr in seinem Sattel, als er saß, er wirkte völlig übermüdet, was kein Wunder war: Er hatte während ihres Ritts neben seiner eigenen Wache auch die für Baturix übernommen, da er noch immer daran glaubte, ihn beim Würfeln schlagen zu können. Der wuchtige, kahlköpfige Mann bemerkte, dass er ihn ansah, und warf ihm einen grimmigen Blick zu, bevor

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