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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Unteroffizierin erhalten hatte, hatte rebelliert, weil die Soldaten sie nicht akzeptiert hatten; sie fragte sich, wie lange es hier mit ihrem Zug dauern würde. Die Bundeswehr war eine verdammte Männerveranstaltung, in der Frauenbestenfalls als Sanitäter, in zivilen Aufgaben oder als Prostituierte geduldet waren.
    Pah!
dachte sie. Das ganze Thema war den Gedankenaufwand eigentlich gar nicht wert … Sie streckte ihrem Spiegelbild die Zunge heraus und griff nach ihrer Hundemarke und dem Glücksbringer ihres Großvaters. Nachdem sie sich die beiden Anhänger über den Kopf gestreift und unter ihrer Uniform verstaut hatte, sah sie nach der Uhrzeit.
    Der Wecker zeigte 06:23 Uhr – Zeit genug, bis Hauptmann Hagen sie erwartete. Zeit für einen Morgenappell und ein Gespräch mit den Unteroffizieren. Aber zuerst brauchte sie ein Frühstück! Sie schlenderte durchs Treppenhaus nach unten und suchte nach der Offiziersmesse 1 . Im Erdgeschoss wurde sie schließlich fündig. Der Raum war gerade groß genug für die sechs Offiziere, die bei optimaler Besetzung zu einer Kompanie gehörten. Hinter der Durchreiche hörte sie Teller klappern.
    Sie stellte sich davor und rief: »Guten Morgen!«
    Das Tellerklappern stoppte abrupt, für einen Moment war es totenstill. Dann öffnete sich die Klappe. Ein schmaler Soldat blickte hindurch, sein Gesicht war ein einziger Ausdruck der Verwirrung. Er starrte sie an.
    »Ich bin die Neue«, erklärte sie. »Leutnant Wagner. Ich übernehme den zwoten Zug.«
    »Äh … guten … Morgen …« Sein Hirn schien immer noch damit beschäftigt zu sein, Veronikas Anwesenheit zu verarbeiten. Auf seine Brust war der Name
Schilling
geklettet.
    »Wann tauchen denn normalerweise die Offiziere hier auf?«, fragte Veronika. »Übrigens ist ein Gruß in der Regel durchaus angebracht.«
    »Äh …« Sein Blick ging zu dem Rangabzeichen auf ihrer Schulter. Sie musste ihn
wirklich
auf dem falschen Fuß erwischt haben,denn selbst jetzt dauerte es noch, bis er endlich kapierte, was von ihm erwartet wurde. Dann allerdings war es, als ob ein Schalter in ihm umgelegt worden wäre: Hastig produzierte er sein Männchen und antwortete zackig: »Entschuldigung, Frau Leutnant, die Herrschaften frühstücken normalerweise um neun!«
    »Rühren. Kann ich trotzdem schon ein Frühstück haben?«
    »Äh … ja natürlich, Frau Leutnant!«
    Sie setzte sich an einen der beiden Tische und blätterte durch eine ältere Ausgabe des »Keilers«, das Bundeswehrmagazin für im Ausland eingesetzte Soldaten. Über die Auslandseinsätze las sie die üblichen Lügen: eine viel zu niedrige Verwundetenziffer, kein Wort von irgendwelchen Toten. Die Situation sowohl bei der KFOR als auch bei der SFOR schien laut dem Magazin so entspannt zu sein, wie sie – vielleicht – vor Ausbruch des Bürgerkriegs gewesen war; auf die letzten drei oder vier Jahre traf die Beschreibung jedenfalls nicht zu. Die Fußballnachrichten interessierten sie ebenso wenig wie die Ergebnisse der Formel 1. Interessanter war ein Artikel über eine Ölpest in der Nordsee, von einer havarierten norwegischen Ölbohrplattform ausgelöst; er war jedoch relativ kurz und schnell gelesen, und so schob sie die Zeitung gelangweilt beiseite.
    Kurz darauf wurde ihr das Frühstück gebracht, von einem anderen Soldaten diesmal. Vermutlich hatte der seinem Gefährten nicht geglaubt und wollte nun mit eigenen Augen sehen, dass es bei den Fallschirmjägern auch Frauen gab. Das Frühstück war besser, als sie erwartet hatte: frisches Brot, ein hartgekochtes Ei, Butter, Marmelade und Schinken. Irgendwie passte das in das Bild, das sie sich bereits von den hiesigen Offizieren gemacht hatte.
    Nachdem sie fertig gegessen hatte, fragte sie die Soldaten in der Küche auf gut Glück: »Gehören Sie eigentlich zum zwoten Zug?«
    »Jawohl, Frau Leutnant«, antwortete Schilling.
    »Wie sehen die momentanen Aufgaben des Zuges aus?«
    »Wir haben heute Kasernendienst und morgen Tagpatrouille, Frau Leutnant!«
    »Dann sagen Sie mir doch bitte, wie mein Zugfeldwebel heißt und wo ich sein Zimmer finden kann.«
    Schilling antwortete erst nach kurzem Zögern. »Äh … Das ist Feldwebel Ulrich. Ich werde ihn für Sie holen.«
    Der Mann wollte schon loslaufen, doch Veronika hielt ihn zurück. »Nicht nötig. Sie haben ja zu tun. Es reicht, wenn Sie mir das Zimmer nennen.«
    »Aber wir sind in der Küche schon fertig, es macht mir wirklich …«
    »Gefreiter Schilling«, unterbrach sie den Mann scharf,

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