Schattenkrieger: Roman (German Edition)
gereizt vor. »Ich suche jemanden namens Isaac. Er schuldet mir Geld.«
Lashan. Wo habe ich diesen Namen schon einmal gehört? »Ach, wirklich? Und wer hat dir gesagt, er sei hier zu finden?«
»Mach dir darüber mal keine Sorgen. Ich brauche das Geld vor der Abenddämmerung. Die ganzen hundert Golddukaten.«
»Ich kenne dich«, entgegnete Eremul. »Du bist der Stellvertreter des Hafenmeisters.« Er blinzelte, als ihm bewusst wurde, was der Mann verlangte. »Hundert Dukaten? Isaac ist ein Diener, kein verdammter Magistrat.«
Isaac bekam einen Golddukaten im Monat, was für einen Diener eine recht gute Entlohnung war. Einhundert waren mehr, als er während seiner ganzen Anstellung im Archiv verdient hatte.
»Ein Diener?« Lashan runzelte verwirrt die Stirn. »Das verstehe ich nicht. Dieser Isaac – oder wie er sich auch nennt – hat gute Beziehungen. Es vergeht kein Monat, in dem er nicht Besucher von allen möglichen Orten empfängt. Wenigstens nehme ich an, dass sie hier sind, um ihn zu treffen.«
Eremul kniff die Augen zusammen. Das alles war ihm nicht geheuer. »Warum schuldet er dir so viel Geld?«
Nun war es am stellvertretenden Hafenmeister, die Augen zusammenzukneifen. »Ich wüsste nicht, dass dich das etwas angeht.«
»Schön. Isaac ist nicht hier. Ich weiß, wo man ihn vielleicht finden könnte, aber ich mische mich lieber nicht in Dinge ein, die mich nichts angehen.«
Lashan wurde wütend. »Halte mich nicht zum Narren, du Krüppel. Du bist nicht in der Lage, große Reden zu schwingen. Wenn du mir nicht freiwillig sagst, wo er ist, prügle ich es eben aus dir heraus.« Er knackte drohend mit den Knöcheln.
Eremul schenkte dem aufgebrachten Mann ein hässliches Lächeln. »Warum verschwendest du deine Energie auf einen beinlosen Wicht wie mich? Bald tauchen hier viele Sumnier auf, die du mit deinen mächtigen Fäusten verprügeln kannst. Es sei denn natürlich, dein ungeheuer wichtiges Amt hindert dich daran, für die Verteidigung unserer schönen Stadt dein Leben aufs Spiel zu setzen. Und ich nehme an, ein beträchtlicher Haufen Münzen, der die richtigen Hände schmiert, wird dir dabei behilflich sein.«
Lashan schnaubte. »Du bist ein gerissener Hund, das muss ich dir lassen. Na schön, ich will einen sicheren Posten abseits der Kämpfe bekommen. Wer würde das nicht tun, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet?« Er spuckte einen dicken Batzen Schleim aus, der gefährlich dicht vor Eremuls Stuhl landete. »Ich habe eine Frau und drei Söhne. Das sind freilich Erwägungen, die nur ein richtiger Mann nachvollziehen kann.«
»Im Gegensatz zu einem halben«, entgegnete Eremul leise.
»Du hast es begriffen. Jetzt sag mir, wo er ist, oder es wird unangenehm für dich.« Er machte einen Schritt auf den Halbmagier zu.
»Ich fürchte, dazu ist es zu spät.« Er beendete die Beschwörung, entließ die magische Spirale aus den Fingerspitzen und flocht die unsichtbaren Fesseln um Lashans Gliedmaßen. Der stellvertretende Hafenmeister schrie erschrocken auf und stürzte wie ein umgekippter Trinkbecher. Er strampelte und schaffte es, die Hüften ein Stückchen vom Boden zu heben, ehe er wieder zusammenbrach. Er versuchte es noch einmal und sah ganz und gar aus wie ein Mann, der ein besonders verlockendes Schlagloch in der Straße mit energischen Annäherungsversuchen überzog.
»Was geschieht mit mir? Ich kann Arme und Beine nicht mehr bewegen«, klagte er. Eremul rollte seinen Stuhl nach vorn, hielt dicht vor dem zappelnden Mann an und blickte zu ihm hinab.
»Aber, aber, Lashan«, sagte er voll falschen Mitgefühls. »Ich bin sicher, eine Kleinigkeit wie der vorübergehende Verlust deiner Gliedmaßen entmutigt dich nicht. Ich hatte mich schon richtig auf eine schöne Prügelei gefreut.«
»Du … du hast mir das angetan.«
»Ah, nicht nur aufmerksam, sondern auch tapfer. Du solltest vorsichtiger sein, wem du drohst.« Seine Stimme wurde ernst. »Ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und dir zuschauen, während du dich windest wie ein Wurm, aber um ehrlich zu sein, mir tut der Hintern weh, und ich würde mich gern hinlegen. Beantworte meine Fragen, und du darfst in dein Loch zurückkriechen.«
»Fick dich doch selbst.«
Eremul seufzte. »Als ob ich überhaupt eine andere Möglichkeit hätte.« Er richtete den Stuhl aus und fuhr über die ausgestreckten Finger des Mannes, die im Dreck kratzten. Lashan heulte vor Schmerzen.
»Ruhig«, sagte der Halbmagier. »Du willst doch nicht, dass alle sehen,
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