Schattenkrieger: Roman (German Edition)
auf die zerstörte Kuppel des Tempels prasselte. An einer nicht ganz so feuchten Stelle, wo das Dach noch halbwegs intakt war, hatten sie ein Feuer in Gang gebracht. Lautes Donnergrollen wetteiferte mit dem Knacken der Zweige im Feuer und Jereks Schnarchen, während Garrett Brodar Kayne in die Geheimnisse der Gruppe einweihte. Die Anspannung hatte etwas nachgelassen, aber einige seiner Gefährten waren nach wie vor nicht glücklich über die Anwesenheit der beiden nörgelnden Krieger.
»… und das ist Sasha, unsere beste Aufwieglerin«, fuhr Garrett fort. »Sie will den Hass auf Salazar und seinen Großen Rat schüren. Dabei muss sie allerdings sehr umsichtig vorgehen, denn Hass ist wie jedes andere starke Gefühl ein Warnsignal für die Geistfalken. Wir müssen vorsichtig sein.«
Zu viel Angst, das zu tun, was getan werden muss, dachte Cole. Wäre es nach ihm gegangen, dann hätten die Splitter Salazar offen angegriffen.
»Vicard ist unser Alchemist. Er stellt die Betäubungsmittel her, die es uns ermöglichen, unsere Gedanken vor den magischen Mutationen am Himmel abzuschirmen. Es ist jedoch gefährlich, diese Mittel zu oft einzunehmen, und in der letzten Zeit sind unsere Vorräte geschrumpft.«
»Je mehr wir nehmen, desto größer wird das Verlangen«, erklärte Sasha hitzig. »Darüber haben wir doch schon gesprochen, Garrett.«
»Ich weiß.« Coles Mentor antwortete äußerlich völlig gelassen. »Es war auch nur eine Anmerkung. Die Zutaten werden immer teurer und sind immer schwieriger zu bekommen. Ich sorge dafür, dass wir über ausreichende Vorräte verfügen.«
Garrett deutete auf den hageren alten Mann, der ihm gegenübersaß. »Unseren Arzt hast du schon gesehen«, fuhr er fort. Cole kniff die Augen zusammen. Er war sicher, dass Remy beim Richten seiner Nase eine sadistische Freude empfunden hatte. Beinahe hätte er laut aufgeschrien, und die Tränen waren ihm über die Wangen gelaufen. Wenigstens waren seine Rippen nur geprellt und nicht gebrochen. Remy hatte ihn ermahnt, sich mindestens vierzehn Tage lang nicht anzustrengen, aber Cole hatte sich insgeheim längst vorgenommen, den Rat in den Wind zu schlagen. Ein Held legte nicht müßig die Hände in den Schoß und wartete darauf, dass seine Wunden abheilten.
Brodar Kayne schenkte ihm ein breites Grinsen. Wider Willen erwiderte er das Lächeln des Hochländers. Wie Cole selbst war der alte Barbar offenbar ein tatkräftiger Mann.
»Und diese beiden strammen Burschen dort?«, fragte Kayne und nickte in die Richtung der Urich-Brüder. Cole runzelte die Stirn. Er mochte die beiden nicht, denn sie hatten ihn arg gepiesackt, als er in Garretts Obhut aufgewachsen war.
»Aram und Garmst«, antwortete Garrett. »Sie sind Zwillinge, wie man leicht erkennen kann. Sie sind die besten Kämpfer der Gruppe«, fügte er zu Coles Unbehagen hinzu.
»Wenn es darum geht, jemanden zu töten, sind wir die Richtigen«, knurrte Aram und bedachte Brodar Kayne nicht zum ersten Mal mit einem erbosten Blick.
Cole konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Aber bitte sie bloß nicht, etwas Komplizierteres zu tun, als jemanden zu verhauen«, stichelte er. »Wie ich hörte, überprüfen sie jeden Morgen gegenseitig ihre Hosen, damit sie sie nicht verkehrt herum anziehen.«
Er grinste die anderen am Feuer an. Brodar Kayne kicherte leise. Die Urich-Brüder schnitten finstere Mienen und sannen auf Vergeltung. Alle anderen sahen ihn nur an und zeigten überhaupt keine Regung, nur Sasha lächelte leicht. Coles Ansicht nach hatte es sich schon allein deshalb gelohnt.
»Zurück zum Thema«, sagte Garrett. »Gestern Abend habe ich eine äußerst wichtige Nachricht bekommen. Salazar hat seine Augmentoren zum Obelisken zurückgerufen. Sie alle müssen dem Ruf ohne Ausnahme folgen.«
Was? Cole traute seinen Ohren nicht. »Die Augmentoren sind Salazars Elitetruppe«, erklärte er, als er Brodars verwirrte Miene sah.
Garrett rutschte auf seinem Platz hin und her und atmete gedehnt aus. Er war von Kopf bis Fuß ganz der wohlhabende und erfolgreiche Kaufmann, und soweit es seine Kollegen im Kartell der Grauen Stadt betraf, war er genau dies und nichts anderes.
Die anderen Kaufleute wären nicht im Traum auf die Idee gekommen, dass Garrett einen beträchtlichen Teil seines Vermögens darauf verwandte, eine Rebellentruppe zu finanzieren, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Tyrannen von Dorminia zu stürzen. Cole liebte seinen Ziehvater innig, aber er wusste auch, dass es nicht dabei
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