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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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sie wieder los. „Versuch nur, abzuhauen. Weit wirst du nicht kommen.“ Er stolperte über den Staubsauger, fluchte, weil er sich daran die Zehen gestoßen hatte, und verschwand in seinem Zimmer.
    „Das ist die Hölle. Die Hölle ist das doch hier!“, hörte ich ihn von hinten. Dann das Klappern von Flaschen. Wahrscheinlich machte er sich erst mal einen Wein auf. Dinge polterten zu Boden. Endlich schien er sein Handy gefunden zu haben. „Scheiß Akku“, schimpfte er. Wieder fielen Dinge zu Boden. Gut so, augenscheinlich suchte er sein Ladegerät.
    Grete stand auf und kletterte ohne Eile über das Gerümpel zur Tür. Sie trug nur ein paar Socken und einen grauen Wollpullover über einem hellblauen Nachthemd, das ihr bis zu den Knien reichte.
    Inzwischen telefonierte Viktor: „Ja, akut selbstmordgefährdet … Ja …“
    Emma flehte Grete an: „Bitte, Grete, du kannst doch so nicht rausgehen. Es sind Minusgrade!“
    Grete beachtete sie nicht, entfernte die Kette an der Tür, öffnete sie und verließ die Wohnung.
    Ich versetzte Grete einen Schock, als ich auf der Treppe direkt vor ihr sichtbar wurde. Sie starrte mich an, als wäre ich der Leibhaftige. Ich legte den Finger vor den Mund als Zeichen, dass sie bloß keinen Ton von sich geben sollte.
    „Los, schnell“, trieb ich sie an, schob sie die Treppen hinunter in meine Wohnung und schloss die Tür. Sie glitt an der Wand zu Boden und blieb dort sitzen. Ihre Haare hingen ihr wild ins Gesicht.
    „Du kannst mir auch nicht helfen.“
    „Doch, das kann ich. Sag mir, was du geträumt hast!“
    „Ich hab meinen Tod geträumt. Und er ist schwarz.“
    „Grete! Du sagst mir jetzt ganz genau, was du geträumt hast, sonst …“
    „… holst du die Polizei?“ Sie kicherte, richtete sich auf und griff nach der Türklinke. Ich verschränkte die Arme und lehnte mich gegen den Türrahmen. „Du kannst mich nicht aufhalten“, erklärte sie mit einem abschätzigen Blick und spielte darauf an, dass ich einen Kopf kleiner und weit weniger kräftig gebaut war als sie.
    Ich blieb ruhig. „Nein, das kann ich nicht. Aber ich könnte dir einen Mantel und ein paar Schuhe geben.“
    Draußen war jetzt eine Sirene zu hören. Grete zuckte zusammen.
    „Wir sollten uns beeilen.“ Ich ging ins Zimmer und sie folgte mir. Im Hausflur waren schwere Schritte zu hören. Ich schüttete meinen Rucksack mit den Klamotten auf der Matratze aus.
    „Such dir was aus.“
    Grete zog sich eine schwarze Strumpfhose über, zwängte sich in meinen grauen Filzrock und nahm den weißen Mantel, den ich ihr hinhielt. Das Blaulicht des Polizeiwagens flimmerte in die Zimmer herein wie eine Warnung, dass wir uns zu beeilen hatten.
    Aus dem Treppenhaus drangen Stimmen herein. Viktor erklärte der Polizei, dass Grete abgehauen war, aber nur ein Nachthemd trug und noch ganz in der Nähe sein musste. Die Polizisten versprachen, sich in der Gegend umzusehen, und baten um Information, falls Grete wieder zu Hause auftauchen sollte. Dann stiegen sie wieder die Treppe hinab und verließen das Haus. Ich schob Grete ein paar Stiefel rüber, während sie hinter der Wohnungstür hockte und lauschte. Sie zwängte ihre Beine hinein.
    „Okay, und jetzt hau meinetwegen ab oder warte, bis ich mir selbst was übergezogen habe.“
    Mein Ton schien Grete zu imponieren. Sie schenkte mir ein verächtliches Grinsen. Ich verschwand im Zimmer, zog mir hastig ein paar Sachen über, knöpfte meinen schwarzen Mantel zu und schnürte meine Stiefel. Ich warf einen Blick aus dem Fenster. Das Polizeiauto war verschwunden, aber einer der Polizisten schien vor dem Haus Wache zu schieben. Mist!
    Ich hockte mich neben Grete in den Flur.
    „Einer ist noch da.“
    „Das ist mir scheißegal“, zischte sie. Auf ihrer Stirn stand ein Schweißfilm. Es war wirklich höchste Zeit. Weil sie nichts mehr trank, begann sie zu dehydrieren.
    Grete sprang auf. Im ersten Augenblick dachte ich, sie würde sich in den Hausflur stürzen und dem Polizisten direkt in die Arme laufen.
    Aber sie drängelte sich an mir vorbei, lief ins Bad, drehte den Wasserhahn auf, klatschte sich eiskaltes Wasser ins Gesicht und dann hielt sie ihren Mund daran und trank und trank und trank …
    Ich schaute ihr perplex zu. Davon hatte ich noch nichts gehört, dass Äther-Begabte wieder mit dem Trinken anfingen, bevor sie den Durchgang fanden.
    „Grete! Du musst mir erzählen, was du geträumt hast.“
    „Lass uns zu dem Haus am Alexanderplatz gehen, sobald sich der Bulle

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