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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Sprache tut mir leid.«
    »Wieso habe ich Sie eigentlich erschreckt?«
    Ich zuckte die Achseln. »Mir war nicht klar, dass Sie hier sind.«
    »Mir war auch nicht klar, dass Sie hier sind«, sagte er, »und trotzdem haben Sie mich nicht erschreckt.«
    »Das liegt an mir.«

    »Wieso?«
    »Na ja, ich bin eben kein beängstigender Typ. Ich bin völlig insignifikant. «
    »Bin ich denn ein beängstigender Typ?«, fragte Romanovich.
    »Nein, Sir, eigentlich nicht. Eher imposant.«
    »Ich bin imposant?«
    »Ja, Sir, ziemlich sogar.«
    »Gehören Sie etwa zu den Leuten, die Worte eher des Klangs als der Bedeutung wegen verwenden? Oder haben Sie tatsächlich eine Ahnung, was insignifikant bedeutet?«
    »Es bedeutet unscheinbar , Sir.«
    »Genau. Und Sie sind gewiss nicht unscheinbar.«
    »Das liegt bloß an meinen schwarzen Winterstiefeln. Damit würde jeder so aussehen, als könnte er anständig Krawall machen.«
    »Sie wirken klar, direkt, ja sogar schlicht.«
    »Vielen Dank, Sir.«
    »Dennoch vermute ich, dass Sie eine eher komplexe, komplizierte, ja sogar verzwickte Persönlichkeit haben.«
    »Ganz und gar nicht«, versicherte ich ihm. »Ich bin bloß ein Grillkoch.«
    »Ja, den stellen Sie ganz plausibel dar mit Ihren außergewöhnlich lockeren Pfannkuchen. Und ich bin ein Bibliothekar aus Indianapolis.«
    Ich deutete auf das Buch in seiner Hand, das er so hielt, dass ich den Titel nicht sehen konnte. »Was lesen Sie da gerade?«
    »Es geht um Gift und die großen Giftmörder der Geschichte.«
    »Nicht gerade die Sorte erbauliche Literatur, die man in einer Abteibibliothek erwarten würde.«
    »Nun, es ist ein bedeutsamer Aspekt der Kirchengeschichte«, dozierte Romanovich. »Über die Jahrhunderte hinweg sind immer wieder Geistliche im Auftrag von Herrschern und Politikern
vergiftet worden. Zum Beispiel hat Katharina von Medici angeblich den Kardinal von Lothringen mit vergiftetem Geld ermorden lassen. Das Gift, heißt es, sei in seine Haut eingedrungen, worauf er innerhalb von fünf Minuten tot gewesen sei.«
    »Da ist es wahrscheinlich gut, dass wir uns auf eine bargeldlose Gesellschaft zubewegen.«
    »Weshalb«, fragte Romanovich, »verbringt jemand, der angeblich nur ein Grillkoch ist, viele Monate im Gästehaus eines Klosters?«
    »Keine Miete. Bratplattenmüdigkeit. Karpaltunnelsyndrom durch schlechte Technik bei der Handhabung des Pfannenwenders. Ein Bedürfnis nach spiritueller Erneuerung.«
    »Kommt das bei Grillköchen häufiger vor – ein regelmäßiges Bedürfnis nach spiritueller Erneuerung?«
    »Es ist womöglich die hervorstechendste Eigenschaft meines Berufs, Sir. Poke Barnett zum Beispiel muss sich zweimal jährlich in seine Hütte in der Wüste zurückziehen, um zu meditieren.«
    Romanovichs Augenbrauen schmiegten sich noch enger aneinander. »Wer ist Poke Barnett?«
    »Das ist der zweite Grillkoch in dem Lokal, wo ich früher gearbeitet habe. Er kauft so etwa zweihundert Schachteln Munition für seine Pistole, fährt hinaus in die Mojave, wo fünfzig Meilen weit niemand zu sehen ist, und verbringt ein paar Tage damit, auf Kaktusse zu ballern.«
    »Er schießt auf Kakteen?«
    »Poke hat viele gute Eigenschaften, Sir, aber ein Umweltschützer ist er nicht gerade.«
    »Sie haben doch gesagt, er würde in die Wüste gehen, um zu meditieren.«
    »Poke sagt, während er auf Kaktusse schießt, denkt er über den Sinn des Lebens nach.«

    Der Russe starrte mich an.
    Er hatte die undurchsichtigsten Augen aller Menschen, denen ich je begegnet war. Aus seinen Augen konnte ich nicht mehr über ihn erfahren, als ein auf einem Objektträger liegendes Pantoffeltierchen, das von unten durch die Linse des Mikroskops blickte, darüber hätte erfahren können, was der es studierende Wissenschaftler von ihm hielt.
    Nach kurzem Schweigen wechselte Rodion Romanovich das Thema: »Nach welchem Buch suchen denn Sie, Mr. Thomas?«
    »Nach irgendwas über einen Porzellanhasen, der auf eine magische Reise geht, oder über Mäuse, die Prinzessinnen retten.«
    »Ich bezweifle, dass Sie auf diesem Regal so etwas finden werden.«
    »Da haben Sie wohl recht. Hasen und Mäuse beschäftigen sich normalerweise nicht damit, andere Leute zu vergiften.«
    Auf diese Aussage reagierte der Russe erneut mit einem kurzen Schweigen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er überlegte, ob Hasen und Mäuse tatsächlich so harmlos waren. Vielmehr versuchte er aus meinen Worten wohl herauszuhören, ob er mir verdächtig vorkam.
    »Sie sind

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