Schattennacht
dem hast du dem Wort lächerlich eine ganz neue Bedeutung verliehen.«
Er lachte lautlos und tat so, als würde er mit einem Harpunengewehr auf mich schießen. Dann wechselte er aus dem Taucheranzug in das arabische Kostüm, das er in Verschollen im Harem getragen hatte.
»Stimmt«, sagte ich, »der war noch schlimmer.«
Wenn er Musik gemacht hatte, war er der Inbegriff von Coolness gewesen, doch in seinen Filmen präsentierte er sich oft als Parodie seiner selbst, was peinlich anzusehen war. Colonel Parker, sein Manager, der die Drehbücher für ihn auswählte, hatte ihm weniger gut gedient als Rasputin dem russischen Zarenpaar.
Ich fuhr aus der Garage, bremste und drückte auf die Fernbedienung, um das Tor hinter mir zu schließen.
Im Rückspiegel beobachtete ich den Vorgang, bis der letzte Spalt verschwunden war, jederzeit bereit, den Rückwärtsgang einzulegen und jeden Albtraum, der in die Garage eindringen wollte, über den Haufen zu fahren.
Romanovich, der den korrekten Verlauf der Straße offenbar ständig durch eine logische Analyse der Topografie berechnete, pflügte sich ohne jeden Fehler in nord-nordwestlicher Richtung den leichten Hang hinauf. Hinter ihm wurde stellenweise Asphalt sichtbar.
Da ein Teil des beseitigten Schnees auf das Pflaster zurückfiel, senkte auch ich meinen Pflug bis knapp über dem Asphalt ab, um das Werk zu vollenden. Dabei blieb ich, wie gewünscht, in sicherer Entfernung, einerseits aus Respekt vor der größeren Erfahrung des Russen und andererseits, damit er mich nicht bei seiner Mutter, der Attentäterin, anschwärzte.
Der Wind jaulte, als hätte ein Dutzend schottische Beerdigungen gleichzeitig stattgefunden. Die Böen rüttelten an dem Geländewagen, und ich war dankbar, dass es sich um ein verlängertes Modell mit tiefer liegendem Schwerpunkt handelte. Der Schneepflug trug zusätzlich zur Stabilität bei.
Der Schnee war offenbar so trocken und der Wind so heftig, dass nichts an der Windschutzscheibe haften blieb. Ich musste nicht einmal den Scheibenwischer einschalten.
Beim Fahren spähte ich abwechselnd den Hang hinauf, nach links, nach rechts und in den Rückspiegel, um rechtzeitig zu erkennen, falls eines oder mehrere Knochenmonster durch den Blizzard tobten. Der weiße Wirbel behinderte die Sicht zwar fast so stark wie ein Sandsturm in der Mojave-Wüste, doch das geometrische Muster der seltsamen Kreaturen musste in der weichen Schneelandschaft eigentlich relativ gut sichtbar sein.
Außer den beiden Geländewagen bewegte sich jedoch nichts, was der Wind nicht geschüttelt hätte. Selbst die wenigen großen Bäume am Straßenrand, Kiefern und Tannen, waren schon so dick mit Schnee bedeckt, dass ihre Zweige kaum noch zitterten.
Auf dem Beifahrersitz war Elvis inzwischen dunkelblond geworden. Außerdem trug er jetzt Arbeitsstiefel, Röhrenjeans und ein kariertes Hemd, sein Outfit in Kissin’ Cousins . In diesem Streifen hatte er zwei Rollen gespielt, einen dunkelhaarigen Luftwaffenoffizier und einen blonden Hillbilly.
»Im echten Leben trifft man nicht auf besonders viele dunkelblonde Hillbillys«, kommentierte ich, »besonders auf keine mit perfekten Zähnen, schwarzen Augenbrauen und toupiertem Haar.«
Elvis tat so, als hätte er einen üblen Überbiss, und schielte, um der Rolle mehr Bodenhaftung zu verleihen.
Ich lachte. »Junge, in letzter Zeit hast du dich aber ziemlich verändert. Früher wärst du nie in der Lage gewesen, so locker Späße über deine Fehlentscheidungen zu machen.«
Er schien eine Weile über das nachzudenken, was ich gesagt hatte, dann zeigte er mit dem Finger auf mich.
»Was ist?«
Er grinste und nickte.
»Findest du mich etwa komisch?«
Wieder nickte er, schüttelte dann jedoch verneinend den Kopf,
als wollte er sagen, ich sei zwar durchaus komisch, aber das habe er nicht gemeint. Er setzte eine ernste Miene auf und zeigte wieder erst auf mich und dann auf sich.
Wenn er das meinte, was ich verstand, durfte ich mich geschmeichelt fühlen. »Der Mensch, der mir beigebracht hat, über meine eigene Torheit zu lachen, war Stormy.«
Er betrachtete im Rückspiegel sein dunkelblondes Haar, schüttelte den Kopf und brach wieder in ein lautloses Lachen aus.
»Wenn man über sich selbst lacht, bekommt man Abstand. Dadurch erkennt man, dass man zwar Fehler gemacht hat, aber solange man damit niemandem geschadet hat als sich selber – tja, dann kann man sich vergeben.«
Nachdem er darüber einen Augenblick nachgedacht hatte, hob
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