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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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den Blick von mir abzuwenden, dachte Knoche nach. »Das macht jetzt aber überhaupt keinen Sinn, Junge«, sagte er dann.
    »Nein, Sir, Sinn macht das nicht. Ich erzähle Ihnen die ganze Sache, wenn wir im Internat sind, aber wenn Sie alles gehört haben, wird es noch weniger Sinn machen.«
    »Und du meinst, dass dieser Russe da drüben irgendwas damit zu tun hat?«
    »Ein Bibliothekar ist der jedenfalls nicht, und wenn er tatsächlich je Leichenbestatter war, dann hat er nicht auf Aufträge gewartet, sondern sich welche besorgt.«
    »Was das jetzt heißen soll, kapiere ich auch nicht ganz. Wie geht’s eigentlich deiner Schulter nach dem Schlag, den du heute Nacht abgekriegt hast?«
    »Die ist noch ein wenig wund, aber nicht schlimm. Auf jeden Fall hab ich keine Gehirnerschütterung, das ist sicher.«

    Die Hälfte der zum Aufbruch bereiten Mönche hatte ihr Werkzeug bereits in die Geländewagen geschafft, und der Rest marschierte gerade aus der Tür, als Bruder Saul, der nicht mitfuhr, auf uns zukam. Alle Telefonleitungen der Abtei seien tot, informierte er uns.
    »Passiert so etwas oft bei einem solchen Unwetter?«, fragte ich.
    Bruder Knoche schüttelte den Kopf. »In all den Jahren, die ich jetzt hier bin, kann ich mich bloß an ein einziges Mal erinnern.«
    »Es gibt ja noch Handys«, sagte ich.
    »Irgendwie hab ich so eine Ahnung, dass dem nicht so ist, Junge.«
    Selbst bei gutem Wetter konnte man sich hier oben in den Bergen nicht darauf verlassen, Verbindung zum Mobilfunknetz zu bekommen. Ich zog mein Handy aus der Jacke, schaltete es ein und wartete darauf, dass auf dem Display eine schlechte Nachricht erschien. Die ließ tatsächlich nicht lange auf sich warten.
    Wenn die Krise ihren Höhepunkt erreichte, würde es also nicht gerade leicht sein, eine Kommunikation zwischen Abtei und Internat herzustellen.
    »Damals, als ich noch für den Schaumschläger gearbeitet hab, hatten wir so ’nen Spruch, wenn es zu viele merkwürdige Zufälle gab.«
    »Im Leben gibt es keine Zufälle«, riet ich.
    »Nein, der war es nicht. Wir sagten: Da hat sich wohl jemand von uns vom FBI ’ne Wanze in den Hintern stecken lassen.«
    »Das hört sich zwar lustig an, aber momentan wäre ich durchaus froh, wenn das FBI an der Sache schuld wäre.«
    »Tja, damals war ich eben auf der dunklen Seite. Hör mal, du solltest dem Russen endlich sagen, dass er keine Rückfahrkarte hat.«
    »Nicht nötig. Den Schlüssel, den er hatte, haben ja inzwischen Sie.«

    Einen Werkzeugkasten in der einen und einen Baseballschläger in der anderen Hand, marschierte der letzte der Brüder aus der Tür. Der Russe war nirgendwo zu sehen.
    Als Bruder Knoche und ich in den Schnee hinaustraten, fuhr Rodion Romanovich gerade in dem ersten, voll mit Mönchen besetzten Geländewagen davon.
    »Da soll mich doch der Teufel holen!«, stieß ich hervor.
    »He, mit dem Spruch solltest du vorsichtig umgehen, Junge.«
    »Er hat einfach beide Schlüssel vom Haken genommen!«
    Romanovich fuhr ein Stück weit an der Kirche entlang und blieb dann stehen. Offenbar wollte er auf mich warten.
    »Das ist gar nicht gut«, sagte ich.
    »Vielleicht hat da Gott seine Hand im Spiel, und das kann man bloß noch nicht erkennen.«
    »Sagen Sie das aus Ihrem Glauben heraus, oder ist es der flauschige Optimismus des Mäuserichs, der die Prinzessin gerettet hat?«
    »Das ist mehr oder weniger dasselbe, Junge. Willst du fahren?«
    Ich gab ihm den Schlüssel des zweiten Geländewagens. »Nein. Ich will einfach bloß still dasitzen und in meiner Blödheit schmoren.«

37
    So, wie sich das trübe Licht verbreitete, sah es aus, als würde der Tag weniger vom matten Weiß des Himmels erhellt als vom schneebedeckten Land. Man konnte sich vorstellen, dass die Sonne im Sterben lag, während die Erde deren Rolle übernahm und sich zu einem neuen Gestirn entwickelte, das kalt war, wenig erleuchtete und nichts erwärmte.
    Bruder Knoche folgte dem falschen Bibliothekar in sicherem Abstand, ich saß neben ihm. Auf den hinteren drei Reihen des verlängerten Fahrzeugs hatten sich acht Brüder mit ihrer Ausrüstung breitgemacht.
    Man hätte meinen können, eine solche Wagenladung Mönche wäre eine stille Angelegenheit, weil alle Passagiere in schweigendem Gebet versunken waren oder über den Zustand ihrer Seele meditierten. Oder weil sie darüber nachgrübelten, wie man vor der Menschheit am besten verborgen hielt, dass die Kirche in Wirklichkeit eine Organisation von Außerirdischen war, die

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