Schattenprinz
abzureißen.« Er konnte spüren, wie das Blut aus seinem schwächer werdenden Körper sickerte, und hielt sich betont aufrecht, damit sie seine Schwäche nicht ahnte. »Geh! Ich werde es dir nicht noch einmal sagen.«
Ihre Augen wurden zu kochendem Stahl. Abrupt drehte sie sich um und flog nach Süden, gefolgt von ihrer Eskorte.
Gareth blieb, wo er war, bis sie nur noch entfernte Punkte am Himmel waren. Dann verließ ihn seine Kraft, und die Dichte und Schwere seines Körpers nahm zu. Hilflos trieb er der Erde weit unter ihm entgegen, und sein tropfendes Blut erreichte sein Ziel vor ihm.
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B audoin war an Gareths Seite, kaum dass er in die Burg taumelte, und legte sich stützend den Arm seines Herrn um die Schulter. Gareth erteilte bereits hektisch Befehle, nur von einem einzigen Gedanken be herrscht: Flucht.
»Cesare ist auf dem Weg hierher. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Ihre Wunden sind …«
»Unbedeutend. Wo ist Adele? Sie muss sich verborgen halten, bis wir bereit sind aufzubrechen.«
»Sie wartet auf ihrem Zimmer.«
Der Prinz nickte dankbar.
»Gareth!« Adele rannte auf ihn zu, das Gesicht vor Sorge gerötet.
Mit fragendem Blick musterte der Prinz seinen Diener, der wiederum die Prinzessin wütend anfunkelte.
»Sie war in ihrem Zimmer«, betonte Baudoin.
Adele schlang Gareth den Arm um die Hüfte. Obwohl sie sich nicht länger auf geweihtem Boden befand oder ihre Macht herbeirief, durchzuckte ihn bei ihrer Berührung ein heftiger, elektrisierender Schlag. Es machte Gareth jedoch kaum etwas aus. Ihre körperliche Gegenwart war ihm ein Trost, und er genoss es, dass sie keine Angst vor ihm hatte. Der Schmerz verblasste im Vergleich dazu.
»Du bist verletzt!«, schrie sie auf, als sie seinen zerfleischten Körper bemerkte.
»Das kann warten. Cesare ist auf dem Weg hierher. Wir müssen dich in Sicherheit bringen.«
»Wie schnell wird er hier sein?«
»Ich weiß es nicht. Aber wir müssen verschwinden, bevor er ankommt.«
Ihre Augen leuchteten. »Dann kommst du mit mir?«
»Natürlich! Ich würde deine Sicherheit niemand anderem anvertrauen.«
»Danke.« Adele richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf seine Verletzungen. »Zuerst müssen wir deine Wunden verbinden. Sonst werden wir nicht weit kommen.«
»Meine Wunden werden schon heilen. Wir haben keine Zeit mehr. Pack deine Sachen zusammen …«
»Das hat Morgana bereits für mich erledigt. Außerdem habe ich nicht viel, und ich gehe davon aus, dass wir mit leichtem Gepäck reisen. Ich habe genug Essen für mehrere Tage, dann werden wir Nahrung suchen müssen. Sonst noch etwas, an das ich nicht gedacht habe?« Am Ende des Ganges türmte sich ein kleiner Haufen aus Taschen und Vorräten.
Gareths Mundwinkel hoben sich zu einem schmerzerfüllten Lächeln. »Nein. Wie ich sehe, hast du für alle Eventualitäten vorgesorgt.«
»Ganz genau!«
»Soll ich Greyfriar einpacken?«, fragte Baudoin.
»Nein«, erwiderte Gareth. »Ich habe ihn an mehreren Stellen versteckt, falls wir es aufs Festland schaffen.«
»Du meinst, sobald wir es aufs Festland schaffen, nicht wahr?«, merkte Adele an. »Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir Equatoria erreichen werden.«
»Ich schon«, entgegnete er, während er nach einem Tornister griff. Doch Adele hob ihn schnell auf und legte ihn Gareth vorsichtig über die Schulter.
»Wirklich?«, fragte sie besorgt.
»Es wird sehr schwierig werden.«
»Dann werden wir so hart kämpfen, wie wir nur können.« Adeles Haltung veränderte sich wieder, sie wurde die willensstarke Prinzessin, die er kannte. Schnell teilte sie die Vorräte zwischen ihnen auf, wobei sie sich die schwerere Last aufbürdete. Dann legte sie ihre Hand auf Gareths. »Das ist alles, was wir tun können.«
Baudoin beobachtete die zärtlichen Berührungen zwischen seinem Prinzen und der menschlichen Frau. Eine derartige Sorge um Gareths Wohlergehen von ihrer Seite her war verstörend. Sogar noch erschreckender war der sanfte Ausdruck auf dem Gesicht seines Prinzen, beinahe fürsorglich und sogar dankbar. Vielleicht war das ein Resultat seines geschwächten Zustandes.
»Mylord?«
»Mein Freund.« Gareth straffte mit erschöpfter Entschlossenheit die Schultern und gab Baudoin ein Zeichen. »Ich möchte, dass du Edinburgh verlässt, bevor Cesare ankommt. Das wäre sicherer für dich.«
»Nein«, war die schlichte Antwort.
»Was?«
»Es ist am besten, wenn ich bleibe. Ich kann Cesare auf eine falsche Fährte locken und ihn von Ihnen
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